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Windenergie

Maschinenbauer fordern Repoweringstrategie

Michael Hahn, 02.07.20
In wenigen Monaten fallen tausende Windräder nach 20 Jahren aus der EEG-Förderung. In einem Papier fordert der Maschinenbauverband VDMA Power Systems daher, den Austausch durch neue Anlagen – das sogenannte Repowering – zu erleichtern. Auch eine Anschlussförderung für Ü20-Anlagen steht zur Debatte.

Im Januar 2021 fallen Berechnungen zufolge Windräder mit einer Gesamtleistung von rund vier Gigawatt aus der Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Sie stehen dann ohne feste Einspeisevergütung da. Daraufhin könnten pro Jahr weitere rund 2,5 Gigawatt folgen.

Betroffene Betreiber haben theoretisch mehrere Optionen: Abbau, Repowering oder Weiterbetrieb. Als grundsätzlich sinnvollste Lösung gilt das Repowering. Dabei wird die alte Anlage durch eine neue, leistungsstärkere ersetzt. So steigt der Ertrag und die Erzeugungskosten des Stroms sinken. Als weiterer Vorteil gilt, dass mehrere alte Anlagen durch eine geringere Anzahl an neuen ersetzt werden können. Außerdem kann die bereits bestehende Infrastruktur weitergenutzt werden.

Dem Repowering steht allerdings an vielen Standorten das Planungsrecht entgegen. Wegen der größeren Höhe der neuen Anlagen kann beispielsweise der nötige Abstand zu Nachbarturbinen nicht eingehalten werden. Oder die Regionalpläne wurden in der Zwischenzeit geändert, weshalb  die Anlagen mittlerweile außerhalb der für Windenergie ausgewiesenen Vorrang- oder Eignungsflächen stehen. Auch Naturschutzvorgaben können den Bau neuer Anlagen verhindern oder stark verzögern.

Insgesamt könnte die Leistung sogar sinken

Werden die Altanlagen jedoch überwiegend abgebaut, gehen erhebliche Mengen Ökostrom verloren. Das wäre angesichts der in den vergangenen beiden Jahren stark eingebrochenen Neuinstallationen unter anderem mit Blick auf die Erneuerbaren-Ziele der Bundesregierung (65 Prozent Ökostrom-Anteil bis 2030) fatal. Läuft es weiterhin so schlecht, könnte in den nächsten Jahren sogar mehr Kapazität ab- als zugebaut werden.

Der Maschinenbauverband VDMA Power Systems hat deshalb Ende Juni eine Repoweringstrategie vorgestellt. Darin fordert der Verband politische Maßnahmen zur Erleichterung des Repowerings. Dazu zählt, dass eine Datenbasis geschaffen werden solle, um „das in Deutschland vorhandene Flächenpotenzial effizient zu nutzen und die Strommengen zum Erreichen des 65-Prozent-Ziels weiter zu erhöhen“.

Um Verzögerungen wegen Natur- und Artenschutzprüfungen zu vermeiden, solle es für Repowering-Projekte ein beschleunigtes Genehmigungsverfahren geben. Weiter fordert der Verband von den Landesregierungen, die die kürzlich vom Bundeskabinett beschlossene Länderöffnungsklausel für Mindestabstände von bis zu 1000 Metern zwischen Windenergieanlagen und Wohnbebauungen nutzen wollen, dass sie für Repoweringprojekte Ausnahmen vorsehen.

„Neben Akzeptanzsicherung, Flächen- und Kosteneffizienz und der Netzintegration ermöglicht Repowering den in Deutschland ansässigen Anlagenherstellern, innovative Produkte zum Einsatz zu bringen. Dies stärkt den Forschungs- und Produktionsstandort Deutschland“, begründete Matthias Zelinger, Geschäftsführer von VDMA Power Systems, den Vorstoß des Verbands.

„Kleines Repowering“ wird abgelehnt

Ein sogenanntes „kleines Repowering“, bei dem eine Anlage durch ein neueres Modell mit gleichen Dimensionen ersetzt wird, lehnt der Verband dagegen ab. Es sorge in der Summe für mehr Flächenverbrauch und höhere Stromgestehungskosten. Auch eine Anschlussförderung für Ü20-Anlagen bewertet der Verband „sehr kritisch“. Wünsche danach sind jüngst aus verschiedenen Richtungen laut geworden – auch wegen des Strompreisverfalls durch die Corona-Krise. Denn im Falle eines Weiterbetriebs der Altanlagen müssten sie sich unter anderem durch den Verkauf ihres Stroms an der Börse finanzieren.

Noch diese Woche soll eine solche Förderung im Bundesrat diskutiert werden. Während der Wirtschaftsausschuss des Bundesrats diese empfiehlt, lehnt der Umweltausschuss sie ab. Grundlage ist ein Antrag des Landes Niedersachsen. Der dortige Energieminister Olaf Lies brachte eine Option ins Spiel, die es den betroffenen Betreibern ermöglichen soll, „ihre Stromproduktion weiterhin zu einem fest vorgegebenen Fixpreis an die Netzbetreiber weitergeben zu können – für maximal sieben Jahre“.

Der Fixpreis soll 4,34 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) betragen. Das sichere laut Lies „den weiteren Betrieb der Altanlagen dort, wo ein Repowering nicht möglich ist, und es sichert zweitens zugleich die Möglichkeit, die Klimaziele 2030 zu erreichen“. In Niedersachsen seien ab 2021 Anlagen mit einer Leistung von 1,1 Gigawatt betroffen, bis 2030 könnten es fast sechs Gigawatt sein.

Corona erschwert Weiterbetrieb

Der Ökostromanbieter Naturstrom fordert unterdessen eine auf zwei Jahre befristete Anschlussförderung von 3,2 ct/kWh. „Der in diesen Altanlagen produzierte Ökostrom ließe sich zwar an der Börse oder an Energieversorger verkaufen, durch den coronabedingten Crash an der Strombörse können aber selbst an den günstigsten Standorten die Kosten für den Weiterbetrieb kaum wieder eingespielt werden“, so das Unternehmen.

Auf diesen Preis soll es je nach Anlagengröße und Standortqualität Auf- und Abschläge geben, sodass sich der Wert zwischen 2,2 und 4,5 ct/kWh bewegen würde.  Der Wechsel aus der Förderung in die Direktvermarktung soll monatlich möglich sein.

„Viele Windenergieanlagen könnten so zunächst weiter produzieren und würden bei einer Erholung der Börsenstrompreise den Strom eher am Markt verkaufen und das Förderinstrument damit nicht mehr in Anspruch nehmen; Turbinen mit schlechten wirtschaftlichen Perspektiven würden gleichzeitig nicht künstlich am Leben erhalten“, erklärt Naturstrom. Obwohl sich man sich eigentlich gegen eine Anschlussförderung ausspreche, mache die aktuelle Situation dies erforderlich.

Wirtschaftsministerium lehnt Förderung ab

Das Bundeswirtschaftsministerium lehnte eine Anschlussförderung dagegen auf Nachfrage ab. Durch die 20-jährige EEG-Vergütung hätten Betreiber ihre Investitionen amortisieren können. Die darüber hinausgehende Nutzungsdauer einer Anlage hänge letztlich davon ab, „ob es dem Betreiber gelingt, einen wirtschaftlichen Betrieb der Anlage zu ermöglichen“. So hätten sich einige Direktvermarkter darauf spezialisiert, diese Anlagen unter Vertrag zu nehmen. Das Ministerium rechnet mit einem Markt jenseits des EEG. Den Betreibern eröffne sich darin „die Möglichkeit, zusätzlich zu den Stromerlösen weitere Erlöse durch den Verkauf der Grünstromeigenschaft ihres Stroms zu erzielen“ – ihn also als echten Ökostrom zu vermarkten.

Bereits Mitte Mai hatte die Grünen-Fraktion einen Antrag für den Weiterbetrieb von Erneuerbaren-Anlagen nach Ende der EEG-Vergütung in den Bundestag eingebracht. Für Windkraftanlagen forderte sie darin, dass die Bundesregierung das Repowering unterstützt, indem „Genehmigungs- und Planungshemmnisse abgebaut werden und mögliche Flächen für Windenergie nicht durch willkürliche Mindestabstände eingeschränkt werden“.

Werden alte Anlagen durch Modelle mit den gleichen Dimensionen ersetzt, solle eine vereinfachte Genehmigung ausreichen sowie ein Aufschlag bei den Ausschreibungen eine erfolgreiche Teilnahme ermöglichen. Weitere Forderungen der Grünen sind ein Investitionszuschuss für den Weiterbetrieb von Anlagen, an deren Standort kein Repowering möglich ist, sowie eine Ausweitung der jährlichen Ausschreibungsmenge um die Menge, die aus der EEG-Förderung fällt. Laut Antrag sind davon bis 2025 etwa 16 Gigawatt Windenergie betroffen.

Auch der Bundesverband WindEnergie (BWE) sprach sich dafür aus, beide Wege parallel zu verfolgen: Das Repowering stehe zwar an erster Stelle, bis zu einer funktionierenden Strategie müsse aber alles unternommen werden, um Bestandsanlagen am Netz zu halten. „Wir können uns keinen Ausfall CO2-freier Kapazitäten leisten“, so BWE-Präsident Hermann Albers.

 

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