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Ausbauzahlen

2023 war Rekordjahr für Windenergie an Land

Ina Matthes, 16.01.24
Beim Bau von Windrädern und der Zahl neuer Genehmigungen ging es in Deutschland im vergangenen Jahr deutlich voran. Allerdings reicht das Tempo des Zubaus noch immer nicht aus – vor allem im Süden der Republik.

Für die Windenergie an Land war 2023 ein gutes Jahr. 745 neue Anlagen mit einer Gesamtleistung von 3 567 Megawatt (MW) wurden deutschlandweit gebaut – eine Steigerung von fast 50 Prozent im Vergleich zu 2022. Das geht aus der jährlichen Auswertung des Beratungsunternehmens Deutsche Windguard im Auftrag des Bundesverbands WindEnergie (BWE) und des Maschinen- und Anlagenverbands VDMA Power Systems hervor.

Mit den zugebauten fast 3,6 Gigawatt (GW) wurden die von den Verbänden für 2023 erwarteten 2,7 bis 3,2 GW klar übertroffen. Netto beläuft sich der Zuwachs wegen des Rückbaus von 423 Anlagen auf bei knapp mehr als 3 GW. Einen Rekordwert hatte kürzlich auch schon der europäische Windenergieverband Wind Europe für 2023 vermeldet.

Zahl der Genehmigungen für Windkraftanlagen deutlich gestiegen

Ein Aufwärtstrend ist auch bei der Zahl der Genehmigungen und bei den Zuschlägen der Bundesnetzagentur (BnetzA) in den Ausschreibungsverfahren zu verzeichnen. So wurden im vergangenen Jahr Anlagen mit einer Leistung von rund 7500 MW neu genehmigt – das stellt gleichfalls einen Spitzenwert dar. Nach den Daten von Deutsche Windguard haben sich die Genehmigungen im Vergleich zu 2022 damit um mehr als 70 Prozent erhöht.

Bei den Ausschreibungen der BNetzA erhielten Anlagen mit einer Leistung von rund 6500 MW einen Zuschlag – das ist in Summe fast doppelt so viel wie 2022. Allerdings ist dieses verbesserte Ergebnis noch deutlich von dem gesetzlich vorgegebenen Ziel von 12 840 MW entfernt. „Diese Diskrepanz muss verkleinert werden“, forderte Dennis Rendschmidt, Geschäftsführer von VDMA Power Systems bei der Präsentation der Ausbauzahlen.

Die Windbranche brauche schnellere Genehmigungen, mehr Flächen und einen Abbau von Hürden bei der Umsetzung der Vorhaben. BWE-Präsidentin Bärbel Heidebroek bezeichnete 2023 als Rekordjahr: „Erstmals wird die Schallmauer von 60 GW installierter Windleistung an Land durchbrochen.“ Der Gesamtbestand erhöhte sich auf 28.677 Anlagen mit einer kumulierten Leistung von rund 61.000 MW.

Mehr als ein Drittel der neuen Windräder stehen in Schleswig-Holstein

Beim Zubau gibt es allerdings nach wie vor ein deutliches Nord-Süd-Gefälle. Schleswig-Holstein führt im Ländervergleich mit 249 neu errichteten Windenergieanlagen und einem Leistungs-Plus von 1 210 MW. Damit erreichte das nördlichste Bundesland allein einen Anteil von 34 Prozent am Gesamtzubau. Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Brandenburg trugen mit zwölf bis 18 Prozent zum guten Ergebnis bei.

Nordrhein-Westfalen brachte es als dicht besiedeltes Industrieland auf 114 neue Anlagen. In Baden-Württemberg hingegen gingen mit 15 Anlagen vergleichsweise wenige neu in Betrieb. Besonders gering war die zugebaute Leistung bezogen auf die Landesfläche neben Baden-Württemberg auch in Bayern, Thüringen und Sachsen. „Der Süden hängt noch deutlich hinterher“, kritisierte Heidebroek. In Bayern etwa fehle es am politischen Willen.

Transportgenehmigung dauert in Deutschland ein Vierteljahr

Die Maßnahmen der Bundesregierung zum beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien beginnen aus Sicht der Verbände zu greifen, aber die Gesetze müssten schneller umgesetzt werden. Das betrifft zum Beispiel die Transportgenehmigungen. Vor allem die Autobahn GmbH des Bundes stand in der Vergangenheit immer wieder in der Kritik wegen langwieriger Verfahren. In vielen ihrer Dienststellen habe sich die Lage verbessert, schätzte Rendschmidt ein. Die Bearbeitungszeiten seien aber noch immer zu lang. In den Niederlanden dauert eine Transportgenehmigung nach Angaben der Verbände 15 Tage, während es in Deutschland drei bis vier Monate sein können.

Das Ziel der Bundesregierung, bis 2030 rund 115 GW Windenergie an Land zu installieren, hält BWE-Präsidentin Heidebroek trotz aller noch bestehenden Schwierigkeiten für realisierbar: „Ich glaube, das ist zu erreichen.“ Allerdings müssten dafür die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden, wozu auch der Ausbau von Netzen und Speichern gehöre. Ein gewaltiges Potenzial sieht Heidebroek im Repowering, dem Austausch bestehender durch neue Anlagen, das stärker genutzt und weiter vereinfacht werden müsse.

Bereits der Zubau im vergangenen Jahr wurde zu etwa einem Drittel durch Repowering erreicht. Die Zahl der Anlagen, die in die Jahre kommen, wächst deutlich: Im vergangenen Jahr waren mehr als 7600 Windräder mit einer Leistung von über 7,8 Gigawatt älter als 20 Jahre und damit nicht mehr förderfähig. Mit dem Jahreswechsel 2023/2024 kommen noch einmal 1615 dieser Kraftwerke mit zusammen 2,5 GW hinzu.

Umweltorganisationen fordern Bundesregierung zu mehr Tempo auf

Für das laufende Jahr rechnen die Branchenverbände mit einem Gesamtzubau in Höhe von mehr als 4 GW. Allerdings müssten dafür die von Bund und Ländern im Rahmen des Pakts für Beschleunigung vereinbarten Maßnahmen schnell umgesetzt und möglichst noch im ersten Quartal dieses Jahres in Gesetze gegossen werden.

Die Umweltorganisationen WWF und Deutsche Umwelthilfe (DUH) appellierten an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), den Windenergieausbau zu priorisieren und Maßnahmen für einen beschleunigten Ausbau zu ergreifen. Andernfalls ist es aus Sicht beider Organisationen nicht zu schaffen, zum Ende der laufenden Legislaturperiode wie von Scholz versprochen täglich vier bis fünf Windenergieanlagen zu errichten. Laut Prognose von DUH und WWF sind derzeit im besten Fall 3,3 Anlagen täglich möglich.

 

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