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Windenergie

Turbulenzen am Servicemarkt

Michael Hahn, 20.04.20
2019 war auch für das Servicegeschäft im Windsektor ein bewegtes Jahr. Vor allem die Insolvenz von Senvion hat für Unruhe gesorgt – wie sich auch in der BWE-Serviceumfrage gezeigt hat.

Es ist ein Milliardengeschäft: Weltweit werden immer mehr Windkraftanlagen aufgestellt. Damit wächst natürlich die Nachfrage im Servicebereich. Auch wenn es um die Zuwachsraten in Deutschland derzeit mau bestellt ist, müssen die rund 30.000 Anlagen dennoch regelmäßig repariert und gewartet werden. Und es lohnt sich für Betreiber, genau hinzusehen, wer den Service durchführt – die Hersteller oder unabhängige Dienstleister.

Über diese grundlegende Frage hinaus brachte das zurückliegende Jahr jedoch einige Unsicherheiten mit sich. Im April musste der Anlagenhersteller Senvion Insolvenz melden. Betreiber standen plötzlich vor der Frage, ob ihre Anlagen zukünftig noch wie gewohnt fachmännisch betreut werden. Die Telefone bei Mitbewerbern – vor allem den herstellerunabhängigen – liefen heiß.

Indem Konkurrent Siemens Gamesa – im Servicegeschäft bis dato eher kein großer Player – sich das europäische Servicegeschäft und das geistige Eigentum von Senvion für 200 Millionen Euro sicherte, wurden die Karten neu gemischt. Mit einem Schlag verzeichnete das deutsch-spanische Firmenkonstrukt bei seinem europäischen Service-Portfolio einen Zuwachs von neun Gigawatt.

Die Insolvenz macht sich auch in den Ergebnissen der aktuellen Serviceumfrage des Bundesverbands WindEnergie (BWE) bemerkbar. Bereits zum 20. Mal wurde abgefragt, wie zufrieden Betreiber mit ihrem Servicedienstleister sind. Insgesamt wurden 2222 Fragebögen verschickt, 800 kamen zurück, womit Aussagen über 5000 Anlagen in die Ergebnisse eingingen. Ausgewertet wurde das Ganze vom Berliner Statistik-Unternehmen INWT Statistics.

Weiter Fachkräftemangel

Wie in den zurückliegenden Jahren wird das Serviceangebot von Herstellern und unabhängigen Dienstleistern getrennt betrachtet. Berücksichtigt werden nur die Unternehmen, für die zehn oder mehr Fragebögen von mindestens fünf Befragten eingereicht wurden. Mit Blick auf die Ergebnisse zeigt sich erneut, dass die unabhängigen Servicedienstleister mit 1,85 insgesamt besser abschnitten als die Hersteller, die die Note 2,88 erhielten. Beide verbessern sich damit gegenüber dem Vorjahr (2,09 und 2,91). Nach wie vor klagen Kunden über den Fachkräftemangel. Aufträge blieben liegen oder würden verspätet bearbeitet, so die Kritik. Auch hinsichtlich der Rückmeldung zu durchgeführten Arbeiten oder der Kulanzbereitschaft gibt es Baustellen.

Mit Note 2,43 konnte Enercon wieder die Bestnote unter den Herstellern für sich verbuchen und sich sogar verbessern (2018: 2,57). Insgesamt wurde der Service von 2303 Enercon-Anlagen bewertet, der mit Abstand höchste Wert in der Umfrage. Die gute Note hat auch mit der Flaute bei den Neuinstallationen zu tun. Laut einer Markanalyse von Bloomberg New Energy Finance mussten die Auricher ihre Marktführerschaft in Deutschland jüngst an Vestas abtreten – auch international bauten die Dänen 2019 die meisten Anlagen, Enercon rutschte vom sechsten auf den zehnten Platz.

Durch die geringere Aufbauleistung seien Personalkapazitäten im Servicebereich frei geworden, heißt es seitens Enercon. „Hierdurch konnten wir die Organisation planmäßiger Arbeiten weiter optimieren und eine Umsetzung dieser Arbeiten innerhalb der anvisierten Zeit zuverlässig gewährleisten.“ Zudem hätten durch Einführung eines E-Hub-Systems die Servicemitarbeiter effektiver mit Ersatzteilen versorgt und so die Ausführung außerplanmäßiger Arbeiten beschleunigt werden können. „Hierdurch konnten die Stillstandzeiten der Windenergieanlagen optimiert werden.“

Neue Platzierungen

Auf Platz zwei der Umfrage findet sich Nordex. Die Gesamtnote verbesserte sich von 2,92 auf 2,70. Auch bei den Unterpunkten „Regelmäßige Wartungsarbeiten“ und Außerplanmäßige Instandsetzung“ gab es bessere Noten. Entsprechend zufrieden zeigen sich die Hamburger: 2019 sei ein „gutes Jahr“ gewesen, sagt Serviceleiter Volker Bartolles. Und: „Wir haben gelernt, besser auf die Wünsche der Kunden einzugehen und stärker in den Austausch mit ihnen zu kommen.“ Unter anderem sei der Service für Betreiber jetzt besser erreichbar. Auch die Verfügbarkeit der Anlagen habe man in Summe nachhaltig gesteigert, etwa durch ein Früherkennungssystem von Schäden.

Mit der Note 2,85 landet Vestas hinter Nordex. Die Dänen konnten sich damit im Vergleich zu 2018 deutlich verbessern. Mit 3,2 landeten sie damals auf dem sechsten und damit letzten Platz in der Bewertung der Hersteller – so wie in den Jahren zuvor. „Unsere Kunden profitieren von einer deutlichen Verbesserung im Bereich Fehlerbehebung bei der Erstanfahrt, bei der elektronischen Rechnungsstellung sowie bei der Klärung von Boni oder Vertragsrechnungen. Diese erfolgen spürbar transparenter und schneller“, sagt Daniel Fröhling, Senior Service Director Germany, Vestas Northern & Central Europe.

Anstelle von Vestas belegt den letzten Platz in diesem Jahr GE Wind Energy, die von 2,98 auf 3,28 zurückfällt. Im Vorjahr hatte es noch für Platz vier gereicht. Das Unternehmen wird für 2019 in fast allen Bereichen von den BWE-Betreibern schlechter bewertet – am deutlichsten zeigt sich das bei der Rückmeldung zu erbrachten Arbeiten.

Man nehme die Ergebnisse sehr ernst und arbeite hart an Verbesserungen, um einen erstklassigen Kundenservice zu bieten, sagt Michael Jäke, Serviceleiter Deutschland bei GE Wind Energy. „Im vergangenen Jahr haben wir mehr Servicetechniker eingestellt und zwei zusätzliche Servicestandorte eröffnet. Außerdem haben wir eine Reihe von Serviceprozessen überarbeitet und gestrafft, Verbesserungen für unsere Fernüberwachungszentren eingeführt und neue Planungs- und Flottenmanagement-Tools eingeführt.“

Dies ist eine gekürzte Fassung des Textes aus der Ausgabe 03/2020 von neue energie. Den vollständigen Artikel mit allen Umfrage-Ergebnissen finden Sie hier als PDF-Datei:

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