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Green Deal

Europas grünes Versprechen

Tim Altegör, 13.12.19
Die neue EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat Details zu ihrem „Green Deal“ vorgestellt. Die Klimaziele sollen verschärft, alle Instrumente darauf ausgerichtet werden, vom Emissionshandel bis zu Pkw-Grenzwerten. Die Mitgliedsländer ziehen nur bedingt mit.

Es ist das große Versprechen der neuen EU-Kommission um Ursula von der Leyen: Ein umfassendes Umwelt- und Klimaprogramm, ein „Green Deal“, soll den Kontinent zum Klimaschutz-Vorreiter machen. Am 11. Dezember, wenige Tage nach ihrem Amtsantritt hat von der Leyen nun präzisiert, was sie sich genau darunter vorstellt. Das Ziel sei, „die Wirtschaft mit unserem Planeten in Einklang zu bringen“, sagt die Kommissionschefin in Brüssel. Gelingen solle dies durch klimafreundliche Industrie und Finanzmärkte, der Green Deal sei „unsere neue Wachstumsstrategie“.

Künftig sollen alle Entscheidungen der EU auf diese Strategie ausgerichtet sein, das Programm umfasst diverse Bereiche. Im Zentrum steht das Ziel, bis 2050 klimaneutral zu werden: nur noch so viele CO2-Emissionen zu erzeugen, wie gleichzeitig aus der Atmosphäre entfernt werden. Bis März soll ein Klimagesetz dieses Ziel festschreiben. Die kurzfristigere und dadurch konkretere Perspektive folgt laut Zeitplan im Anschluss, das EU-Reduktionsziel für 2030 soll auf 50 bis 55 Prozent angehoben werden. Bislang sind minus 40 Prozent vereinbart. In den folgenden zwölf Monaten sollen dann alle Politikinstrumente der EU im Klimabereich auf diese neue Zielsetzung hin überprüft werden.

„Der Start einer Reise“

Das betrifft etwa den Emissionshandel sowie die sogenannte Lastenteilung unter den Mitgliedsländern bei der Emissionssenkung im Verkehr, bei Gebäuden und Landwirtschaft. Auch die CO2-Grenzen für Pkw könnten verschärft werden. Bereits 2020 sind unter anderem neue Strategien für Industrie, Mobilität und Finanzwesen angekündigt, ebenso wie ein Aktionsplan zur Kreislaufwirtschaft. Im Bausektor will die Kommission eine „Renovierungswelle“ lostreten, im Verkehr mehr Güter auf die Schiene bringen und für die Energieerzeugung vor allem mehr Offshore-Windparks. Subventionen für fossile Energien sollen abgeschafft werden.

Von der Leyen sprach bei der Vorstellung des Programms von Europas „Mann-auf-dem-Mond-Moment“. Man habe noch nicht alle Antworten, es handele sich vielmehr um den „Start einer Reise“. Wie beschwerlich diese wird, ließ sich einen Tag später erahnen. Da berieten in Brüssel die Regierungen der EU-Staaten über den Green Deal. Nachdem es im Sommer nicht geklappt hatte, einigten sie sich nun auch auf das Netto-Null-Ziel für 2050. Das Kohle-abhängige Polen wollte sich allerdings nicht dazu verpflichten, im Juni 2020 soll weiterverhandelt werden. Dabei wird es um Ausgleichszahlungen für den Strukturwandel gehen. Der Kommissionsplan sieht bereits vor, 100 Milliarden für betroffene Regionen freizumachen.

Groko-Klimapaket bereits überholt

Auch für Deutschland hätten schärfere EU-Ziele erhebliche Konsequenzen, kommentierte der Geschäftsführer der Deutschen Energieagentur (Dena), Andreas Kuhlmann. So seien der Ausstiegsplan der Kohlekommission und das Klimapaket der Bundesregierung damit „hinfällig und überarbeitungsbedürftig“. Die Mitgliedsländer treten, auch wegen des Einstimmigkeitsprinzips bei vielen Entscheidungen, oftmals als Bremser auf. Mehr Unterstützung kommt aus dem EU-Parlament, das ambitioniertere Minderungsziele befürwortet und Ende November symbolisch den Klimanotstand ausrief.

Viele Umweltverbände begrüßten die Kommissionspläne, halten aber 65 Prozent weniger Emissionen bis 2030 für nötig. Der BUND schrieb in Anlehnung an von der Leyen von einer „Mondlandung ohne Bodenhaftung“. Der Verbandsvorsitzende Olaf Bandt forderte unter anderem, nicht nur auf Effizienz zu setzen, sondern auch Wirtschaftswachstum und Konsum einzuschränken. Zudem müsse die europäische Agrarpolitik grundlegend reformiert werden. Insgesamt seien die Vorhaben im Green Deal „zu schwach für die Bewältigung der Klimakrise“.

 

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