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Kohleausstieg

Das steht im Bericht der Kohlekommission

Tim Altegör, 30.01.19
Exakt sieben Monate nach ihrem Start hat die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ ihren Abschlussbericht vorgelegt. Er soll zeigen, wie Deutschland aus der Kohle aussteigen kann.

Unter anderem schlägt die Kommission, in der Vertreter von Industrie, Gewerkschaften, Umweltverbänden, Wissenschaft sowie Tagebaubetroffenen saßen, in ihrem Abschlussbericht vor:

- von 2018 bis 2022 mindestens 12,5 Gigawatt (GW) an Kohleleistung vom Netz zu nehmen. Dann wären noch jeweils rund 15 GW Braun- und Steinkohlekraftwerke in Betrieb. Die CO2-Emissionen des Energiesektors würden im Vergleich zu 1990 um 45 Prozent sinken.

- Bis 2030 sollen es maximal noch neun GW Braunkohle und acht GW Steinkohle sein. Dazu beitragen soll 2025 auch ein nicht näher beschriebenes „Innovationsprojekt“.

- Der komplette Kohleausstieg ist für 2038 vorgesehen. Das Datum kann auf frühestens 2035 vorgezogen werden, geprüft werden soll das 2032.

- Auch 2023, 2026 und 2029 soll der Stand überprüft werden, etwa was Strompreise, Klimaschutz und Versorgungssicherheit angeht.

- Die Stilllegungen sollen möglichst im Einvernehmen mit den Betreibern ausgehandelt werden. Gelingt das nicht, wird eine „ordnungsrechtliche Lösung mit Entschädigungszahlungen“ vorgeschlagen.

- neue Kraftwerke sollen keine Genehmigung mehr bekommen, für bereits gebaute soll ausgehandelt werden, dass sie nicht in Betrieb gehen.

- Der Erhalt des Hambacher Walds sei „wünschenswert“. Wegen des Umfangs der geplanten Abschaltungen im Rheinland gehen Umweltverbände davon aus, dass der Wald stehen bleibe.

- Im EU-Emissionshandel sollen Zertifikate im Umfang der eingesparten Emissionen stillgelegt werden.

- einen verlässlichen Ausbau erneuerbarer Energien im Einklang mit dem Ziel, 2030 einen Anteil von 65 Prozent im Strommix zu erreichen, der speziell in den Kohlerevieren stattfinden soll.

- das System von Entgelten und Umlagen im Energiesektor zu überarbeiten, wodurch Strom im Vergleich mit anderen Energieträgern günstiger werden soll. Daneben soll es Entlastungen bei den Netzentgelten geben. Auch einen sektorenübergreifenden und sozialverträglichen CO2-Preis empfiehlt die Kommission.

- Maßnahmen für den Strukturwandel in den Revieren sind teils kleinteilig aufgelistet. Die betroffenen Bundesländer sollen hierfür 20 Jahre lang jährlich zwei Milliarden Euro erhalten.

Gemischte Reaktionen

Die beteiligten Umweltverbände tragen den Bericht mit, da er „den jahrelangen Stillstand in der deutschen Klimapolitik“ aufbreche. Aus Klimaschutzsicht sei jedoch ein Ausstieg „deutlich vor 2035“ nötig. Nicht zugestimmt hat dagegen Hannelore Wodtke als Vertreterin der Lausitzer Tagebaubetroffenen, weil die dortigen Umsiedlungspläne nicht gekippt würden. Vertreter von Gewerkschaften und Industrie begrüßten den Kompromiss, der, so Gewerkschaftsboss Michael Vassiliadis, „uns nicht glücklich machen, aber insgesamt zufrieden stellen kann“.

Deutschland finde „zurück auf den Klimaschutzpfad“, sagte der Klimaforscher Hans Schellnhuber, wie Vassiliadis Kommissionsmitglied. Die gesamten deutschen CO2-Emissionen um 40 Prozent zu senken, gelinge damit jedoch statt wie geplant 2020 erst 2025, erklärte der Thinktank Agora Energiewende. Auch im Einklang mit den Pariser Klimazielen ist der vorgelegte Ausstiegsplan wohl nicht. Einige Umweltaktivisten lehnten ihn entsprechend ab. So sagte Christoph Bautz, Geschäftsführer des Kampagnennetzwerks Campact, er schaffe „nicht den erhofften Frieden, sondern feuert den Konflikt um die Kohle weiter an“. Die Klimabewegung werde die Bundesregierung „weiter in die Pflicht nehmen“.

Die Regierung muss die Empfehlungen der Kommission nun in Gesetze überführen. Allein das könnte noch schwierig werden, der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Joachim Pfeiffer, sagte etwa gegenüber der Nachrichtenagentur dpa, durch die Pläne würden Wettbewerbsfähigkeit, Arbeitsplätze und die sichere Versorgung mit Strom gefährdet. SPD-Chefin Andrea Nahles bezeichnete die Vorschläge dagegen immerhin als „eine sehr gute Grundlage“.


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