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CO2-Preis

China startet Emissionshandel

Joachim Wille, 03.02.21
Der weltweit größte CO2-Erzeuger gibt dem Treibhausgas künftig einen Preis. Zunächst werden aber wohl nur kleine und besonders schmutzige Kohlekraftwerke draufzahlen.

China hat im vorigen Jahr überraschend angekündigt, die Treibhausgas-Emissionen schneller abzusenken als bisher geplant und die „Netto-Null“ dabei vor 2060 zu erreichen. Klimaexperten sehen das als wichtigen Schritt, um das Zwei-Grad-Limit bei der Erderwärmung aus dem Pariser Weltklimavertrag doch noch einzuhalten. In dieser Woche hat Peking nun seinen nationalen Emissionshandel offiziell gestartet – ein Instrument, um die Reduktion des CO2-Ausstoßes auch praktisch umzusetzen. Dieses muss jedoch noch geschärft und ausgeweitet werden, um die nötigen Erfolge zu bringen.    

Die Volksrepublik ist vor den USA und Indien der weltweit größte Verursacher von Treibhausgasen, pro Jahr entstehen dort rund elf Milliarden Tonnen CO2, rund 29 Prozent des globalen Ausstoßes. In dem neuen System wird nach Angaben des Umweltministeriums in Peking vorerst nur ein Teil der Energiebranche erfasst, allerdings ein gewichtiger: Es geht um 2225 Blöcke von Kohlekraftwerken, die rund 40 Prozent der chinesischen und rund zwölf Prozent der globalen Emissionen ausmachen. Experten erwarten, dass der Emissionshandel zukünftig auch auf weitere fossile Kraftwerke, etwa auf Erdgas-Basis, und andere Branchen ausgeweitet wird, darunter Zement, Stahl, Aluminium und Chemie. Einen Temin gibt es dafür aber noch nicht.

Begrenzter Sofort-Effekt, aber viel Potenzial

Emissionshandelssysteme basieren darauf, dass der CO2-Ausstoß quasi ein Preisschild pro ausgestoßener Tonne bekommt. Vorreiter dabei war die EU, die ein derartiges System bereits 2005 für Kraftwerke und Industrieanlagen einführte, inzwischen gilt es auch für den innereuropäischen Flugverkehr. In Deutschland ist zum Jahreswechsel auch für die Bereiche Verkehr und Wärme ein CO2-Preis gestartet, der allerdings vorerst fix ist und sich nicht an der Emissionshandelsbörse bildet. 

Das Problem beim chinesischen System: Die CO2-Zertifikate werden zum Start kostenlos und zudem relativ großzügig zugeteilt, da für die Stromproduktion ein wenig ambitionierter CO2-Grenzwert festgesetzt wurde. Er entspricht in etwa den durchschnittlichen Emissionen des chinesischen Kraftwerksparks im Jahr 2019. Experten erwarten daher, dass in der ersten zweijährigen Handelsperiode 2021/22 nur besonders ineffiziente, das heißt kleinere und ältere Kraftwerke Zertifikate zukaufen müssen. Das entspricht allerdings dem Ziel der Regierung, die diese Anlagen zuerst aus dem Markt drücken will – auch um die Luftqualität in den Städten zu verbessern.

Klimaexperten sehen Chinas neuen Schritt denn auch mit gemischten Gefühlen. Asienexperte Dan Dudek von der US-NGO Environmental Defense Fund sagte: „Jede Tonne Emissionen, die in den Schornstein geht, wird potenziell zu verlorenem Geld.“ Daher verändere Chinas Emissionshandel „die Meinung der Menschen über das, was einmal grundsätzlich kostenlos war“. Der CO2-Markt-Experte Stian Reklev vom Infodienst „Carbon Pulse“ hingegen sagte zu Chinas System: „Es fängt ziemlich beschissen an, aber wenn die volle Struktur da ist, kann die Regierung sie über Nacht in ein nützliches Instrument verwandeln – wenn sie es will.“ Das sei aber mit einem großen Fragezeichen versehen und werde „kaum in der nächsten Zeit passieren".

 

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