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Wärmewende

Das Heizungsgesetz dreht die nächste Schleife

Tim Altegör, 06.07.23
Nach monatelangen Verhandlungen wollte die Ampel-Koalition kurz vor der Sommerpause noch schnell das neue Gebäudeenergiegesetz beschließen. Doch ein CDU-Abgeordneter klagte erfolgreich gegen den engen Zeitplan.

Nächste Woche beginnt die politische Sommerpause, der Bundestag tagt dann erst wieder Anfang September. Auf den letzten Drücker, am 7. Juli, wollten die Regierungsfraktionen von SPD, Grünen und FDP zuvor noch ihre Neufassung des Gebäudeenergiegesetzes im Parlament verabschieden. Das hatten die drei Parteien nach ihrem Koalitionsausschuss Ende März angekündigt.

Doch den Zeitplan können sie nicht halten: Das Bundesverfassungsgericht hat einem Eilantrag des CDU-Abgeordneten Thomas Heilmann stattgegeben und den Beschluss in dieser Woche untersagt. Heilmann sah nach eigener Aussage „massiv seine Rechte als Abgeordneter auf gleichberechtigte Teilhabe an der parlamentarischen Willensbildung verletzt“ und forderte, die Abgeordneten müssten den entsprechenden Gesetzesentwurf mindestens 14 Tage vorher erhalten.

Weil Heilmanns Antrag „weder von vornherein unzulässig noch offensichtlich unbegründet“ sei, erließ der Zweite Senat des Verfassungsgerichts am 5. Juli mit den Stimmen von fünf der sieben Mitglieder eine einstweilige Anordnung. Das „Interesse an der Vermeidung einer irreversiblen Verletzung der Beteiligungsrechte des Antragstellers“ überwiege in diesem Fall „gegenüber dem Eingriff in die Verfahrensautonomie des Deutschen Bundestages“, da über das Gesetz auch später abgestimmt werden könne. Eine mögliche Sondersitzung während der Sommerpause will die Regierungskoalition nun nicht ansetzen, stattdessen soll das Gesetz im September auf die Tagesordnung kommen. In Kraft treten soll es zum 1. Januar 2024.

Gesetzesentwurf massiv überarbeitet

Nach dem Kabinettsbeschluss im April befasste sich der Bundestag am 15. Juni erstmals mit dem Gesetzesentwurf. Die drei Parteien der Ampel-Regierung verhandelten aber weiter über zahlreiche Details und überarbeiteten den Entwurf dabei massiv. Unter anderem verlegten sie Fristen für das Aus neuer fossiler Heizungen nach hinten, erweiterte den Umfang der Fördermittel zum Einbau klimafreundlicher Alternativen und koppelte die Vorgaben für einzelne Häuser an eine vorherige kommunale Wärmeplanung.

Am 30. Juni gab es dazu eine „Formulierungshilfe“ aus dem Wirtschaftsministerium, am 3. Juli fand im Bundestagsausschuss für Klimaschutz und Energie eine Expertenanhörung statt. Am folgenden Tag legten die Koalitionsfraktionen noch einen Änderungsantrag vor. Heilmann, der Mitglied im Ausschuss ist, hatte bei seinem Antrag betont, er richte sich „ausdrücklich nicht gegen das inhaltliche Ziel des Gesetzes, sondern gegen das sehr mangelhafte parlamentarische Verfahren“. Der Berliner Abgeordnete ist Vorsitzender der Klimaunion, die sich für eine mit dem 1,5-Grad-Klimaziel kompatible Politik von CDU und CSU einsetzt.

Habeck kritisiert populistische Debatte

Beschwerden über zu kurze Beratungsfristen von Gesetzen sind nichts Neues, es gab sie unter wechselnden Regierungen und aus der Opposition wie von Interessenverbänden, die teils zu hunderten Seiten Gesetzestexten innerhalb weniger Tage Stellung nehmen sollen. Im Fall des Gebäudeenergiegesetzes war der (voraussichtlich) finalen Fassung ein langer, in großen Teilen öffentlich ausgetragener Streit innerhalb der Koalition vorausgegangen, in dem vor allem FDP-Abgeordnete die Pläne des grün-geführten Wirtschaftsministeriums angriffen und dabei – wie auch manche Vertreter von CDU und CSU – teilweise Falschinformationen verbreiteten, etwa dass bestehende fossile Heizungen verboten würden.

Ein wesentlicher Vorwurf lautete zudem, die Grünen würden einseitig auf Wärmepumpen setzen, die unter Experten als eine zentrale Technologie für CO2-freies Heizen gelten. Auch zu ihnen kursierten zahlreiche falsche Informationen, etwa was die Höhe der Einbaukosten betrifft. Wirtschaftsminister Robert Habeck äußerte sich zu dem Thema am 5. Juli – kurz bevor das Urteil des Verfassungsgerichts bekannt wurde – in einer Rede auf dem Sommerfest des Bundesverbands Erneuerbare Energie.

„Klimaschutz ist Veränderung und das bedeutet, dass es ein umkämpftes Thema ist“, so Habeck. Er kritisierte, von populistischen Akteuren werde „das Fetischisieren von Symbolen“ betrieben, ob von Masken in der Pandemie oder nun eben der Wärmepumpe, die als Eingriff in die individuelle Freiheit dargestellt würden. Dabei handele es sich um ein „pervertiertes Freiheitsverständnis“, bei dem jeder nur auf sich selbst schaue.

 

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