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Fossile Energien

Milliarden-Subventionen mit Klimaschaden

Joachim Wille, 01.11.21
Das Umweltbundesamt legt eine neue Erfassung der umweltschädlichen Subventionen in Deutschland vor. Durch ihre Kürzung könne die „Ampel“-Koalition Mittel für Investitionen frei machen.

Klimaschädliche Subventionen für fossile Energieträger werden weltweit auf 5,9 Billionen US-Dollar geschätzt, so die jüngst vom Internationalen Währungsfonds veröffentlichte Zahl für 2020. Das entspricht immerhin 6,8 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung. Und auch der einstmalige Klimaschutz-Vorreiter Deutschland leistet sich hohe Subventionen, die den Umwelt- und CO2-Einspar-Zielen zuwiderlaufen. Laut Umweltbundesamt (Uba) sind es mehr als 65 Milliarden jährlich. Sie zu kürzen, brächte der designierten „Ampel“-Koalition die so dringend gesuchten Spielräume für Klima-Investitionen.

Laut der jetzt vorgestellten Uba-Studie entfielen mit 47 Prozent nahezu die Hälfte der umweltschädlichen Subventionen auf den Verkehrsbereich, 39 Prozent auf Energiebereitstellung und -nutzung, neun Prozent auf  Land- und Forstwirtschaft sowie fünf Prozent auf Bau- und Wohnungswesen. Tatsächlich sei die Summe sogar noch höher als die geschätzten 65,4 Milliarden Euro, so das Amt. Einige  Subventionen könnten nicht quantifiziert werden, zudem seien solche auf Länder- und Kommunalebene nicht berücksichtigt. Die Zahlen gelten für 2018, es ist der aktuellste verfügbare komplette Datensatz.

„Unsinniges Nebeneinander“

Uba-Präsident Dirk Messner kommentierte: „Es ist paradox, wenn der Staat mit vielen Milliarden den Klimaschutz fördert und gleichzeitig klimaschädliche Produktions- und Verhaltensweisen subventioniert.“ Er forderte, die umweltschädlichen Subventionen möglichst schnell abzubauen. Das entlaste die öffentlichen Haushalte und ermögliche klimagerechte Investitionen.

Seit der letzten Schätzung 2012 gab es laut Uba nur kleine Fortschritte beim Abbau dieser Subventionen. Inzwischen seien zwar einige ausgelaufen, etwa die Hilfen für die Steinkohleförderung, parallel aber neue eingeführt worden. Im Verkehr stieg die Summe von 2012 bis 2018 sogar von 28,6 auf 30,8 Milliarden Euro. Rund 90 Prozent der betrachteten Subventionen sind nach der Analyse klimaschädlich und wirken häufig gleichzeitig negativ auf Luftqualität, Gesundheit und Rohstoffverbrauch.

Das Uba kritisiert, die Subventionen würden die Entwicklung und Marktdurchdringung umweltfreundlicher Produkte hemmen und damit die Umwelt- und Klimaziele gefährden. „Aktuell werden ökonomische Anreize in gegensätzliche Richtungen gesetzt – mal für, mal gegen den Umwelt- und Klimaschutz“, so Messner. Ein Beispiel dafür sei das „unsinnige Nebeneinander“ von Dieselprivileg für Verbrenner und Kaufprämien für E-Autos.

Ampel-Verhandler gespalten

Das Amt rechnet vor, dass der Abbau von Steuervergünstigungen für Dieselkraftstoff, die private Nutzung von Verbrenner- Dienstwagen und landwirtschaftliche Fahrzeuge sowie bei der Entfernungspauschale dem Staat Mehreinnahmen im zweistelligen Milliardenbereich bringen würde. Weitere zwölf Milliarden Euro entfielen auf Steuervergünstigungen für Kerosin und die Mehrwertsteuerbefreiung für internationale Flüge. Dies müsse auf EU-Ebene angegangen werden.

Bei den Ampel-Verhandlern stießen die Vorschläge auf ein unterschiedliches Echo. FDP-Chef Christian Lindner sagte in einem Interview, man werde Subventionen prüfen. „Subventionsabbau darf aber nicht zu einer Steuererhöhung für die arbeitende Mitte werden, wie es bei der Pendlerpauschale der Fall wäre.“ Der Grünen-Finanzexperte Sven-Christian Kindler sagte, klimaschädliche Subventionen widersprächen „der Logik einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft“. Sie machten die Transformation der Wirtschaft teuer, verzerrten den Markt und belasteten den Haushalt.

Zur Entfernungspauschale hatte das Uba festgestellt, dass von ihr Haushalte mit hohen Einkommen weit überdurchschnittlich profitierten. Um soziale Härten im Einzelfall abzufedern, sei es sinnvoll, Wegekosten zur Arbeit künftig im Rahmen einer Härtefall-Regelung steuermindernd zu berücksichtigen. Dadurch würden gezielt Bürgerinnen und Bürger entlastet, die relativ zum Einkommen sehr hohe Fahrtkosten aufwenden müssen.

 

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