Anzeige
Klimaschutz

Hendricks noch ohne Plan

Michael Hahn, 09.11.16
Die Verabschiedung des Klimaschutzplans 2050 ist verschoben worden, Wirtschaftsminister Gabriel hat eine Einigung kurz vor dem Beschluss gestoppt. Während die Kohleindustrie nach wie vor protestiert, drängen andere Teile der Wirtschaft auf ehrgeizige Ziele. Das Wirtschaftsministerium signalisiert unterdessen Verhandlungswillen.

Das Hickhack um den Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung geht weiter. Noch am Dienstag (8. November) sah es so aus, als habe sich die Regierung auf einen Entwurf geeinigt, der am Mittwoch (9. November) vom Bundeskabinett beschlossen werden sollte. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet, hat Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) diesem Plan jedoch die Zustimmung verweigert.

Das Wirtschaftsministerium teilte auf Anfrage von neue energie mit, der Klimaschutzplan solle jetzt bis zum Wochenende abgestimmt und am 16. November im Kabinett beschlossen werden. Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) könne also mit einem fertigen Papier auf die UN-Klimakonferenz in Marokko reisen, die noch bis zum 18. November läuft.

Nach übereinstimmenden Medienberichten waren im jüngsten Entwurf des Klimaschutzplans 2050 wieder konkrete CO2-Minderungsziele bis 2030 für alle Sektoren vorgesehen. Auch fordere die Bundesregierung darin einen Mindestpreis beim europäischen Emissionshandel. Viele solcher konkreten Ziele fehlten in vorherigen Fassungen. Das Ringen um den Plan dauert schon Monate an. Nach einem durchaus ambitionierten ersten Entwurf des Umweltministeriums wurde dieser von Kanzleramt und Wirtschaftsministerium entschärft. Zuletzt kürzten noch die CSU-geführten Ministerien für Landwirtschaft und Verkehr die Absätze zu Fleischkonsum und fossilen Kraftstoffen zusammen.

Streitpunkt Kohle

Ein ständiger Streitpunkt: die Braunkohle. Nachdem der erste Entwurf des Plans einen konkreten Ausstiegszeitpunkt beinhaltete, wurde dieser in der Ressortabstimmung wieder entfernt. Der aktuellsten Version zufolge soll zumindest der Neubau von Kohlekraftwerken und die Erweiterung von Tagebauen ausgeschlossen werden.

Diese Pläne gingen Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) offensichtlich zu weit. Die Deutsche Presseagentur (dpa) berichtet von einem Brandbrief Woidkes an Hendricks, Gabriel und Kanzleramtsminister Peter Altmeier (CDU). In diesem warnte Woidke vor den Folgen des Klimaschutzplans. Ein staatliches Verbot von Investitionen und Tagebauerweiterungen führe zu Strukturbrüchen in der Lausitz und gefährde die langfristig angelegten Rekultivierungspläne finanziell.

Woidkes Appell scheint bei Sigmar Gabriel auf offene Ohren gestoßen zu sein. „Grund für das vorübergehende Aus des Klimaschutzplans waren Widerstände der Kohlelobby innerhalb beider Regierungsfraktionen“, erklärte die Deutsche Umwelthilfe und nannte das vorläufige Scheitern des Plans einen „Offenbarungseid einer ehemals im Klimaschutz führenden Nation.“

Wirtschaft fordert klare Bedingungen

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft hingegen begrüßte die erneute Verschiebung: „Bei so einem richtungsweisenden Dokument geht Qualität ganz klar vor Schnelligkeit“, sagte Stefan Kapferer, Vorsitzender der Hauptgeschäftsführung. „Das spricht dafür, möglichst technologieoffen heranzugehen und Innovationen zu fördern, die den Klimaschutz kostengünstig voranbringen. Verbote und Überregulierung würden dem entgegenstehen.“

Aus der Wirtschaft gibt es jedoch auch Stimmen, die sich für ambitionierte Klimaziele aussprechen. So haben 41 große und mittelständische deutsche Unternehmen sowie Branchenverbände in einer gemeinsamen Erklärung die Bundesregierung aufgefordert, einen ehrgeizigen und konkreten Klimaschutzplan vorzulegen. Dieser müsse sich am Pariser Abkommen messen lassen und ausreichend Planungssicherheit für die Wirtschaft bieten. Zu den Unterzeichnern der Erklärung gehören unter anderem 50Hertz, EnBW, Hochtief und die Deutsche Telekom.

 

Kommentare (0)

Kommentar verfassen»

Kommentar verfassen

Anzeige
Anzeige