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Mobilität

Kein E-Tiger im Tank

Foto: Bodo Schackow/dpa/picture alliance

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Ein batterie-elektrischer Pkw beim Laden

Joachim Wille, 16.02.24
Autos und Lkw mit Batterieantrieb nützen dem Klima am meisten – das untermauert eine Studie des Umweltbundesamts. E-Fuels sind demnach keine praktikable Alternative.

Es ist eine der aufwändigsten Untersuchungen zum Thema E-Mobilität bisher, und sie untermauert: Wer heute ein E-Auto fährt, schützt das Klima, obwohl der Strom dafür zum Teil noch mit Kohle und Erdgas produziert wird. Bereits aktuell sind per Batterie angetriebene Pkw um etwa 40 Prozent klimafreundlicher als Pkw mit Benzin- oder Dieselmotor. E-Fuels für Verbrenner schneiden demgegenüber schlecht ab, weil ihre Herstellung sehr energieaufwendig ist.

Die Studie ist vom Umweltbundesamt (Uba) in Auftrag gegeben worden, um die richtige Strategie für die „Antriebswende“ zu identifizieren – nicht nur bei Pkw, sondern auch bei leichten Nutzfahrzeugen („Sprinter“ und Co) sowie Lkw bis hin zum 40-Tonner. Es zeigte sich: Elektrisch angetriebene Fahrzeuge haben vor allem beim Klimaschutz „sehr deutliche Vorteile gegenüber Verbrennungsfahrzeugen, selbst, wenn diese in Zukunft mit E-Fuels, also strombasierten synthetischen Kraftstoffen, betrieben werden“. Durchgeführt wurde die Untersuchung in einem Drei-Jahre-Großprojekt am Institut für Energie- und Umweltforschung (Ifeu) in Heidelberg.

Das Ifeu-Team hat für alle Fahrzeugtypen die Klima- und Umweltbelastungen über den gesamten Lebensweg berechnet und dabei mehrere Antriebsarten verglichen: Verbrenner mit Benzin, Diesel oder Erdgas, Wasserstofffahrzeuge mit Brennstoffzelle sowie Batterie-Fahrzeuge und Hybride mit E- und Verbrennungsmotor. Dabei wurde angenommen, dass Benzin und Diesel nach und nach durch E-Fuels ersetzt werden, die mit Ökostrom hergestellt werden, und Elektrofahrzeuge mit dem sich im Laufe der Jahre verbessernden deutschen Strommix fahren. E-Fuels werden bisher erst in minimalen Mengen in Pilotanlagen produziert; der Ökostrom-Anteil im Netz beträgt derzeit etwa die Hälfte und soll zum Beispiel bis 2030 auf rund 80 Prozent steigen.

Das zentrale Ifeu-Ergebnis: E-Fahrzeuge sind bereits heute nicht nur am wenigsten klimaschädlich, sie schneiden langfristig auch in anderen Umweltkategorien wie Feinstaubbelastung, Versauerung des Regens oder Ozonschädlichkeit besser ab als Verbrenner. Mittelfristig schlägt allerdings vor allem noch der verbleibende Anteil von Kohlestrom im Elektrizitätsmix negativ zu Buche; dieser betrug 2023 noch gut 15 Prozent.

Umweltbilanz von Batterien besser als gedacht

Ein relativ positives Fazit zieht das Forschungsteam auch bei der Bewertung der Fahrzeug-Batterien. Deren Umweltbilanz sei „nicht so schlecht wie ihr Ruf“, wie die Analyse über den ganzen Lebensweg hinweg gezeigt habe. Herstellung, Nutzung und Entsorgung der Batterien seien nur für 15 bis 20 Prozent der gesamten Klimawirkung der E-Fahrzeuge verantwortlich. Frühere Untersuchungen hatten dies deutlich höher angesetzt. „Die Batterie-Herstellung ist in den letzten Jahren im Schnitt deutlich klimafreundlicher geworden, vor allem, weil die Energiedichte der Batterien steigt und die Zellfertigung umweltfreundlicher geworden ist“, sagte Studienleiterin Kirsten Biemann. Zudem gebe es ein großes Potenzial, die Ökobilanz der Batterien weiter zu verbessern, indem die Zellfertigung in Europa erfolgt und neuartige Zelltechnologien mit höheren Energiedichten zum Einsatz kommen. Damit werde die Batterieherstellung in Zukunft umweltfreundlicher, obwohl die Reichweite der Pkw und damit die Batteriegröße ansteigt.

Weiterhin hohe Verkaufszahlen von Verbrennern, deren Zulassung in der EU noch bis 2035 erlaubt ist, würden laut der Studie eine schnelle CO2-Einsparung gefährden. Werden sie mit E-Fuels betankt, verbessere das ihre Klimabilanz zwar deutlich. Konkret: Ein Pkw mit Baujahr 2030 könnte die gleiche Klimawirkung wie ein batterieelektrisches Fahrzeug haben, wenn er über die gesamte Nutzungszeit 70 bis 90 Prozent grüne E-Fuels tankt. Das Problem ist hierbei laut Ifeu aber: Angesichts der erwartet großen Nachfrage nach den grünen Kraftstoffen, beziehungsweise dem Vorprodukt Wasserstoff, im Flug- und Seeverkehr sowie in anderen Sektoren wie Stahl und Chemie wird der Öko-Sprit wahrscheinlich noch lange sehr knapp und auch teuer sein. Biemann dazu: „Es ist abzusehen, dass es sehr viel schneller gelingen wird, den nationalen Strommix komplett CO2-frei zu machen – wovon batterieelektrische Fahrzeuge direkt profitieren.“

Aus diesen Gründen fällt auch bei den Sattelzügen die Klimabilanz der E-Antriebe deutlich besser aus als die der anderen Varianten. Am besten schneiden Lkw mit Stromabnehmern ab, die auf Teilstücken von Autobahnen unter Oberleitungen fahren, weil sie mit kleineren Akkus auskommen und zudem unterwegs geladen werden können. Allerdings muss hier der Aufwand für den Bau der Oberleitungssysteme gegengerechnet werden. Bisher gibt es in Deutschland nur kurze Teststrecken, auf denen die Technologie erprobt wird, unter anderem an der Autobahn A5 bei Darmstadt. Lkw mit Batterieantrieb werden inzwischen praktisch von allen Anbietern angeboten. E-Sattelzüge besitzen laut der Studie schon kurzfristig einen deutlichen Klimavorteil. Ab dem Jahr 2030 genutzte Fahrzeuge haben bei einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien bereits 73 bis 78 Prozent niedrigere Treibhausgas-Emissionen als Diesel-Lkw.

15 Millionen E-Autos bis 2030?

Generell betont das Ifeu-Team allerdings, für eine schnelle CO2-Einsparung im Verkehr sei neben dem beschleunigten Hochlauf der Elektromobilität und der ambitionierten Fortsetzung der Energiewende auch die Verkehrsvermeidung wichtig. Denn: „Jeder vermiedene Kilometer schont die Umwelt.“ Der Präsident des Umweltbundesamts, Dirk Messner, zieht aus der Studie den Schluss, dass die Umstellung auf Batterie-Pkw für die notwendige Minderung der Treibhausgasemissionen im Verkehr eine zentrale Rolle spielen und stärker gefördert werden müsse. „Um das Ziel der Bundesregierung von 15 Millionen E-Pkw bis 2030 überhaupt noch erreichen zu können, sind kurzfristig zusätzliche Maßnahmen notwendig“, sagte er. So sei eine Reform der Kfz-Steuer sinnvoll, „die im ersten Jahr der Zulassung eines Neuwagens einen Zuschlag für Pkw mit hohen CO2-Emissionen erhebt“.

Die Entscheidung, bei Pkw ab 2035 europaweit keine Verbrenner mehr neu zuzulassen, nannte Messner einen „wichtigen Schritt für den Klimaschutz im Verkehr“. Er gebe Richtungssicherheit für die Transformation der Autoindustrie. Allerdings sei für die Antriebswende jetzt ein schneller und vorauslaufender Ausbau der Ladeinfrastruktur wichtig. E-Fuels hingen sollten „nur dort eine Rolle spielen, wo sich die Verkehrsmittel nicht oder nur schwer elektrifizieren lassen, wie zum Beispiel im Schiffs- und Flugverkehr sowie in speziellen Anwendungen im Straßengüterverkehr“. So weit wie möglich sollten im Straßenverkehr batterie-elektrische Fahrzeuge eingesetzt werden, meinte Messner.

Der Uba-Chef betonte zudem, für die Antriebswende im Verkehrssektor sei „ein schonender Umgang mit den benötigten Ressourcen und eingesetzten erneuerbaren Energien wichtig“. „Statt immer größerer und schwererer Autos sollten diese deutlich effizienter und ressourcenschonender sein“, sagte er. Zudem müsse eine kreislaufwirtschaftsfähige Gestaltung der Fahrzeuge von Anfang an mitgedacht werden.

 

Kommentare (1)

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  • 06.03.24 - 19:03, Gerhard Herres

    Noch günstiger für die Umwelt wäre es, wenn die Treibstoffe nicht als E-Fuel, sondern aus Ölpflanzensamen erzeugt werden, die auf heutigen Wüstenflächen wachsen würden. Schon im Jahr 2009 haben wir ein Projekt durchgerechnet, welches die Produktion von Biotreibstoffen auf heute noch degradierten Flächen und Wüstenflächen betrachtet. Der große Vorteil wäre, dass die Pflanzen zusätzlich zum Öl eine 4-5 fache Menge an CO2 in ihrer Biomasse binden.
    Kein E-Auto holt auch nur ein Gramm CO2 wieder aus der Luft. Jeder Liter Pflanzenöl erzeugt bein Verbrennen etwa 2,5 kg CO2 (Dichte 0,8 kg/dm³). Weil aber das Öl nur ein Drittel der Samenmasse beträgt und diese selbst nur ein Bruchteil der jedes Jahr erzeugten Biomasse in Wurzel, Stamm, Ästen und Blättern darstellt, so wird also bei der Produktion des Pflanzenöls weit mehr CO2 gebunden, als später bei der Verbrennung wieder frei wird. Die Biomasse kann als Baumschnitt oder nach Verkohlung durch Pyrolyse zu Biokohle in den Boden eingebracht werden. Dadurch verbessert man die Wasser- und Nährstoffspeicherfähigkeit des Bodens und somit den jährlichen Ertrag. Nach 20 Jahren kann so ein degradierter Boden wieder extrem fruchtbar gemacht werden und gleichzeitig hat man Milliarden Tonnen CO2 aus der Luft geholt. Selbst wenn ab morgen kein Kohle- und Ölkraftwerk mehr CO2 emmitieren würde, würde der CO2-Anteil in Luft unf Ozeanen nur sehr langsam sinken. Viel zu langsam um die befürchteten Klimafolgen zu vermeiden. Nur eine konsequente Reduzierung des CO2 in der Luft kann uns noch vor einer Welt mit +4° Grad höheren Durchschnitstemperaturen bewahren. Und selbst wenn in Europa ab 2035 kein Autos mit Verbrennungsmotor mehr zugelassen werden, so wird der Rest der Welt nicht so schnell davon ablassen - und die schon zugelassenen Autos laufen noch viele weitere Jahre und emmitieren CO2. Eine Zusammenfassung der Projektstudie wurde bei Telepolis im Herbst 2010 veröffentlicht: https://www.telepolis.de/features/Natuerliches-Geo-Engineering-zur-Rettung-des-Weltklimas-3386383.html
    Die Ursache dafür, dass es bisher nicht durchgeführt wurde, liegt an der fehlenden Finanzierung. Würde man jede Tonne CO2 wie erst jetzt geplant mit 45 Euro belasten und für jede eingesammelte Tonne die Hälfte dieses Betrags an den Plantagenbetreiber auszahlen, könnte er das Pflanzenöl konkurrenzfähig auf dem Weltmarkt verkaufen.
    Was ist uns die Rettung des Klimas wert?

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