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Stromsektor im Jahr 2015

Erneuerbaren-Ausbau stockt

Joschua Katz - energiezukunft.eu/ Isaac Bah, 06.01.16
2015 fiel der Zuwachs der Onshore-Windenergie in Deutschland deutlich schwächer aus als im Vorjahr. Die Ausbauziele der Bundesregierung drohen, das Wachstum in den kommenden Jahren weiter auszubremsen. Bei Photovoltaik und Bioenergie ist diese Entwicklung bereits eingetreten. Beide verfehlten den vorgesehenen Ausbaukorridor deutlich.

Der Ausbau der Windenergie an Land hat im abgelaufenen Jahr einen Dämpfer erhalten. Wurden im Jahr zuvor noch Anlagen mit einer Gesamtleistung von 4750 Megawatt (MW) errichtet, dürfte dieser Wert 2015 nach vorläufigen Berechnungen der Fachagentur Windenergie an Land deutlich gesunken sein. Demnach wurden bis Ende des Jahres in Deutschland Windkraftanlagen mit insgesamt 3,6 Gigawatt Leistung neu installiert – also rund ein Gigawatt weniger als im Rekordjahr 2014. Ähnliche Zahlen verzeichnet die staatliche Bundesnetzagentur.

Der Zubau im Bereich von Biomasse- und Photovoltaikanlagen fiel 2015 derweil deutlich zu niedrig aus. So wurde der politisch gewünschte Wert für die zusätzliche Photovoltaikleistung von 2500 MW klar verfehlt. Der Bundesverband Solarwirtschaft rechnet damit, dass etwa 1400 MW installiert wurden. Nach Angaben der Bundesnetzagentur betrug der Zubau von Biomasseanlagen zur Stromerzeugung im Zeitraum November 2014 bis Ende Oktober 2015 ganze 67 MW. Damit dürfte auch für das Gesamtjahr 2015 das angestrebte Ausbauziel von 100 MW unterschritten worden sein.

Bundesregierung deckelt den Ausbau

Der Geschäftsführer des Bundesverbands Erneuerbare Energie, Hermann Falk, wies erst kürzlich auf den Zusammenhang mit den zuletzt erfolgten Novellierungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) hin. „2012 wurde die Photovoltaik, 2014 die Bioenergie ausgebremst", so Falk. Mit der EEG-Novelle 2016 drohe nun auch dem Ausbau der Windenergie ein drastischer Rückgang. „Der Vorschlag des Bundeswirtschaftsministeriums macht aus dem Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien ein Gesetz, das den Ausbau de facto begrenzt.“

Die Bundesregierung hat für die jeweiligen Technologien Ausbau-Korridore definiert. Für die Windenergie etwa liegt dieser momentan bei um die 2500 MW jährlich – das Repowering alter Anlagen durch neue nicht eingerechnet. Im Jahr 2014 wurde dieser Wert mit 4750 MW deutlich überschritten. Im Bemessungszeitraum der Netzagentur von November 2014 bis Oktober 2015 lag der Zubau bei 3712 MW. Durch das neuerliche Übertreffen des Ausbaukorridors sinkt die Vergütungshöhe für Strom aus Windenergieanlagen an Land zum 1. April 2016 um 1,2 Prozent. Die Pläne der Bundesregierung für das EEG 2016 gehen aber noch weiter: Demnach soll der Windkraft-Ausbau nach der geplanten Umstellung auf Ausschreibungen nur noch bei mindestens 2000 MW liegen – Repowering inklusive. Wie neue energie bereits im November berichtete, sind die Ausbauziele zudem in Gefahr, weil in manchen Regionen deutlich weniger Windkraftprojekte genehmigt werden.

Erneuerbare sind wichtigster Stromlieferant

Ziel der Bundesregierung bei der EEG-Reform sei es, den Anteil Erneuerbarer Energien im Stromsektor bis 2025 auf maximal 45 Prozent zu deckeln, so Falk. „Würden die Pläne des Bundeswirtschaftsministeriums umgesetzt, hieße das nichts anderes, als den Anteil schmutziger fossiler Energieträger bei 55 Prozent im Jahr 2025 zu zementieren.“ Ungeachtet der Versuche der Bundesregierung, den Ausbau erneuerbarer Energien zu begrenzen, haben sie mittlerweile bereits den größten Anteil am deutschen Strommix. Nach vorläufigen Erhebungen  des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) erzeugten regenerative Anlagen im vergangenen Jahr 30 Prozent des Stroms (2014: 25,9 Prozent). Insgesamt stieg laut BDEW die Bruttostromerzeugung im letzten Jahr auf 647,1 Milliarden Kilowattstunden (2014: 627,8 Milliarden), erneuerbare Energien trugen dazu 194,1 Milliarden Kilowattstunden bei (2014: 162,5 Milliarden).

Die Stromerzeugung aus Windenergieanlagen an Land machte davon mit zwölf Prozent (2014: 8,9 Prozent) den größten Anteil am Strommix aus. Hinzu kommen 1,3 Prozent (2014: 0,2 Prozent) aus Offshore-Windenergieanlagen. Photovoltaikanlagen produzierten ebenfalls mehr Strom als im Vorjahr und kamen auf 5,9 Prozent (2014: 5,7 Prozent). Die Stromerzeugung aus Biomasse und Wasserkraft entwickelte sich mit noch 6,8 beziehungsweise drei Prozent dagegen leicht rückläufig.

Joschua Katz - energiezukunft.eu / Isaac Bah

Kommentare (1)

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  • 01.03.16 - 13:43, Falkenhagen J.

    Zu beklagen ist auch das deutliche Ungleichgewicht im Jahr 2015 zwischen EEG-Umlagen (für bestehende Anlagen) und den EEG-„Förderzusagen“ (für neue Anlagen).

    Der Zubau erneuerbarer Energien des Jahres 2015 wurde bislang vor allem in MW und an den 2020er Zielen für den Ausbau der erneuerbaren Energien bemessen. Die Ziele für elektrische Energie müssen wohl übererfüllt werden, um die Ziele für erneuerbare Energien als Teil des Gesamtenergieverbrauchs zu erfüllen.

    Sehr aussagekräftig wäre stattdessen ein Vergleich
    • der im Jahr 2015 von den Stromverbrauchern erhobenen EEG-Umlagen (die in etwa mit den ausgezahlten Förderungen an die bereits betriebenen Anlagen übereinstimmt)
    mit
    • der Summe der zukünftigen Förderungen in der Betriebszeit der 2015 neu in Betrieb gegangenen, EEG-geförderten Anlagen (ggf. auf 2015 abdiskontiert, wobei bei den gegenwärtigen Nullzinsen die Abzinsung keine große Änderung ergibt).

    Hierfür wäre natürlich bestimmte Annahmen zu treffen, etwa zu Zahl der Volllaststunden der neu in Betrieb gegangenen Anlagen und zum Einsetzen der Degression bei Windkraftanlagen.
    Nach der Umstellung auf Ausschreibungen wird es sich tatsächlich um „Förderzusagen“ handeln, bis dahin aber wegen dem Vertrauensschutz im Prinzip genauso.
    Ein weiterer Vergleich könnte auf Ebene der gezahlten Gesamtvergütungen für den erzeugten Strom (also einschließlich des Börsen-Marktwertes) erfolgen, bzw. bei den Neuanlagen für den zu erzeugenden Strom. Diese Berechnung ist noch einfacher, weil sie keine Annahmen für die zukünftige Preisentwicklung voraussetzt.
    Diese Zahl für die Neuanlagen entspricht, vereinfacht betrachtet, der Summe aus Investitionsaufwand, laufenden Kosten und erwarteten Gewinnen der Anlagen. Vermutlich erreichen selbst die reinen Investitionen der Neuanlagen nicht die Höhe der aktuellen EEG-Zahlungen. Die über die Betriebsdauer amortisierten Investitionskosten machen v.a. bei den Solaranlagen den größten Anteil aus.
    Die Schieflage beruht auf dem bekannten Umstand, dass die EEG-Förderung in Deutschland nicht bereits voll im Jahr der Anlagenerrichtung, sondern zeitlich nachgelagert über 20 Jahre verteilt auf die Stromverbraucher umgeschlagen wird (im Fall der Solarförderung auch als „Solarschulden“ bezeichnet).

    Diese Vergleiche würden schnell zeigen, dass in Deutschland momentan wesentlich weniger für neue Anlagen „ausgegeben“ bzw. zugesichert wird, als die Fördersumme, mit der bestehende Zusagen für früher installierte Bestandsanlagen eingelöst werden,. Mit anderen Worten, die „Solarschulden“ u.a. in Form des Investitionskosten der Bestandsanlagen werden sukzessive zu Lasten der Stromverbraucher abbezahlt.
    Im Gegensatz zur „schwarzen Null“ im Bundeshaushalt und bestehenden Unterdeckungen in der Sozialversicherung findet also im Bereich der erneuerbaren Energien eine „Schuldentilgung“ in großem Ausmaß statt.
    Gleichzeitig bauen die fossilen Energien ihre „Schulden“ in Form von in der Atmosphäre abgelagerten CO2 ständig aus.

    Wird dieser Umstand stärker hervorgehoben, kann dies
    • den Gedanken, dass es eine Balance zwischen EEG-Ausgaben für Altanlagen und mit den neuen Investitionen verbundenen Förderzusagen geben könnte bzw. sollte, betonen,
    • würde die aktuellen EEG-Zahlungen relativieren (es sind insoweit „Altlasten“ aus der Zeit von Gabriel und Röttgen als Umweltminister),
    • das Bewusstsein stärken, jetzt mehr für die erneuerbaren Energien zu tun und sich das auch leisten zu können, ungeachtet der aktuellen Höhe der EEG-Umlage;
    • konjunkturelle Argumente besser nutzbar machen („ausgeglichener Sonderhaushalt“ statt Rückführung, Investitionen stützen Nachfrageentwicklung).

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