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Klimawandel

Lebensgefahr durch Hitzewellen

Joachim Wille, 16.07.15
Extrem hohe Temperaturen und starke Schwankungen innerhalb kurzer Zeit treten immer häufiger auf. Das ist besonders für ältere und chronisch kranke Menschen gefährlich, wie eine aktuelle Studie zeigt. Forscher rechnen damit, dass das Problem mit fortschreitendem Klimawandel noch wachsen wird – und fordern Gegenmaßnahmen.

Eine neue Hitzewelle ist im Anrollen. Am Freitag sind laut Wettervorhersage zumindest im Südwesten der Republik wieder bis zu 38 Grad drin – nicht ganz, aber fast so heiß wie am vorletzten Wochenende. Damit werden Erinnerungen an den „Super-Sommer“ im Jahr 2003 wach – gute und schlechte. Sonne satt, lange warme Abende im Biergarten, Mittelmeer-Feeling, und das sechs Wochen lang. Aber es gab auch negative Folgen. Viele, vor allem ältere und kranke Menschen litten unter den Temperaturen, die in den Städten auch nachts nicht unter 25 Grad sanken. In Deutschland starben rund 3500 Menschen vorzeitig an den Folgen der extremen Temperaturen, europaweit waren es 70.000.

Der Trend zu höheren Temperaturen, mehr Hitzewellen und extremen Temperaturschwankungen innerhalb kurzer Zeit bedeutet ein höheres Gesundheitsrisiko, insbesondere für Menschen mit Herzkrankheiten. Überdurchschnittlich lange und ausgeprägte Hitzewellen sind laut einer jetzt veröffentlichten Studie des Deutschen Wetterdienstes (DWD) mit höheren Todesfall-Zahlen verknüpft. Analysiert wurden dafür die Jahre 2000 bis 2010. Besonders betroffen sind ältere Menschen oder Personen, die an bestimmten chronischen Krankheiten leiden. Eine Auswertung zum Sommer 2015 liegt noch nicht vor. Auftraggeber der Studie war das Umweltbundesamt (Uba).

Hitzeperioden belasten vor allem das Herz-Kreislauf-System stark. Die Studie zeigt etwa, dass die Sterblichkeit bei Menschen mit koronaren Herzkrankheiten – zum Beispiel Angina Pectoris – während Hitzewellen um durchschnittlich zehn bis 15 Prozent anstieg. Und die Gefahr für die Gesundheit dürfte zunehmen. „In Zukunft erwarten wir bei fortschreitendem Klimawandel noch mehr, längere und intensivere Hitzewellen in Deutschland“, sagte dazu DWD-Vizepräsident Paul Becker. Bis zum Ende des Jahrhunderts könne dies zu einer drei- bis fünffach höheren hitzebedingten Sterblichkeit bei koronaren Herzkrankheiten führen – falls es nicht gelingt, sich auf die extremen Temperaturen besser einzustellen.

Besonders der Süden und der Westen Deutschlands sind betroffen

Besonderen Gesundheitsstress bringen laut der Studie Tage mit starken Temperaturschwankungen und rasche Temperaturveränderungen im Vergleich zum Vortag. „Solche Tage werden in einem zukünftigen Klima häufiger auftreten“, sagte Uba-Präsidentin Maria Krautzberger. Daher sei es wichtig, sich auf den Klimawandel einzustellen. Zu den Vorsorgemaßnahmen zählten neben guter Vorwarnung eine bessere Vorbereitung im Gesundheitswesen oder ein ökologischer Stadtumbau, zum Beispiel die Beseitigung von „Wärmeinseln“ in den Kommunen durch Begrünung. Uba und DWD rechnen damit, dass die Belastungen für die Gesundheit in den heute bereits sehr warmen Gebieten im Süden und Westen Deutschlands am stärksten ansteigen werden.

Eine aktuelle Analyse der jüngsten Hitzewelle in Mittel- und Westeuropa von Anfang Juli zeigte, dass die Wahrscheinlichkeit für ein solch extremes Ereignis inzwischen etwa doppelt so hoch ist wie noch um 1950. Eine Gruppe britischer, niederländischer und französischer Forscher arbeiteten dafür mit einem Computermodell, das ein Wetterereignis in einer Atmosphäre ohne und mit erhöhtem Treibhausgas-Niveau simulieren kann. „Die Hitzewelle, wie wir sie gerade hatten, lässt sich dabei nur nachvollziehen, wenn man die Klimagase mit berücksichtigt“, erläuterte Robert Vautard, einer der führenden Klimaforscher Frankreichs und Mitautor der Studie. Das gebe eine Vorstellung davon, „wie unsere Sommer in Zukunft aussehen werden“.

Eine der Städte neben Paris, Madrid und Zürich, die die Experten für die Untersuchung analysierten, war das baden-württembergische Mannheim. Die dort aufgetretene Hitze hätte um 1900 als „Jahrhundert-Ereignis“ gegolten. Inzwischen müsse man alle 15 Jahre damit rechnen, so die Forscher.

Informationen über drohende Hitzewellen liefert das Warnsystem des Deutschen Wetterdienstes. Es ist im Internet und als Wetter-App verfügbar.

 

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