Anzeige
Divestment

Kohle verliert weiteren Großinvestor

Clemens Weiß – energiezukunft.eu, 25.11.15
Die Allianz-Versicherung will ihre Investitionen aus der Kohleindustrie abziehen, kündigte das Unternehmen überraschend an. Stattdessen setzt der Versicherer nun auf Windkraft.

„Die Allianz steigt aus der Kohle aus. Wir werden nicht mehr in Bergbau- und Energieunternehmen investieren, die mehr als 30 Prozent ihres Umsatzes beziehungsweise ihrer Energie-Erzeugung aus Kohle generieren“, erklärte Allianz-Chefinvestor Andreas Gruber den Schritt im Interview mit dem ZDF-Magazin Frontal21. In den kommenden sechs Monaten will der Versicherer die Aktien von diesen Firmen verkaufen. Zudem werden Anleihen im Kohlebereich nicht verlängert. Laut Branchenkennern handelt es sich um ein Finanzvolumen von vier Milliarden Euro, der größte Teil davon in Anleihen.

Damit stellt sich der Konzern seiner Verantwortung als größter Versicherer und einer der fünf größten Finanzinvestoren der Welt. In den vergangenen Jahren hatte es große Kritik an den klima- und umweltschädlichen Investitionen der Allianz gegeben. Im Vorfeld der UN-Klimaverhandlungen in Paris startete die deutsche Umweltorganisation Urgewald mit „Paris Pledge“ eine große Divestment-Kampagne. Offenbar mit Erfolg, denn die Allianz orientiert sich bei ihrem Beschluss an dem Divestment-Ansatz von Urgewald und dem Norwegischen Pensionsfonds. Dieser hatte als größter staatlicher Fonds der Welt bereits vor einigen Monaten auch auf Druck der Öffentlichkeit eine Divestment-Strategie zum Ausstieg aus der Kohlefinanzierung beschlossen.

Zeichen auch an die Finanzmärkte

„Wir wollen damit die Verhandlungen auf dem Klimagipfel in Paris im Dezember unterstützen, aber auch ein Zeichen setzen an unsere Branche und an die Kapitalmärkte“, begründete Gruber den Schritt der Allianz. Gleichzeitig kündigte er an, die Investitionen von bereits zwei Milliarden Euro in die Windenergie in den kommenden Jahren zu verdoppeln. „Hier erwarten wir eine Rendite von fünf bis sechs Prozent für unsere Kunden.“ Insgesamt verwaltet der größte Versicherer der Welt etwa 2000 Milliarden Euro, die größtenteils aus Rücklagen für die Altersversorge stammen.

Die Entscheidung hat jedoch auch wirtschaftliche Gründe: Aufgrund des Klimawandels hat die Kohleindustrie vor allem in den Industriestaaten keine vielversprechende Zukunft vor sich. Experten befürchten zudem das Platzen einer Kohlenstoffblase, weil die Konzerne fossile Reserven bereits als Gewinne bilanziert haben. Es müssten jedoch 80 Prozent der Kohle ungenutzt bleiben um die Erderwärmung ausreichend einzudämmen.

Dennoch zeigt sich Katrin Ganswindt, Kohle-Expertin bei Urgewald, zufrieden „Die Allianz zeigt, dass sie nach Jahren der Kritik gegen ihr Kohlegeschäft doch lernfähig ist. Das nun verkündete Divestment ist, wenn es konsequent umgesetzt wird, ein riesiger Schritt mit Vorbildfunktion für die gesamte Finanzbranche. Besonders freut uns, dass die Allianz ihren Schritt nicht nur mit finanziellen Argumenten gegen das Hochrisikogeschäft Kohle begründet, sondern auch mit Maßnahmen für den Klimaschutz.“.

Deutsche Bank unter Druck

Bereits im Mai hatte der französische Allianz-Konkurrent Axa angekündigt, ein Kohle-Divestment in Höhe von 500 Millionen Euro umzusetzen. Dass auch der größte Staatsfonds der Welt aus Norwegen und der größte Versicherer der Welt ihre Investitionen abziehen, „setzt nicht nur die Finanzplaner der Kohlekonzerne unter Druck, sondern sorgt zudem für einen immer weiter sinkenden Ruf der Kohle als Investitionsobjekt“, erklärt Urgewald-Geschäftsführerin Heffa Schücking. Der nun umgesetzte Divestment-Ansatz der Allianz sehe nicht nur Schwellenwerte für den Umsatz vor, sondern gelte auch für die Stromproduktion. Außer Minenbetreiber träfen die Divestment-Strategien also auch große Kohlestromerzeuger wie RWE und Vattenfall.

Nun steht vor allem die Deutsche Bank als größter deutscher Kohle-Finanzierer im Blickpunkt. Die Großbank wehrt sich weiterhin standhaft, die massiven Folgen für Umwelt und Klima und die schwindende finanzielle Perspektive anzuerkennen. Eine von Urgewald vorgestellte Studie, die den Zeitraum von 2010 bis 2015 betrachtet, belegt zudem, dass die Deutsche Bank mit 3,3 Milliarden Euro der größte deutsche Finanzierer der klimaschädlichen Braunkohle in Europa ist, gefolgt von der Commerzbank mit 3,1 Milliarden und der Bayrischen Landesbank mit 830 Millionen Euro. Besonders RWE profitiert laut der Urgewald-Studie von der Finanzierung der Banken enorm, gefolgt von Vattenfall und dem tschechischen Kohle-Konzern CEZ.

Ausstieg mit Schönheitsfehler

Auch der Ausstieg der Allianz hat allerdings einen Makel: Die Kreditversicherungen der Konzerntochter Euler Hermes sind davon nicht betroffen, wie ein Allianz-Unternehmenssprecher der Umweltorganisation Greenpeace auf Anfrage mitteilte. Laut einer Studie der Organisation Oil Change International und des Overseas Development Institutes belief sich in den Jahren 2013 und 2014 allein die internationale Kohle-Finanzierung von Euler Hermes auf über eine Milliarde Dollar.

„Ohne einen Kohleausstieg bei Hermes behält das neue grüne Kleid der Allianz einen hässlichen schwarzen Fleck“, sagt Greenpeace-Energieexperte Tobias Münchmeyer. Glaubwürdig werde die neue Ausrichtung der Allianz erst, wenn auch die Kreditbürgschaften für Kohle-Vorhaben bei Euler Hermes gestoppt würden.

 

Clemens Weiß – energiezukunft.eu

Kommentare (0)

Kommentar verfassen»

Kommentar verfassen

Anzeige
Anzeige