Neue Studie

Potenzial von CO₂-Speicherung (CCS) doch geringer als angenommen

Carbon Capture and Storage (CCS) gilt vielen als probates Mittel, um das CO₂-Problem zu lösen. Nun haben Forschende ermittelt, dass die Treibhausgas-Menge, die mit dieser Methode entsorgt werden könnte, weitaus kleiner ist als gedacht.
Von:  Bernd Skischally
03.11.2025 | 6 Min.
Erschienen in: Ausgabe 11/2025
CCS im Einsatz: Leitung für verflüssigtes und bei der Kohleverbrennung abgetrenntes CO₂.
CCS im Einsatz: Leitung für verflüssigtes und bei der Kohleverbrennung abgetrenntes CO₂.
Foto: Georg Ismar, dpa, Picture-Alliance

Die Idee, Kohlendioxid (CO2) direkt dort aus der Luft abzuscheiden, wo es entsteht, und andernorts sicher loszuwerden, ist auf den ersten Blick attraktiv – und in den Debatten um den Klimaschutz deshalb immer mehr in den Fokus gerückt. Carbon Capture and Storage (CCSSteht für Carbon Capture and Storage: das Einfangen und dauerhafte Einlagern von CO2. Beim verwandten CCU dient das eingefangene CO2 als Rohstoff für Produkte.Steht für Carbon Capture and Storage: das Einfangen und dauerhafte Einlagern von CO2. Beim verwandten CCU dient das eingefangene CO2 als Rohstoff für Produkte.), so der Name des Verfahrens, erschien vor allem jenen Industrien als Mittel der Wahl auf dem Weg zu Netto-Null-Emissionen, die nicht oder nur sehr bedingt fossilfrei produzieren können – allen voran Zement, Stahl und Chemie. Doch sie müssen wohl umdisponieren, denn eine aktuelle Studie, die unlängst im Fachjournal Nature erschienen ist, beziffert das theoretische Potenzial der CO2-Speicherung wesentlich geringer als bislang angenommen.

Frühere Studien blendeten viele Faktoren aus

Forschende des International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA) in Laxenburg, Österreich, und weiterer Fachinstitute kommen in der Untersuchung zu dem Ergebnis, dass nicht etwa viele Tausend Gigatonnen (Gt) CO2 risikofrei im Erd- und Meeresboden gespeichert werden können, sondern nur rund 1460 Gt. Das Forschungsteam hat zahlreiche Faktoren berücksichtigt, die in früheren Studien oft ausgeblendet wurden: geologische Risiken, Erdbebengefährdung, potenzielle Verschmutzung von Trinkwasser, Landnutzungskonflikte, soziale Aspekte sowie Eigentums- und Rechtsunsicherheiten.

Zudem berechnen die Autorinnen und Autoren der Studie, dass selbst bei maximaler Nutzung dieser Speicherkapazität allenfalls 0,7 Grad Erwärmungsminderung die Folge wären. Das heißt: CCSSteht für Carbon Capture and Storage: das Einfangen und dauerhafte Einlagern von CO2. Beim verwandten CCU dient das eingefangene CO2 als Rohstoff für Produkte.Steht für Carbon Capture and Storage: das Einfangen und dauerhafte Einlagern von CO2. Beim verwandten CCU dient das eingefangene CO2 als Rohstoff für Produkte. kann nicht die Hauptlast tragen im Kampf gegen die Klimakrise, sondern im besten Fall nur ein begrenztes Zusatzinstrument sein. „Die Speicherung von Kohlenstoff über Jahrhunderte bis Jahrtausende in geologischen Formationen wird erforderlich sein, wenn die Welt die Ziele des Pariser Klimaabkommens erreichen will“, heißt es in der CCSSteht für Carbon Capture and Storage: das Einfangen und dauerhafte Einlagern von CO2. Beim verwandten CCU dient das eingefangene CO2 als Rohstoff für Produkte.Steht für Carbon Capture and Storage: das Einfangen und dauerhafte Einlagern von CO2. Beim verwandten CCU dient das eingefangene CO2 als Rohstoff für Produkte.-Studie. Die Neueinschätzung als „begrenzte generationsübergreifende Ressource“, schreiben die Forschenden weiter, habe aber mutmaßlich massive Auswirkungen auf CO2-Minderungsstrategien und erfordere klare Entscheidungen über die Prioritäten für die Nutzung der unterirdischen Speicher.

Lob für realistische Schätzungen zu CCSSteht für Carbon Capture and Storage: das Einfangen und dauerhafte Einlagern von CO2. Beim verwandten CCU dient das eingefangene CO2 als Rohstoff für Produkte.Steht für Carbon Capture and Storage: das Einfangen und dauerhafte Einlagern von CO2. Beim verwandten CCU dient das eingefangene CO2 als Rohstoff für Produkte.-Potenzial

Die Neubewertungen stoßen in der Fachwelt auf gemischte Reaktionen. Einige Expertinnen und Experten loben den methodischen Mut, bislang vernachlässigte Beschränkungen systematisch zu berücksichtigen. So betont Stuart Haszeldine, Professor für Carbon Capture and Storage und Senior Research Fellow der Royal Academy of Engineering am Imperial College London, dass solche „Herunterstufungen der Schätzungen“ im Ressourcensektor nicht ungewöhnlich seien. Zugleich warnte er davor, dass die neue Studie wichtige Details auf Lokalebene nicht ausreichend beleuchten könne. „Dies ist eine wertvolle und zeitgemäße Studie, die eine realistische Schätzung des geologischen Speicherpotenzials quantifiziert“, lobt hingegen Naomi Vaughan, Professorin für Klimawandel an der University of East Anglia. „Die vorsichtigere Schätzung der weltweiten CO2-Speicherkapazität wirft wichtige Fragen für Regierungen und die globale Gemeinschaft auf – nämlich, wie die Ressource in den kommenden Jahrzehnten genutzt werden soll, um Netto-Null zu erreichen.“

Andere Fachleute warnen ebenso wie die Autoren der Nature-Studie, dass sich die Reduktion der prognostizierten Speicherkapazität auf die strategische Rolle von CCSSteht für Carbon Capture and Storage: das Einfangen und dauerhafte Einlagern von CO2. Beim verwandten CCU dient das eingefangene CO2 als Rohstoff für Produkte.Steht für Carbon Capture and Storage: das Einfangen und dauerhafte Einlagern von CO2. Beim verwandten CCU dient das eingefangene CO2 als Rohstoff für Produkte. auswirken müsse: CCSSteht für Carbon Capture and Storage: das Einfangen und dauerhafte Einlagern von CO2. Beim verwandten CCU dient das eingefangene CO2 als Rohstoff für Produkte.Steht für Carbon Capture and Storage: das Einfangen und dauerhafte Einlagern von CO2. Beim verwandten CCU dient das eingefangene CO2 als Rohstoff für Produkte. dürfe nicht länger als „unbegrenzte Option“ gelten, sondern müsse als begrenzter Schatz behandelt werden, dessen Einsatz sorgsam priorisiert werden muss. In einem Gastbeitrag bei Carbon Brief kritisieren die Klimaforscher Matthew Gidden und Joeri Rogelj, dass viele Klimapolitiker das Potenzial der CO2-Speicherung viel zu optimistisch bewertet hätten. Obwohl viele Zukunftsszenarien große Mengen Kohlendioxid als zu speichernd voraussetzen, berücksichtigen sie nicht die Risiken und Beschränkungen, die eine Umsetzung einschränken.

Bundesregierung beschloss Gesetzentwurf zu CCSSteht für Carbon Capture and Storage: das Einfangen und dauerhafte Einlagern von CO2. Beim verwandten CCU dient das eingefangene CO2 als Rohstoff für Produkte.Steht für Carbon Capture and Storage: das Einfangen und dauerhafte Einlagern von CO2. Beim verwandten CCU dient das eingefangene CO2 als Rohstoff für Produkte. und CCU

Erst im August hat die Bundesregierung den Gesetzentwurf zur Änderung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes beschlossen. Das Gesetz soll die Anwendung von CCSSteht für Carbon Capture and Storage: das Einfangen und dauerhafte Einlagern von CO2. Beim verwandten CCU dient das eingefangene CO2 als Rohstoff für Produkte.Steht für Carbon Capture and Storage: das Einfangen und dauerhafte Einlagern von CO2. Beim verwandten CCU dient das eingefangene CO2 als Rohstoff für Produkte. und Carbon Capture and Utilization (CCU) – die Abscheidung von Kohlendioxid insbesondere aus Verbrennungsabgasen und dessen anschließende Verwendung etwa zur Herstellung von Chemikalien oder Energieträgern/E-FuelsSynthetische Kraftstoffe (daher auch Synfuels genannt), die mithilfe von Strom aus Wasser und CO2 erzeugt werden.Synthetische Kraftstoffe (daher auch Synfuels genannt), die mithilfe von Strom aus Wasser und CO2 erzeugt werden. – sowie den Transport und die Speicherung von CO2 ermöglichen.

Wir brauchen diese Technologie für unsere Wettbewerbsfähigkeit.“ Katherina Reiche, Bundeswirtschaftsministerin
Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) bezeichnet das Gesetz als „wichtigen Meilenstein für die Industrie“. Es sei etwa für die Zementherstellung entscheidend, bei der Prozessemissionen entstehen, die anders nicht vermieden werden können. „Wir brauchen diese Technologie für unsere Wettbewerbsfähigkeit“, sagt Reiche. Ihr Vorgänger Robert Habeck (Grüne) bewertete CCSSteht für Carbon Capture and Storage: das Einfangen und dauerhafte Einlagern von CO2. Beim verwandten CCU dient das eingefangene CO2 als Rohstoff für Produkte.Steht für Carbon Capture and Storage: das Einfangen und dauerhafte Einlagern von CO2. Beim verwandten CCU dient das eingefangene CO2 als Rohstoff für Produkte. und CCU ähnlich: Ohne die beiden Verfahren seien die Klimaziele nicht zu erreichen. „Ein Verzicht darauf würde uns Wettbewerbsnachteile verschaffen und uns teuer zu stehen kommen.“

Kritik an CCSSteht für Carbon Capture and Storage: das Einfangen und dauerhafte Einlagern von CO2. Beim verwandten CCU dient das eingefangene CO2 als Rohstoff für Produkte.Steht für Carbon Capture and Storage: das Einfangen und dauerhafte Einlagern von CO2. Beim verwandten CCU dient das eingefangene CO2 als Rohstoff für Produkte. kommt von Umweltverbänden

Bei Umweltverbänden steht CO2-Speicherung statt Dekarbonisierung dagegen schon lange in der Kritik. „Für die Öl- und Gaskonzerne wäre Deutschlands Einstieg in eine CCSSteht für Carbon Capture and Storage: das Einfangen und dauerhafte Einlagern von CO2. Beim verwandten CCU dient das eingefangene CO2 als Rohstoff für Produkte.Steht für Carbon Capture and Storage: das Einfangen und dauerhafte Einlagern von CO2. Beim verwandten CCU dient das eingefangene CO2 als Rohstoff für Produkte.-Wirtschaft sehr profitabel. Für Ökosysteme, Gesundheit und Klima entstünden jedoch unkalkulierbare und generationsübergreifende Risiken“, warnt etwa der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Die Bundesregierung stelle hinsichtlich CCSSteht für Carbon Capture and Storage: das Einfangen und dauerhafte Einlagern von CO2. Beim verwandten CCU dient das eingefangene CO2 als Rohstoff für Produkte.Steht für Carbon Capture and Storage: das Einfangen und dauerhafte Einlagern von CO2. Beim verwandten CCU dient das eingefangene CO2 als Rohstoff für Produkte. „die völlig falschen Weichen“ und damit einen Freibrief für ungebremsten CO2-Ausstoß aus. „Industrie, Kraftwerke, Raffinerien können damit auf Jahrzehnte weiter Gas und Öl nutzen, statt in die Elektrifizierung zu investieren und auf erneuerbare Energien zu setzen. So wird die Energiewende ausgebremst.“

Drei mögliche Verfahren für eine CO2-Abspaltung und Speicherung

Um die Risiken besser zu verstehen, lohnt ein Blick auf die unterschiedlichen CCSSteht für Carbon Capture and Storage: das Einfangen und dauerhafte Einlagern von CO2. Beim verwandten CCU dient das eingefangene CO2 als Rohstoff für Produkte.Steht für Carbon Capture and Storage: das Einfangen und dauerhafte Einlagern von CO2. Beim verwandten CCU dient das eingefangene CO2 als Rohstoff für Produkte.-Methoden, wobei das Kohlendioxid in allen Fällen an der Quelle eingefangen wird, also direkt dort, wo es entsteht – etwa in Zementfabriken, Stahlwerken oder Gaskraftwerken. Relevant sind vor allem drei Hauptmethoden:

  • Post-Combustion Capture: CO2 wird aus dem Abgas herausgefiltert, meist mit chemischen Lösungsmitteln
  • Pre-Combustion Capture: Brennstoffe wie etwa Erdgas werden vor der Verbrennung in ein Gasgemisch umgewandelt, aus dem CO2 abgetrennt wird
  • Oxyfuel-Verfahren: die Verbrennung erfolgt in reinem Sauerstoff statt in Luft, sodass fast ausschließlich CO2 und Wasserdampf entstehen, die sich leicht voneinander trennen lassen

Nach der Abscheidung wird das CO2 verflüssigt und transportiert – meist durch Pipelines, seltener per Schiff oder Lkw. Ähnlich wie bei Erdgasnetzen existiert in manchen Regionen bereits eine geeignete Infrastruktur oder wird gerade aufgebaut.

Am Ende wird das CO2 in geologische Formationen tief unter die Erdoberfläche verbracht, typischerweise in ausgeförderte Erdöl- oder Erdgaslagerstätten, salzwasserführende Gesteinsschichten oder in seltenen Fällen in nicht abbaubare Kohleflöze. In 800 bis 3000 Meter Tiefe wird das CO2 durch den hohen Druck verflüssigt und bleibt in porösem Gestein unter einer undurchlässigen Deckschicht eingeschlossen.

Schäden für Wasser und Böden durch CSS möglich

„Millionen Tonnen CO2 mit Beimischungen aus dem Industrieabgas in Meeresböden oder tiefe Gesteinsschichten an Land zu pressen, ist ein massiver Eingriff in die Natur“, betonen die Umweltschützer von BUND und warnen: „Das mit hohem Druck verpresste CO2 verdrängt salziges Porenwasser im Gestein. Durch die Ausbreitung des Drucks kann in einem Umkreis bis zu 100 Kilometer das Grundwasser versalzen oder mit Schwermetallen kontaminiert und so für die Trinkwassergewinnung und die Landwirtschaft unbrauchbar werden. Auch die Böden können geschädigt werden.“

Ungeachtet der jüngsten wissenschaftlichen Erkenntnisse sind nach Berechnungen der Internationalen Energieagentur (IEA) 2025 weltweit mehr als 50 Millionen Tonnen CO2-Abscheide- und Speicherkapazitäten in Betrieb gegangen, etwas mehr als im Vorjahr. Bis 2030 könnte laut IEA die Abscheidungskapazität rund 430 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr erreichen, die Speicherkapazität rund 670 Millionen Tonnen. „Die Branche legt den Schwerpunkt eher auf die Weiterführung bestehender Projekte als auf die Planung neuer Projekte“, heißt es vonseiten der IEA. Und dennoch: „Wenn alle derzeit im Bau befindlichen Anlagen fertig werden, verdoppelt sich die aktuelle CCSSteht für Carbon Capture and Storage: das Einfangen und dauerhafte Einlagern von CO2. Beim verwandten CCU dient das eingefangene CO2 als Rohstoff für Produkte.Steht für Carbon Capture and Storage: das Einfangen und dauerhafte Einlagern von CO2. Beim verwandten CCU dient das eingefangene CO2 als Rohstoff für Produkte.-Kapazität nahezu.“

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