Wenn Kraftwerke oder Fabriken in Europa CO2 erzeugen, kostet das Geld – sie müssen dafür Emissions-Zertifikate kaufen. Warum sollte nicht das gleiche für das zweitwichtigste Treibhausgas gelten, für Methan? Dieser Frage widmet sich eine neue Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) und schlägt ein Modell vor, um zumindest die Methan-Emissionen aus dem Gassektor stärker zu regulieren.
Das Klimagas entsteht vor allem in der Öl- und Gasindustrie und in der industriellen Landwirtschaft. Es hat einen deutlich stärkeren Treibhauseffekt als CO2 (bis zu 85-fach), bleibt aber weniger lang in der Atmosphäre (Jahre statt Jahrhunderte). Im Mai hat deshalb ein UN-Bericht dazu aufgerufen, sich beim eher kurzfristigen Klimaschutz auf die Methan-Vermeidung als wirksamsten Hebel zu konzentrieren. Die UN-Experten halten eine Reduzierung um 45 Prozent bis 2030 für möglich.
USA und EU geben Methan-Versprechen
Ein Stück niedriger setzen die US-Regierung und die EU-Kommission ihre Ambitionen an. Sie haben Mitte September einen freiwilligen „Global Methane Pledge“ gestartet. Die Teilnehmer sollen sich dem Ziel verpflichten, die globalen Methan-Emissionen bis 2030 um mindestens 30 Prozent gegenüber dem Wert von 2020 zu senken. Falls das gelinge, reduziere es die Erderhitzung bis 2050 um wenigstens 0,2 Grad Celsius. Formell soll die Initiative beim internationalen Klimagipfel Anfang November in Glasgow starten. Ihre Unterstützung signalisiert hätten bislang Argentinien, Ghana, Indonesien, Irak, Italien, Mexiko und Großbritannien. Zusammen sei damit bereits ein Fünftel der weltweiten Methan-Emissionen abgedeckt.
Die EU-Kommission hat Ende 2020 eine Methanstrategie vorgestellt und arbeitet derzeit an der Umsetzung. Die Strategie konzentriert sich vor allem auf eine bessere Messung der Emissionen, möglicherweise sollen sie im Energiesektor auch sanktioniert werden. Hier setzt der Vorschlag des FÖS an: Methan-Emissionen, die durch Austritte bei der Förderung und dem Transport von Erdgas entstehen, sollen in der EU genau wie CO2 einen Preis bekommen.
Immer höherer Preis, immer strengerer Standard
Da der Großteil des europäischen Gasverbrauchs aus dem Ausland stammt, müsse das auch für Importe gelten. Möglich sei etwa eine Steuer an der Grenze oder eine Abgabe, die erst beim Verbrauch erhoben wird. Als dritte Möglichkeit könnte Methan in den europäischen Handel mit CO2-Zertifikaten integriert werden, falls der Preis – wie von der Kommission vorgeschlagen – über einen Grenzausgleich künftig auch für Importeure anfällt. Die Höhe des Methan-Preises könnte bei einem Start im Jahr 2025 – umgerechnet in CO2-Äquivalente – 25 Euro je Tonne betragen und bis 2035 auf 220 Euro ansteigen. Zur Sicherheit schlagen die Autorinnen vor, zusätzlich einen Standard zur Methan-Intensität des importierten Gases einzuführen, der mit der Zeit strenger wird.
In Auftrag gegeben wurde die FÖS-Studie von der Deutschen Umwelthilfe, die Erdgas als Energieträger aus Klimaschutzgründen äußerst kritisch sieht und sich etwa gegen die umstrittene Pipeline Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland einsetzt.