Wenn es nach einer Reihe innovativer Pioniere der Energiewende geht, strömt aus der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) in der Nordsee, dem sogenannten Entenschnabel nordwestlich von Helgoland, bald grüner Wasserstoff durch eine Pipeline nach Niedersachsen. Zwei dafür essenzielle Zutaten sind draußen auf See in rauen Mengen vorhanden: Wind und Wasser. Die dritte aber muss Berlin liefern: den politischen Willen. Und wann der nicht nur bekundet wird, sondern sich materialisiert – das weiß momentan niemand. Die Idee ist technisch bestechend. Offshore-Windparks in der Nordsee erzeugen Strom, der nicht durch ein Seekabel ans Festland fließt, sondern vor Ort einen Elektrolyseur versorgt. Der macht aus entsalztem Meerwasser grünen Wasserstoff. Anschließend strömt das kostbare Gas durch eine Pipeline an Land. Das hybride Anbindungskonzept könnte den Strommarkt entlasten und zugleich den geplanten Wasserstoffhochlauf befeuern. So weit die Theorie der Win-win-Lösung. Um sie in die Praxis umzusetzen, braucht es jedoch einen regulatorischen Rahmen. Im Koalitionsvertrag heißt es zwar, man werde das Windenergie-auf-See-Gesetz anpassen, sodass solche hybriden Anbindungen möglich sind. Die Gesetzesnovelle lässt aber weiterhin auf sich warten. Man müsse das Thema „erst mit der EU abstimmen“, heißt es vonseiten des Bundeswirtschaftsministeriums.
Ein Bündnis aus sieben Branchenverbänden und der IG Metall Küste – der sogenannte Wasserstoffachter – hat deshalb ein Positionspapier nach Berlin geschickt und macht Druck. Gefordert werden klare Weichenstellungen wie „die Festlegung von Flächen in den Zonen 4 und 5 der AWZ, die zur Strom- und Wasserstoffproduktion offshore genutzt werden können und die in räumlicher Nähe zur Pipeline Aquaductus liegen“. Parallel hatte der Förderverein Aquaventus berechnet, dass hybride Anschlusslösungen im Entenschnabel den Betreibern der dortigen Windparks Einsparungen von bis zu 31 Milliarden Euro über eine angenommene Lebensdauer der Anlagen von 25 Jahren einbrächten – kein Pappenstiel. Hinzu kommt: „Kombinierte Anschlüsse sind nicht nur effizienter, sie schaffen überdies mehr Flexibilität im Gesamtsystem, indem sie den Druck auf die Stromnetze senken“, erläutert Christian Schneller, einer der Autoren der von Aquaventus beauftragten Studie.
Pilotprojekt in Planung
„Die Netzanbindung der Parks ans Festland ist ein Engpass, der den Ausbau der Offshore-Windenergie stark einschränkt“, sagt Andreas Wellbrock, Geschäftsführer der Projektgesellschaft North H2. Gemeinsam mit dem Konsortium Deutsche Offshore-Testfeld und Infrastruktur (Doti) sowie der Stiftung Offshore-Windenergie plant er den Bau eines Zehn-Megawatt-Elektrolyseurs im Windpark Alpha Ventus – ein Pilotprojekt, das Industrie und Politik als Modell für künftige Offshore-Flächennutzungen dienen soll. „Wir werden den Park nicht mit einem Kabel ans Stromnetz anschließen, sondern den Strom direkt auf See für die Wasserstoffproduktion nutzen“, insistiert Wellbrock mit Blick nach Berlin.