Wärmepumpe einbauen? Nichts einfacher als das für Handwerksbetriebe, die auf Sanitär, Heizung und Klima SHK spezialisiert sind. Das SHK-Team nutzt eine Augmented-Reality-App mit Virtual-Reality-Brille, um sich einen Überblick über das Objekt zu verschaffen. Raummaß, Versorgungsleitungen und benötigte Komponenten werden angezeigt. Auf Basis dieser Informationen spuckt eine Software das Angebot aus. Nach Freigabe wendet sich der Betrieb an sein Netzwerk: Wer gießt das Fundament, wer übernimmt die elektrischen Arbeiten, wer regelt die Entsorgung auf der Baustelle? Der Wärmepumpenhersteller liefert vorinstallierte Komponenten direkt an die Kundenadresse; ein Lieferservice bringt Material und Werkzeug aus dem Baumarkt. Jeder Griff der Handwerker sitzt, die Wärmepumpe kann den Betrieb aufnehmen.
Schön wär’s. Die Realität sieht anders aus: Zurzeit fehlen in SHK-Betrieben rund 60.000 Fachkräfte, um mit dem Einbau von Wärmepumpen und deren Wartung das Gelingen der Wärmewende zu sichern. 500.000 Pumpen sollen pro Jahr gegen Öl- und Gasheizungen ausgetauscht werden – so weit der Plan. Doch die Eigentümer zeigen wenig Interesse; bundesweit gehen die Anfragen zurück. Das liegt nicht nur an den Wartezeiten aufgrund des Fachkräftemangels, sondern auch an den Kosten. Derzeit ist der Einbau einer Wärmepumpe dreimal so teuer wie der eines Gaskessels. Noch. Denn es tut sich was, Stichwort: Wespe.
Dreijähriges Forschungsprojekt soll Effizienz in Betrieben steigern
Beim vom BMWE geförderten Projekt Wärmepumpen-Einbau schneller, produktiver und effizienter Wespe kooperieren die Fraunhofer-Institute für Solare Energiesysteme ISE und Bauphysik IBP mit der Firma Hans Schramm. Weitere Projektpartner sind der Zentralverband Sanitär Heizung Klima ZVSHK und die Innung Sanitär Heizung Klima SHK Berlin. ISE-Projektleiterin Annette Uhl bringt Handwerk, Wissenschaft und Hersteller an einen Tisch. Ihr Ziel: den Wärmepumpeneinbau zu optimieren, etwa durch digitalisierte Workflows und das Etablieren arbeitserleichternder Tools in den hierzulande 42.000 Heizungsbaubetrieben.
„Wärmepumpen-Einbau schneller, produktiver und effizienter – Handwerkliche Umrüstprozesse optimieren“: Das Projekt Wespe hat zum Ziel, die Installationszeiten von Wärmepumpen zu verkürzen und die Produktivität im Handwerk zu steigern. Das Forschungsprojekt mit drei Jahren Laufzeit wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) gefördert. Mehr Informationen gibt es auf der Projekt-Website.
Großes Potenzial: Produktivität steigern im Büro
„Die Grundlage für eine effiziente Baustelle liegt in der Büroarbeit“, sagt Matthias Biel. Er koordiniert beim ZVSHK die Aktivitäten der Projektpartner. Natürlich müsse man noch Überzeugungsarbeit leisten. Konkret geht es um Fragen wie: Was sollen Betriebe mit einer neuen Software für schlankere kaufmännische Prozesse? Mit Smart Devices wie einer Datenbrille, die den Meister oder die Meisterin remote zuschaltet, um das Team beim Einbau der Wärmepumpe zu unterstützen? Oder mit einem Exoskelett, das die Gesundheit der Handwerker schont? Biel kennt eine weitere Frage, die in den Betrieben regelmäßig zuerst gestellt wird: „Gibt es dafür staatliche Zuschüsse?“
„Es gibt bei Wärmepumpen keine Planungssicherheit für die Betriebe, die Handwerker sind ebenso verunsichert wie die Kunden“, sagt Prehn. Daher konzentrierten sich viele SHK-Betriebe auf andere Bereiche wie den Badausbau. Prehn sieht den Gesetzgeber in der Pflicht: „Wir brauchen eine Änderung des Baurechts, die schnellere Genehmigungen ermöglicht. Und wir brauchen eine Entscheidung zur Förderung der Wärmepumpe.“ Nur so erhielten die Betriebe Planungssicherheit.
Neben vielen zögerlichen Handwerksbetrieben gibt es indes auch Unternehmer, die bewusst die SHK-Transformation vorantreiben wollen. Kilian Schramm ist einer von ihnen. In seinem Münchener Betrieb hat er das Reallabor Handwerk für Produkt- und Prozessoptimierungen etabliert. Eine Leiterin und ein Ingenieur sind dort in Vollzeit beschäftigt: je nach Projekt werden sie von bis zu 14 Mitarbeitenden unterstützt. Die Ergebnisse fließen in Schulungsunterlagen und -module ein, die anderen SHK-Betrieben mitgeteilt werden. So kann die gesamte Branche davon profitieren.
50 Prozent Zeitersparnis beim Einbau von Wärmepumpen geplant
Bei aller Fortschrittlichkeit: Die vom Fraunhofer ISE entwickelte Augmented-Reality-App Heat Pump Plan AR komme momentan noch nicht bei ihm zum Einsatz, sagt Schramm. Stattdessen arbeite man im Reallabor mit 3D-Scannern für die Raumdarstellung. „Unser Ziel bei Wespe sind 50 Prozent Zeitersparnis beim Einbau von Wärmepumpen, momentan liegen wir bei 26 Prozent.“
Wärmepumpen-Wettbewerber arbeiten standardisiert und billiger
Das ist notwendig, denn der Boom der Wärmepumpen hat den SHK-Betrieben neuen Wettbewerb beschert, der mit standardisierten, preiswerten Lösungen kokettiert. Schramm sieht die Konkurrenten als echte Bedrohung, auch wenn sie einfache Einbauten tatsächlich billiger anbieten können. „Das Traurige daran ist, dass viele Kunden acht Jahre später bei uns und den Kollegen anrufen, weil die einfache Lockvogellösung nicht mehr funktioniert und Qualität vom Fachmann gefragt ist.“
In acht Jahren ist hoffentlich die Transformation in der Branche weiter vorangeschritten, mit modularen Arbeitsschritten und digitalisierten Workflows. Kilian Schramm ist überzeugt: Der Fachkräftemangel war die Initialzündung. Jetzt haben die SHK-Betriebe die Chance, ihre Transformation selbst zu gestalten.