Dossier: Zukunft Solar

Wo Sonne und Wind die Batterien aufladen

So richtig verlässlich sind Wind und Sonne nicht. Damit die Energiewende gelingt, muss der regenerativ erzeugte Strom gespeichert werden können. Diese Herausforderung ist Antriebskraft für innovative Lösungen und Geschäftsmodelle. Die Folge: Der Markt für Batteriespeicher boomt.
Von:  Joachim Schüring
23.06.2025 | 3 Min.
Erschienen in: Ausgabe 04/2025
Die Großspeicher von Green Flexibility sollen Stromengpässe vermeiden.
Die Großspeicher von Green Flexibility sollen Stromengpässe vermeiden.
Foto: Green Flexibility

Schon heute erzeugt Deutschland fast 60 Prozent seines Strombedarfs aus erneuerbaren Quellen. Die Zahl der Solar- und Windkraftwerke steigt schnell, während die auf konstante Stromeinspeisungen ausgelegte Infrastruktur sich schwertut, mit den zunehmenden Schwankungen. Sie verlangt nach einem Ausgleich für Lastspitzen und Dunkelflauten. Dafür bekommt sie: Batteriespeicher.

„Man kann absolut von einem Boom sprechen, was Batteriespeicher angeht – auch Großspeicher“, sagt Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Die Gründe dafür sind vielfältig. Der wichtigste: Die Preise für Solaranlagen sinken seit Jahren, und zwar drastisch. Das treibt die Nachfrage an. Und je mehr Solarmodule grünen Strom produzieren, desto wichtiger wird es, diesen Strom auch speichern zu können.

Winzige Kraftwerke ganz groß

Das beginnt schon im kleinsten Maßstab. „Balkon-PV-Anlagen sind leicht zu installieren und ermöglichen es auch Mieterinnen und Mietern, sich aktiv an der Energiewende zu beteiligen“, sagt Tobias Reuther vom Fraunhofer ISE. 2023 stieg die Zahl der Balkon- und Minianlagen gegenüber dem Vorjahr um fast 30 Prozent, 2024 legte das Wachstum nochmals zu. „Der Trend ist mittlerweile so stark“, sagt Reuther, „dass er sich beim Leistungszubau der Photovoltaik bemerkbar macht.“ Auf mehrere hundert Megawatt an Leistung kommen die derzeit 800.000 über Deutschland verteilten Balkonkraftwerke.

So beeindruckend diese Zahlen wirken – für den Fortschritt der Energiewende sind größere Anlagen entscheidend. Will Deutschland komplett auf erneuerbare Energie setzen, müssen die Kapazitäten der Speicher nach Schätzungen des Fraunhofer ISE bis 2030 auf mehr als 100 Gigawattstunden und bis 2045 sogar auf knapp 180 Gigawattstunden gesteigert werden. Zum Vergleich: Derzeit sind Batteriespeicher mit einer Gesamtkapazität von 19 Gigawattstunden installiert – inklusive des Anteils in Privathaushalten. Es gibt also noch viel zu tun.

Vielversprechende Geschäftsmodelle

Das weiß Christoph Ostermann. Als einer der Gründer von Sonnen war er seit 2010 zum Marktführer im Bereich kleiner Speicher für Betriebe und Privathaushalte aufgestiegen. Mit seinem neuen Unternehmen Green Flexibility will Ostermann nun auf dem wachsenden Markt der Großspeicher mitmischen. Das Geschäftsmodell von Green Flexibility: Planung, Bau und Betrieb von Batteriespeichersystemen an strategisch wichtigen Punkten des europäischen Stromnetzes – stets in Kooperation mit Gemeinden und Netzbetreibern. 80 Projekte mit einer Leistung von mehr als 10 Gigawatt sind bereits angeschoben. Im Januar investierte die Schweizer Private-Equity-Firma Partners Group 400 Millionen Euro in das Start-up. Mit weiterem Fremdkapital summiert sich das Volumen auf mehr als eine Milliarde Euro. Das dürfte reichen, um der Energiewende einen spürbaren Schub zu geben.

Ein anderes Beispiel liefert der geplante Batteriespeicher „Steady Green Energy“ in Duisburg. Rund 70 Prozent der Kapazität dieses Riesenakkus hat sich die Deutsche Bahn gesichert. „Damit kann die Bahn den gespeicherten grünen Strom nutzen, auch wenn die Sonne nicht scheint oder der Wind nicht so weht“, erläutert Christian Karalis von der Betreiberfirma Iqony. Die Kooperation bietet beiden Seiten Vorteile: Iqony als Betreiber hat Planungssicherheit, während die Deutsche Bahn jährlich Strom für rund drei Millionen ICE-Kilometer zwischenspeichern kann.

Das Projekt „Steady Green Energy“ ist auch deshalb beispielhaft, weil es am Standort eines Steinkohlekraftwerks entsteht. Diese Strategie empfehlen auch ISE-Forscher wie Bernhard Wille-Haussmann: „Vorteile sind die bereits für die Energiewirtschaft gesicherten und akzeptierten Flächen, die vorhandene hochwertige Infrastruktur und das Fachpersonal.“

Sogar ehemalige Atomkraftwerke (AKW) lassen sich zu Speichern umwidmen – so wie in Brokdorf unweit von Hamburg. Dort baut die Eon-Tochter PreussenElektra derzeit Europas größten Batteriespeicher. Er wird mehrstufig errichtet und soll 2036 – nach dem Rückbau des ehemaligen Kernkraftwerks – mit einer Speicherkapazität von 1600 Megawattstunden in Betrieb gehen. Der Vorteil: Das frühere Kraftwerk verfügt bereits über ein Umspannwerk und entsprechende Leitungen. Das gilt auch für das AKW Würgassen im niedersächsischen Landkreis Höxter. Dort errichtet der Energiedienstleister Westfalen Weser einen Speicher mit einer Leistung von 120 Megawatt und einer Kapazität von 280 Megawattstunden. Dieser Batteriespeicher im „Speicherpark Würgassen“ soll schon nächstes Jahr in Betrieb gehen.

 

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