Dossier: Wind im Forst

Windpark im Reinhardswald: Wie viel Wald muss wirklich weichen?

Im Reinhardswald in Nordhessen sollen 18 neue Windräder auf stark geschädigten Fichtenflächen errichtet werden. Der Eingriff in den Wald bleibt minimal, dennoch gibt es Diskussion.
Von:  Michael Prellberg
17.10.2025 | 2 Min. | 2
Erschienen in: Dossier: Wind im Forst
Abgestorbene Fichten im Reinhardswald: 18 Windräder sollen dort errichtet werden, wo einst Fichten wuchsen.
Abgestorbene Fichten im Reinhardswald: 18 Windräder sollen dort errichtet werden, wo einst Fichten wuchsen.
Foto: Heinz-Dieter Falkenstein/ imagebroker/ picurealliance

Dornröschen, Hans im Glück und Rapunzel haben ihre Heimat im Reinhardswald, dort ließen sich die Brüder Grimm inspirieren. Heute leben im Märchenwald Schwarzstörche, Grauspechte, Haselmäuse und sogar Wildkatzen – jedenfalls dort, wo der Wald noch sein dichtes Kronendach zeigt. Auf anderen Flächen steht als Folge von Stürmen, Dürresommern und Borkenkäferbefall kaum noch ein Baum. Dort sollen 18 Windräder errichtet werden, bis zu 240 Meter hoch.

Das finden nicht alle Menschen im Norden Hessens gut. Einige fürchten, „der Reinhardswald wird niedergemäht“. Auch politisch wird die angebliche „Abholzung“ instrumentalisiert. Die Fakten widerlegen diese Ängste. Die für die Windkraftanlagen ausgewiesene Fläche von 14 Hektar für Windräder und Zufahrtswege entspreche 0,07 Prozent des gesamten Gebiets, so sagt es das Regierungspräsidium Kassel, nur etwa 260 Buchen müssten geschlagen werden. Und dafür würde anderswo wieder aufgeforstet, ebenfalls mit Laubbäumen. Als Standorte für die Windräder wurden hauptsächlich Monokulturen aus Fichten ausgewählt, die bereits „durch den Jahrhundertsturm Friederike sowie durch starken Borkenkäferbefall stark geschädigt wurden“, heißt es vom Betreiber, Windpark Reinhardswald. „Dies macht deutlich weniger Rodungsarbeiten notwendig als angenommen.“ Im Februar 2022 erteilte das Regierungspräsidium Kassel die Genehmigung für den Bau des Windparks, doch die Bauarbeiten verzögerten sich aufgrund diverser Klagen. Erst anderthalb Jahre später begannen die Arbeiten an den Zufahrtswegen. Dafür werden Forstwege mit Schotter auf 5,50 Meter verbreitert, außerdem erhalten sie einen mindestens 60 Zentimeter starken Unterbau. Die Erdarbeiten für die Windräder laufen seit November 2024 – zu diesem Zeitpunkt hätte der komplette Windpark schon seine Energie liefern sollen. Von jährlich mehr als 300 Millionen Kilowattstunden spricht Windpark-Reinhardswald-Geschäftsführer Ralf Paschold, genügend Strom für rund 100 000 Haushalte. Mittlerweile rechnet Paschold damit, dass die Bauarbeiten wohl erst Mitte 2027 abgeschlossen sein werden.

Forschende der Scientists for Future haben ausgerechnet, wie sich der Windpark im Reinhardswald auf die CO2-Emissionen auswirken würde. Ihr Fazit: „Der Windpark spart über 2000-mal mehr CO2 ein, als die durch den Bau versiegelte Waldfläche jährlich binden würde. Damit nutzt der Windpark dem Klimaschutz und somit indirekt auch dem Erhalt unserer Wälder.“

Kommentare (2)

Hallo Andi,

vielen Dank für Ihre Einblicke in die Gemengelage um den Reinhardswald. Tatsächlich haben wir uns bei unserer Recherche vor allem auf die Aussagen der Behörden konzentriert sowie die regionale Berichterstattung verfolgt. Uns ist bewusst, dass es zu diesem Thema unterschiedliche Perspektiven gibt (s. auch unseren Pro/Contra-Beitrag mit der Meinung von Prof. Ibisch) – und auch wir lernen ständig dazu und erweitern unseren Horizont. Daher nochmals vielen Dank für Ihren Input!

24.10.2025 - 13:47 | Michael Prellberg

Hallo,
ich unterstütze durchaus erneuerbare Energien - aber Sie sollten sich im Reinhardswald etwas differenzierter auseinandersetzen und weder vom Geplärr bestimmter Rechtspopulisten ablenken lassen noch völlig unkritisch den Ausführungen der Windparkgesellschaft Reinhardswald folgen.
Bspw. fielen für dieses Vorhaben auf etwa einem Drittel aller Flächen ( übrigens knapp 30 Hektar) Laubbäume, auch in geschlossenen Waldräumen. Selbst HessenForst lehnte 3 Standorte deswegen zunächst ab. Ebenso die Genehmigungsbehörde noch einen weiteren.
Für die Zuwegung waren sogar zwei Drittel der betroffenen Bäume Laubbäume, darunter mehr als Dudie Hälfte über 100, einzelne sogar bis 200 Jahre alt. ( Alles nachzulesen im öffentlich abrufbaren Genehmigungsbescheid bzw. bzgl. der Zuwegung auch im sog. Ergänzungsbescheid zu den Zuwegungen aus dem Regierungspräsidium Kassel).
Auf anderen ehemaligen Windwurfflächen vormaliger Fichtenflächen waren längst wieder junge Bäume als Mischwaldbestand in Sukzession aufgewachsen - ökologisch überaus wertvolle Biotope.
14 der WEA wurden zudem im Teinjwasserschutzgebiet geplant, einige davon sogar mit Tiefengründungen. Zwei im Quellgebiet von örtlichen Bächen.

Zuletzt machte die Windparkgesellschaft Reinhardswald von sich reden ( z.B. in der HNA) als dort neu angelegte Trassen auf über 2 Kilometern einfach ohne Genehmigung zusätzlich asphaltiert wurden.

Insgesamt sind die Eingriffe dort gewaltig.
Bilder dazu findet man auf der Facebook- Seite von Rettet den Reinhardswald.
Die lokale Gruppe erhält seit langem Unterstützung bspw. von Prof. Pierre Ibisch. Aber auch Greenpeace Deutschland ist nicht einverstanden mit WEA im Reinhardswald ( einfach mal dort bei Herrn Kaiser nachfragen). Robinwood ( Jana Ballenthien fragen) auch nicht.

Dieses Projekt ausgerechnet im Reinhardswald ist eine wirklich schlechte „Werbung“ für die Windindustrie und beschädigt m. E. sogar die ansonsten wichtige Energiewende durch Vertrauens- und Akzeptanzverlust.
Als BWE würde ich mich schon deshalb selbst klar dagegen ausgesprochen haben.
Zumal da die Geschäftsführung dort offensichtlich auch noch besonders rücksichtslos und widerrechtlich agiert.
M.E. ein Imageschaden für die ganze Branche.

Und alles bei laufenden Klagen auch einer Anliegerkommune und noch nicht erfolgtem Gerichtsurteil über die Rechtmäßigkeit der 18 WEA dort.
Alles kein gutes Bild!

Wenn Vorhaben wie dieses im auch noch gemeindefreien Staatswald ohne Mitspracherecht der Anliegerkommunen aber unter Zuarbeit der weisungsgebundenen Prüf- und Genehmigungsbehörden vor allem durchgedrückt werden, wie es hier offensichtlich geschieht, scheitern wir mit der wichtigen Energiewende. Und nicht nur wir - der Reinhardswald ist längst Symbol für eine dsbzgl. fehlgeleitete Politik in Europa geworden. Und sogar darüber hinaus…
Ein Fehler.
Von Anfang an.

17.10.2025 - 22:00 | Andi

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