Warnungen gab es reichlich. Wie berechtigt sie waren, zeigte sich Ende Januar: Der Itzehoer Windparkbetreiber Prokon hat Insolvenz angemeldet. Zwar soll der Geschäftsbetrieb des Unternehmens zunächst ohne Einschränkungen weiterlaufen, dennoch zittern die 1300 Mitarbeiter: Kommt der Ökokonzern kurzfristig wieder auf die Beine oder verlieren sie ihren Arbeitsplatz? Bis April sollen Löhne und Gehälter aus dem Insolvenzgeld finanziert werden.
Auch den fast 75 000 Kapitalanlegern, die sich mit insgesamt 1,4 Milliarden Euro in Form von Genussrechten an Prokons Wind- und Bioenergie-Projekten beteiligt haben, stehen bange Wochen bevor. Sind ihre Einlagen jetzt verloren? Das Problem: Ihre Forderung ist an den Buchwert der Genussrechte gebunden. Doch der Wert ist unbekannt, weil Prokon keinen testierten Konzernabschluss veröffentlicht hat. Außerdem werden Inhaber von Genussrechten in der Insolvenz nachrangig nach allen anderen Gläubigern behandelt. Werner Daldorf, Vorsitzender des Anlegerbeirats im Bundesverband WindEnergie (BWE), sieht daher wenig Chancen auf eine vollständige Rückzahlung ihres Kapitals. „Ein Teil des Geldes dürfte verloren sein.“
Über eine mögliche Zahlungsunfähigkeit von Prokon war in der Vergangenheit des Öfteren spekuliert worden. Die Anleger erhielten für Genussrechte, die das Unternehmen vor allem in Windparks investierte, in den vergangenen Jahren bis zu acht Prozent Zinsen. Doch hat dieses Geschäftsmodell jemals funktioniert? Oder war es nur ein Schneeballsystem, in dem neue Anleger mit ihrem Geld die Zinsen für die alten zahlten?
Vorsicht bei hohen Renditen
Fakt ist: In den letzten Wochen wurde die Luft für Prokon immer dünner. Viele Inhaber der Genussrechte kündigten kurzerhand ihre Verträge, als der Konzern 2012 einen satten Verlust von 171 Millionen Euro bekannt gab. Weil zu viele Anleger das Weite suchten, warnte Prokon Mitte Januar: Wenn nicht 95 Prozent der Anleger ihr Geld im Unternehmen belassen, drohe die Pleite. Nach Unternehmensangaben sprachen sich aber nur rund 40 000 der 75 000 Anleger dafür aus, nicht zu kündigen. Das entspricht rund 53 Prozent des Anlagenkapitals – zu wenig, um eine Insolvenz abzuwenden.
In den Medien wird der Prokon-Fall nun maximal ausgeschlachtet. Vom „neuesten Alptraum des grauen Kapitalmarkts“ oder der „Ökofalle“ ist die Rede. Anlageexperten halten jedoch eine generelle Kritik an grünen Geldanlagen für unangemessen. „Ein Zusammenhang der Prokon-Insolvenz mit dem Thema Nachhaltigkeit ist nicht erkennbar. Es zeichnet sich vielmehr ab, dass Management-Fehler dafür verantwortlich sind“, erklärt Silke Stremlau von der Beratungsgesellschaft Institut für Markt-Umwelt-Gesellschaft (Imug). „Wer nachhaltig investiert, kann mit marktüblichen Renditen rechnen, zum Beispiel vier Prozent bei bestimmten Genussrechten.“ Bei Renditeversprechen von acht Prozent sei jedoch Vorsicht geboten – ganz egal, ob in Erneuerbare, in Edelmetall oder Immobilien investiert wird. „Derartige Angebote muss man genauestens prüfen. Sie sind oft unseriös“, rät die Finanzexpertin.
Michael Horling, Geschäftsführer des Umweltfonds-Anbieters Grüne Sachwerte, sieht ebenfalls keine Gründe, den grünen Kapitalmarkt per se anzuprangern. „Auch bei nachhaltigen Investments ist eine kritische Prüfung des jeweiligen Produkts zwingend notwendig. Bei Prokon haben das offensichtlich viele Anleger vernachlässigt.“ Wichtig sei, dass sich Anleger ihre Ziele und Wünsche klar machten, um sich dann selbst aktiv über passende Produkte zu informieren oder unabhängige Beratung in Anspruch zu nehmen, anstatt sich von Werbung mit hohen Renditeversprechen verführen zu lassen.
Es geht auch mit weniger Risiko
Horlings Firma Grüne Sachwerte bietet privaten Investoren vor allem geschlossene Fonds an, mit denen sie sich als Kommanditisten an Solar- und Windprojekten beteiligen können. Nach Informationen der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen zählen geschlossene Fonds wie Aktien, Anleihen und Genussrechte zu den so genannten Direktinvestitionen. Die Einlagen fließen zwar direkt dem Unternehmen oder Projekt zu, doch müssten Anleger bedenken: Scheitere die Firma oder das Projekt, könne das gesamte Geld verloren gehen. „Es gibt keine Einlagensicherung wie etwa bei Zinsprodukten von Banken und Sparkassen“, erklärt der Verbraucherzentrale-Finanzjurist Christian Urban. „Wer sich für eine Direktinvestition entscheidet, sollte also nicht auf das Geld angewiesen sein.“
Weniger riskant ist aus Sicht von Werner Daldorf, des Vorsitzenden des Anlegerbeirats im Bundesverband WindEnergie, eine Beteiligung an einer Bürgerenergieanlage in der Nachbarschaft. Sie seien in der Regel als eingetragene Genossenschaften organisiert. Die Bürger beteiligten sich durch den Kauf von Genossenschaftsanteilen. Die Genossenschaft gelte aufgrund ihrer Mitbestimmungsrechte als eine demokratische und bürgernahe Organisationsform. „Wenn man den Geschäftsführer persönlich kennt und ihm vertraut, kann ein Bürgerwindpark eine attraktive und bodenständige Anlagemöglichkeit sein.“
Wer noch mehr Sicherheit wünscht, kann in klimafreundliche Zinsprodukte investieren. Viele Kreditinstitute wie etwa die GLS Bank, die Umweltbank oder die Ethikbank bieten mittlerweile ethisch-ökologische Geldanlagen an. Zwar versprechen Tagesgelder oder Sparbriefe laut Christian Urban keine üppigen Renditen, doch sind pro Bank und Kunde Einlagen bis zu 100 000 Euro geschützt. Grün zu investieren muss nicht gleichbedeutend sein mit riskantem Zocken.
Dies ist eine gekürzte Version des Artikels – den ausführlichen Text finden Sie in der Ausgabe 02/2014 von neue energie.