neue energie: Die Ampel-Regierung hat in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben, einen sozialen Kompensationsmechanismus einzuführen, der die finanzielle Belastung der Deutschen durch steigende CO2-Preise abfedern soll. Das war Ende 2021. Bisher ist von diesem sogenannten Klimageld jedoch noch nichts zu sehen. Woran hakt es?
Matthias Kalkuhl: Soweit ich weiß, ist der offizielle Stand, dass eine Arbeitsgruppe zwischen verschiedenen Ministerien eingerichtet wurde, um einen Umsetzungsplan auszuarbeiten und die technischen Schwierigkeiten auszuräumen. Persönlich glaube ich aber, dass das Projekt in der Koalition gerade keine hohe Priorität genießt, einfach weil man sich zuletzt viel stärker mit anderen Fragen auseinandergesetzt hat, insbesondere mit dem Gebäudeenergiegesetz. Und weil natürlich auch das Finanzielle eine große Rolle spielt: Wenn die Regierung das Geld auszahlt, hat sie weniger Mittel für Förderprogramme, etwa um den Umstieg auf die Wärmepumpe erträglicher zu machen.
ne: Was wird da überhaupt verteilt? Wie soll das Klimageld funktionieren?
Kalkuhl: Beim Klimageld handelt es sich um die Rückverteilung eines Teils der CO2-Preiseinnahmen. Im Moment landet alles, was aus der CO2-Bepreisung an Guthaben generiert wird, im Klima- und Transformationsfonds. Dort ist es prinzipiell zweckgebunden, wandert also nicht in den allgemeinen Staatshaushalt, sondern soll dem Klimaschutz oder auch dem Ausgleich von energiewendebedingten sozialen Härten dienen. Bislang werden aus dem Topf vor allem Förderprogramme finanziert, im Verkehr, im Gebäudesektor und im Bereich der erneuerbaren Energien, zum Beispiel neuerdings auch die EEG-Umlage. Künftig könnte ein Teil davon direkt an die Menschen im Land ausgezahlt werden.
ne: Welchen Vorteil hätte das gegenüber der bisherigen Verwendungsweise?
Kalkuhl: Die Idee beim Klimageld ist, die Menschen mitzunehmen und finanziell zu entlasten. Um unsere Klimaziele zu erreichen, brauchen wir künftig deutlich höhere CO2-Preise als heute. Im Jahr 2030 müssten sie wahrscheinlich so bei 200 bis 300 Euro liegen. Das wird nur mit einer Rückerstattung möglich sein. Je stärker wir die Menschen unmittelbar entlasten, desto einfacher ist es, höhere CO2-Preise politisch durchzusetzen und sie auch fair auszugestalten. Es muss klar werden, dass es bei der CO2-Bepreisung nicht darum geht, dem Staat eine neue Quelle für Steuereinnahmen zu verschaffen, sondern um marktwirtschaftlichen Klimaschutz, also um eine möglichst kostengünstige Lenkungswirkung. Wenn der CO2-Preis dann etwa die fossilen Energien verteuert, sehen die Menschen: Das ist keine Abzocke und keine versteckte Steuer – wir kriegen das Geld ja wieder –, sondern es geht um Klimaschutz.
ne: Wie soll die Rückerstattung erfolgen, pro Kopf oder pro Haushalt?
Kalkuhl: Das müsste politisch entschieden werden. Das einfachste Modell ist eine Pro-Kopf-Erstattung, bei der jeder das Gleiche bekommt. Eine Zuteilung pro Haushalt ist schwieriger, weil die Behörden nicht immer genau wissen, wer in welchem Haushalt lebt. In Österreich gibt es zum Beispiel seit letztem Jahr ein Klimageld, Klimabonus genannt. Jeder Erwachsene erhält dabei einen Betrag von mindestens 110 Euro, Kinder bekommen allerdings nur die Hälfte.
ne: Weshalb?
Kalkuhl: Man geht davon aus, dass sie bei den Eltern leben und dass sich etwa die Energiekosten im Haushalt nicht automatisch verdoppeln, wenn dort doppelt so viele Kinder wohnen. Außerdem ist in Österreich eine regionale Staffelung vorgesehen. Wer beispielsweise in ländlichen Regionen mit schlechtem Zugang zum öffentlichen Nahverkehr lebt und folglich mehr aufs eigene Auto angewiesen ist, bekommt einen höheren Klimabonus. Man muss das Klimageld also nicht einheitlich ansetzen, man kann es auch ausdifferenzieren.
ne: Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat vorgeschlagen, den Betrag sozial zu staffeln. Nach seiner Vorstellung sollte das Klimageld nur Menschen zugutekommen, die als Alleinstehende monatlich weniger als 4000 Euro brutto verdienen, als Verheiratete zusammen weniger als 8000 Euro. Was halten Sie davon?
Kalkuhl: Das ist auch denkbar. Primäres Ziel sollte es ja wirklich sein, die Menschen, die eine finanzielle Unterstützung besonders dringend benötigen, für die hohen CO2-Preise zu entschädigen. Sehr reiche Haushalte müssten demnach nicht extra noch ein Klimageld bekommen. Die Frage ist aber immer, wie man die Auszahlung in der Praxis kosteneffizient hinbekommt. Und da wird es schwierig, wenn vorher ausführliche Einkommensprüfungen nötig sind. Es gibt also einen Zielkonflikt: Je stärker man Klimageld nach Einkommen trennt, desto komplizierter wird so ein System in der Praxis und desto höher ist der Verwaltungsaufwand. Am besten wäre meiner Ansicht nach ein Verfahren, das automatisch funktioniert, bei dem der einzelne Bürger nichts tun muss und das Geld von selbst überwiesen bekommt.
ne: Der potenzielle Topf für das Klimageld, der Klima- und Transformationsfonds, speist sich aus zwei Quellen, aus den Einnahmen des nationalen und des europäischen Emissionshandels. Welche Anteile davon sollen in das Klimageld fließen?
Kalkuhl: Das ist noch nicht festgelegt. Prinzipiell können wir mit dem Geld, das aus dem nationalen Emissionshandel kommt, machen, was wir wollen. Für die Einnahmen aus dem europäischen Emissionshandel gibt es dagegen bestimmte Verwendungsvorgaben. Es wäre zwar möglich, auch Teile dieses Geldes als Klimageld auszuzahlen, insbesondere wenn der Betrag sozial gestaffelt ist. Aber die nationalen Einnahmen lassen sich einfacher an die Bürger rückerstatten.
ne: Um welche Summen handelt es sich dabei?
Kalkuhl: Das hängt natürlich erstmal entscheidend vom CO2-Preis ab. Im Moment liegt er bei 30 Euro pro Tonne, das ist sehr niedrig, entsprechend niedrig ist die verursachte Belastung. Wenn man das rückerstatten würde, wäre der Betrag so gering, dass sich das Ganze kaum lohnen würde. Wenn die CO2-Preise ab 2030 aber in Richtung 200 bis 300 Euro gehen, sieht das anders aus. Wir haben in einer Analyse neulich ausgerechnet, dass das Klimageld etwa ab einem Preis von 250 Euro pro Tonne rund 500 Euro jährlich pro Kopf betragen könnte.
ne: Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat vor Kurzem in einer Studie 170 Euro mögliche Rückerstattung bei einem CO2-Preis von 60 Euro und 422 Euro bei einem Preis von 150 Euro ermittelt...
Kalkuhl: Die Zahlen unterscheiden sich je nach Analyse immer ein bisschen, weil in der Ausgangssumme meist unterschiedliche Anteile der Einnahmen aus dem Zertifikatehandel berücksichtigt werden. Wir haben zum Beispiel für das Klimageld nur den Teil der Einnahmen aus dem nationalen Handel zugrunde gelegt, der tatsächlich zu einer Belastung der Privathaushalte führt. Was Handwerksbetriebe und Unternehmen aufgrund der Bepreisung mehr für Heizen oder Transport bezahlen müssen, haben wir nicht dazu gezählt. Insofern bliebe bei unserer Berechnung des Klimageldes auch immer noch etwas im Topf, das man nutzen könnte, um etwa die Wirtschaft gezielt zu unterstützen oder Förderprogramme aufzulegen.
ne: Wie sozialverträglich wäre denn das Klimageld, wenn man es pro Person auszahlt und nicht nach sozialer Bedürftigkeit?
Kalkuhl: Da muss man zwei Aspekte unterscheiden. Der eine ist das Einkommen. Generell profitieren ärmere Haushalte von einem Pro-Kopf-Klimageld, weil sie im Schnitt in kleineren Wohnungen leben, weniger Autos besitzen, seltener Fernreisen unternehmen, also unterdurchschnittliche Emissionen haben und die Rückerstattung gleichzeitig prozentual betrachtet bei ihrem Einkommen stärker ins Gewicht fällt. Für die ärmsten zehn bis 30 Prozent der Haushalte fiele die Belastung durch den CO2-Preis unseren Untersuchungen zufolge deshalb im Mittel etwas geringer aus als die Entlastung durch das Klimageld.
ne: Das heißt, Geringverdiener würden ein leichtes Plus machen. Wie sieht das für die anderen Gehaltsgruppen aus?
Kalkuhl: Für mittlere Verdiener ergibt sich ein Saldo von plus-minus null. Reichere, die größere Mengen CO2-Emissionen verursachen, werden dagegen etwas stärker zur Kasse gebeten. Wenn man einfach nur aufs Einkommen schaut, sieht diese Form des Klimageldes deshalb erstmal sehr gerecht aus.
ne: Aber?
Kalkuhl: Es gilt noch einen zweiten Aspekt zu berücksichtigen, nämlich die Vielfalt und Heterogenität innerhalb der Einkommensgruppen. In allen Schichten gibt es Menschen, die etwa in einer ans Fernwärmenetz angeschlossenen Stadtwohnung leben, und andere, die in einem schlecht isolierten Einfamilienhaus auf dem Land wohnen, womöglich noch eine Ölheizung haben und lange Pendelstrecken zur Arbeit zurücklegen müssen. Sie werden durch die CO2-Preise überproportional belastet. Das kann ein einheitliches Klimageld nicht auffangen, da braucht es zusätzliche Härtefallregelungen, zumindest für Geringverdiener.
ne: Ob mit oder ohne Härtefallbonus – wie soll das Geld letztendlich bei den Menschen ankommen? Welchen Auszahlungsweg halten Sie für am sinnvollsten?
Kalkuhl: Grundsätzlich kann die Regierung das Geld nicht einfach von heute auf morgen auszahlen. Erstmal muss sie eine passende Infrastruktur dafür schaffen, um niemanden zu übergehen und Doppelzuweisungen zu vermeiden.
ne: Das Finanzministerium lässt dafür gerade ein Register erstellen, in dem die Steueridentifikationsnummern und die Bankverbindungen aller Empfänger zusammengeführt werden...
Kalkuhl: Richtig. Und wie das Geld dann am Ende zu den Menschen kommt, hängt unter anderem von der Größe des Betrags ab. Bei einer geringen Summe von etwa 100 Euro pro Jahr wäre eine jährliche Auszahlung sicher praktikabler als monatliche Raten. Bei Familien, die Kindergeld beziehen, könnte man das etwa über die Familienkasse abwickeln. Wichtig wäre aber in jedem Fall, das Geld explizit als Extraüberweisung auszuschütten, es darf nicht mit anderen Kosten verrechnet werden.
ne: Was spielt das für eine Rolle?
Kalkuhl: Die Leute sollen sehen, dass sie da etwas überwiesen bekommen. Wenn man das Klimageld beispielsweise mit der Steuererklärung, mit der Kindergeldzahlung oder – wie in der Schweiz – mit den Krankenkassenbeiträgen verrechnet, dann fällt es zu wenig auf. Am besten wäre es, die Überweisung zudem noch mit einem Anschreiben zu flankieren, das den Bürgerinnen und Bürgern die Auszahlung möglichst transparent macht, nach dem Motto: Wir hatten dieses Jahr folgende Einnahmen über den CO2-Preis, einen Teil x davon erstatten wir hiermit an Sie zurück.
ne: Würde das Ihrer Meinung nach die Akzeptanz in der Bevölkerung für den Emissionshandel als Klimaschutzinstrument erhöhen?
Kalkuhl: Ja, die Akzeptanz und auch das Vertrauen. Denn wir wissen aus verschiedenen Studien, dass die meisten Menschen sehr skeptisch gegenüber der CO2-Bepreisung eingestellt sind. Sie glauben weder, dass die Maßnahme effektiv ist, noch, dass sie gerecht ist. Selbst dem Klimageld misstrauen viele. Und in gewisser Weise haben sie damit ja auch recht, denn trotz aller Ankündigen ist in dieser Sache immer noch nichts passiert.
ne: Liegt das in erster Linie an technischen Problemen oder mangelt es an Umsetzungwillen der Regierung?
Kalkuhl: Meiner Einschätzung nach könnte man das System rein technisch bis zum nächsten Jahr zum Laufen bekommen. Aber es fehlt der politische Wille zu sagen: Wir wollen das zu dem und dem Tag machen, also sorgt dafür, dass es funktioniert. Es gibt Vorbereitungen, es gibt Überlegungen dazu in den Ministerien, aber es gibt keinen konkreten Marschbefehl.
ne: Eher im Gegenteil. Wirtschaftsminister Robert Habeck hat kürzlich angedeutet, dass die Auszahlung des Klimageldes wohl in dieser Legislaturperiode nicht mehr stattfinden wird. Was halten Sie davon?
Kalkuhl: Wie eingangs schon erwähnt: Ich glaube, dass die Zurückhaltung der Ampel-Koalition vor allem daraus resultiert, dass sie die Einnahmen über den CO2-Preis schon anderweitig verplant hat. Die Regierung müsste dringend eine Grundsatzfrage beantworten, vor der sie sich bisher gedrückt hat, nämlich: Welche Rolle soll die CO2-Bepreisung eigentlich in unserer Klimapolitik spielen? Bisher scheint die Politik diesem Instrument nicht viel zuzutrauen. Um eine deutlich spürbare Lenkungswirkung zu entfalten, müssten die CO2-Preise viel höher liegen. Aber davor scheut die Regierung zurück, der Koalitionsvertrag enthält keine klare Aussage dazu, dass die CO2-Preise angehoben werden sollen. Stattdessen versucht man verstärkt, mit Ordnungsrecht und Förderprogrammen vorankommen.
ne: Und das funktioniert nicht?
Kalkuhl: Ich bin da skeptisch. Denn es wird immer klarer, dass Deutschland auf dem Weg ist, seine längerfristigen Klimaziele weit zu verfehlen. Die Auswirkungen des Gebäudeenergiegesetzes auf die Kohlendioxid-Emissionen etwa sind völlig offen, weil fraglich ist, wie strikt die Maßnahmen letztlich sein werden. Aus meiner Sicht bräuchte es den Paradigmenwechsel, viel stärker auf CO2-Preise zu setzen. Solange man so vorgeht wie jetzt, benötigt man eigentlich auch kein Klimageld, weil die Belastung für die Menschen nicht so hoch ist und das Geld aus dem Zertifikatehandel ohnehin vollständig in die Förderprogramme gesteckt werden muss.
ne: Heißt das im Umkehrschluss, wenn man konsequent auf relativ stark steigende CO2- Preise setzen würde, hätte man automatisch genügend Einnahmen, um beides zu finanzieren, ein Klimageld und Klimaschutzprogramme?
Kalkuhl: Ja, genau. Wir bräuchten dann aber auch viel weniger Fördermaßnahmen. Denn wenn der CO2-Preis hoch genug ist, rechnen sich viele klimaschonende Investitionen von alleine. Das hat der Run auf die Wärmepumpen als Reaktion auf die rasant gestiegenen Erdgaspreise infolge des Ukrainekriegs im letzten Jahr eindrücklich belegt. Natürlich ist das mit Kosten für die Menschen verbunden. Aber anders als bei der kriegsbedingten Verteuerung gäbe es zum Ausgleich ja dann das Klimageld.
ne: Laut einer repräsentativen Umfrage des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung würden drei Viertel der Erwachsenen hierzulande ein Klimageld befürworten. Unter den Menschen, die sich große Sorgen um Umwelt und Klima machen, stößt das Konzept jedoch auf eine signifikant geringere Zustimmung. Wäre es rein unter ökologischen Gesichtspunkten effektiver, das gesamte Geld aus dem Emissionshandel in Klimaschutzmaßnahmen zu stecken?
Kalkuhl: Das ist eine laufende Debatte. Sie führt wieder zu den Förderprogrammen. In der Theorie, wenn man sie perfekt ausgestaltet, können solche Instrumente sehr gut sein. In der Praxis funktioniert das ganz selten. Vor ein paar Jahren wollte man beispielsweise noch neue Brennwerttechnik in den Erdgaskesseln fördern und hat das irgendwie als klimafreundlich erachtet, weil es eine Verbesserung zu den alten Gasheizungen war. Heute hat sich dieser Ansatz als Sackgasse herausgestellt. Bei breiter Förderung hat man immer auch Fehlförderung, die dann sehr teuer ist. Das ist das Hauptargument gegen den Ansatz, alles auf diese Karte zu setzen.
ne: Und inwiefern motiviert das Klimageld selbst zum Klimaschutz?
Kalkuhl: Ganz direkt gar nicht. Denn das Geld kann für alles Mögliche ausgegeben werden. Die Motivation kommt über den CO2-Preis. Er schafft die Lenkungswirkung, indem er dazu führt, dass emissionsintensiver Konsum sehr viel teurer wird, als wenn man emissionsärmere Alternativen wählt. Natürlich kann man versuchen, durch Informationskampagnen und öffentliche Werbung ein Narrativ zu schaffen, wonach das Klimageld den Umstieg ins klimaneutrale Wohnen und Fortbewegen erleichtern soll. Aber letztlich ist es eine freie Entscheidung der Menschen, wofür sie das Geld verwenden.
ne: Sie können es also auch in Flugreisen oder ein größeres Auto stecken.
Kalkuhl: Absolut richtig.
ne: Wie groß ist dann die Gefahr, dass das Klimageld die Wirkung des CO2-Preises konterkariert?
Kalkuhl: Dazu gibt es empirische Abschätzungen: Wenn man nur die CO2-Bepreisung hätte und gar nichts rückerstatten würde, wäre der CO2-Einspareffekt etwa ein Viertel größer als mit Klimageld. Heißt im Umkehrschluss, der CO2-Preis muss bei Auszahlung eines Klimageldes ein bisschen höher liegen, um immer noch die gleichen Klimaziele zu erreichen. Wenn die Politik den CO2-Preis festsetzt, kann sie das berücksichtigen. Insofern ist das kein Problem.
ne: Sie haben es schon angesprochen: Länder wie Österreich oder die Schweiz haben bereits ein Klimageld eingeführt. Hat sich das für die Energiewende dort bewährt? Hat das Zusatzeinkommen die Zustimmung der Bevölkerung zur CO2-Bepreisung erhöht?
Kalkuhl: Nicht so sehr, weil das Geld von den Menschen kaum wahrgenommen wird. Viele haben gar nicht gemerkt, dass sie da etwas zurückerstattet bekommen. Eben deshalb ist es meiner Meinung nach so wichtig, auf die Sichtbarkeit der Auszahlung zu achten.
ne: Aber von der Idee des Klimageldes sind Sie trotz der mäßigen Bilanz in anderen Ländern weiterhin überzeugt?
Kalkuhl: Ja, ich halte es für absolut notwendig, um einen für alle gangbaren Weg aus der Klimakrise zu finden. Klimaneutralität zu erlangen ist eine Jahrhundertaufgabe, vor der die aktuelle Generation steht. Die Transformation ist unwahrscheinlich komplex, weil sie so weite Bereiche betrifft und so viel ineinandergreifen muss. Dazu braucht es neben dem Zertifikatehandel sicher noch weitere flankierende Maßnahmen wie Investitionen in öffentliche Infrastruktur, Kreditprogramme und staatliche Regulierung. Aber die CO2-Bepreisung bleibt in jedem Fall ein ganz zentrales Instrument. Nur hat sie eben den Nachteil, zu hohen Kosten für einzelne Haushalte zu führen. Dafür muss man ein Lösungskonzept entwickeln. Und das Klimageld ist ein entscheidender Baustein darin.
Dieses Interview ist erschienen in Ausgabe 08/2023 von neue energie.
Matthias Kalkuhl
leitet die Arbeitsgruppe Wirtschaftswachstum und menschliche Entwicklung am MCC Berlin und ist Professor an der wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Potsdam. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehört die CO2-Bepreisung. Unter anderem hat er mehrere Studien zu den verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten der Einnahmen aus dem Zertifikatehandel mitverfasst.