Viele Kommunen klagen derzeit über leere Kassen. Dabei müssten sie bloß auf Windparks setzen, um sie so richtig klingeln zu lassen. Wie groß der langfristige wirtschaftliche Effekt ist, hat die Beratungsgesellschaft Windguard am Beispiel dreier Landkreise im Westen Niedersachsens ausgerechnet. Die Ergebnisse sind beeindruckend: Allein im Landkreis Emsland ist demnach mit bis zu 9,0 Milliarden Euro an kommunalen Einnahmen und regionalökonomischen Effekten zu rechnen. In den benachbarten Landkreisen Osnabrück und Grafschaft Bentheim summieren sich die Effekte auf 1,7 Milliarden Euro beziehungsweise 2,0 Milliarden Euro.
Diese Summen seien freilich nur dann realistisch, schränkt Windguard ein, wenn alle verfügbaren und für die Erreichung der Flächenziele notwendigen Flächen in den drei Landkreisen bis 2040 mit Windrädern bebaut werden. Dabei geht die Studie „Wertschöpfung durch Windenergieprojekte“, in Auftrag gegeben vom Landesverband Erneuerbare Energien Niedersachsen/Bremen (LEE), von einer 20-jährigen Laufzeit der Anlagen aus. Die kommunale Wertschöpfung verteilt sich also auf die Zeit von heute bis zum Jahr 2060.
Das schmälert die jährlichen Effekte aber keineswegs: Im Landkreis Emsland kommt die Windguard-Studie allein für das Jahr 2035 auf ein Plus von mehr als 250 Millionen Euro, für das Jahr 2045 sogar auf 400 Millionen Euro. Auch in den beiden Nachbarkreisen ist laut Studie ein Plus an kommunaler Wertschöpfung von etwa 100 Millionen Euro in vielen Jahren möglich. Das Gros der Einnahmen kommt allerdings nicht direkt den Kommunen zugute, obwohl die sich über wachsende Einnahmen durch die Gewerbesteuer freuen können. Von den „regionalökonomischen Effekten“ profitieren vor allem lokale Dienstleister, Unternehmen und Landeigentümer durch zusätzliche Umsätze.
Chancen bieten sich in allen Phasen eines Windenergieprojekts: „In der Planungs- und Realisierungsphase entstehen Effekte durch die Beteiligung lokaler Windenergie-Projektentwickler, Planungsbüros, Gutachter und Bauunternehmen“, heißt es in der Studie. „In der Betriebsphase ergeben sich Potenziale durch Pachtzahlungen, Versicherungen, Betriebsführung und Wartung.“ Je stärker sich lokale Unternehmen in den Ausbau der Windenergie einbringen, desto ausgeprägter seien die Effekte für die lokale Wertschöpfung.
Akzeptanz schaffen
Neben der örtlichen Wirtschaft profitieren auch die Bürgerinnen und Bürger von den Windparks: Sie werden in Niedersachsen finanziell an Windkraftanlagen beteiligt, wenn sie innerhalb eines 2,5-Kilometer-Radius um diese Anlagen wohnen. „Die direkte Beteiligung der Bürger schafft nicht nur Vertrauen, sondern auch eine spürbare Wertschöpfung vor Ort“, sagt LEE-Referentin Tomke Menger. Der LEE sehe daher in der Energiewende nicht nur eine technologische, sondern auch eine soziale Herausforderung, die durch partizipative Modelle erfolgreich gestaltet werden könne.
Welche Beteiligungsmodelle sich besonders eignen, um Akzeptanz zu schaffen, hat die Studie ebenfalls erkundet. Drei Favoriten schälen sich dabei heraus: Bei Bürgerenergie- und Kommanditgesellschaften (GmbH & Co. KG) sind Bürger und Bürgerinnen unternehmerisch direkt am Projekt beteiligt und damit Miteigentümer; bei Nachrangdarlehen sind sie hingegen zeitlich befristete Kapitalgeber. Das Darlehen hat eine definierte Dauer und gewährt eine feste Verzinsung.
Zukunftsmodell PPASteht für Power Purchase Agreement: längerfristiger Stromliefervertrag zwischen einem Erzeuger und einem Verbraucher, z.B. einer Fabrik.Steht für Power Purchase Agreement: längerfristiger Stromliefervertrag zwischen einem Erzeuger und einem Verbraucher, z.B. einer Fabrik.
Die Studie beleuchtet zudem das wirtschaftliche Potenzial sogenannter Power Purchase Agreements (PPAs). Diese langfristig ausgelegten Stromabnahmeverträge ermöglichen es Unternehmen, günstigen Ökostrom direkt zu beziehen und dabei einen Beitrag zur Dekarbonisierung zu leisten. PPAs bieten nicht nur finanzielle Vorteile, sondern auch Planungssicherheit und eine verbesserte CO₂-Bilanz. Beispielhaft rechnet die Studie vor, wie durch den Direktbezug von Windstrom über einen Zeitraum von zehn Jahren bis zu 5,4 Millionen Euro eingespart werden können. Damit seien PPASteht für Power Purchase Agreement: längerfristiger Stromliefervertrag zwischen einem Erzeuger und einem Verbraucher, z.B. einer Fabrik.Steht für Power Purchase Agreement: längerfristiger Stromliefervertrag zwischen einem Erzeuger und einem Verbraucher, z.B. einer Fabrik.-Modelle insbesondere für energieintensive Unternehmen in der Region attraktiv und trieben den Ausbau der Windenergie weiter voran.
Was spricht dagegen? „Niedersachsen ist Energieland Nummer eins – aber Deutschland auch Bürokratieland Nummer eins“, sagt Anke Schweda von der IHK Osnabrück – Emsland – Grafschaft Bentheim und fordert zugleich: „Wir brauchen für die sichere Versorgung unserer Industrie flexiblere Regeln.“