Investoren sind auch nur Menschen. Je opulenter die erwarteten Gewinne, desto williger investieren sie. Darüber freuen sich derzeit vor allem Startups, die Einsatzgebiete für künstliche Intelligenz (KI) ausloten. Zugleich leiden andere Branchen darunter, dass das Geld an ihnen vorbeifließt. Grundsätzlich allerdings ist das Interesse an technologischen Innovationen, mit denen die Energiewende vorangetrieben werden kann, weiterhin groß. Der Startup-Verband zählt deutschlandweit 3000 Green-Tech-Startups, von denen sich mehr als ein Viertel mit Energie beschäftigen. 11,7 Milliarden Euro flossen in den vergangenen fünf Jahren in diese Branche, laut Green-Tech Monitor ist die „Tendenz steigend“. Nicht zuletzt, weil viele dieser Gründer ebenfalls auf KI setzen. „Und weil es eine gute Marktchance gibt“, sagt Eric Weber, der das Leipziger Gründungszentrum Spinlab leitet.
In Leipzig sitzt auch Enadyne. Das junge Unternehmen tüftelt an Verfahren, mithilfe von Plasmakatalyse klimaschädliches Kohlendioxid abzufangen und in Ethylen oder Methanol für die Chemieindustrie zu verwandeln. „In den letzten zwei Jahren, wo wir dann sukzessive das Fundraising hochgefahren haben, sprachen wir bestimmt mit 100 Investoren. Das ist schon Arbeit“, sagte Enadyne-Mitgründer Philipp Hahn kürzlich dem MDR. „Das ist jetzt nicht so, dass einem die Investitionen einfach so zufliegen.“
Skeptische Geldgeber
Ähnlich hoch im Kurs stünden bei Investoren innovative Technologien, die Betrieb und Management von Solar- und Windanlagen verbessern. Vor allem, wenn es darum geht, Hard- und Software effizienzsteigernd zu verknüpfen, zeigen europäische Startups ihr Können – und dann fließt auch Geld.
Kapital, um zu skalieren
Folgerichtig gibt es bemerkenswerte Erfolgsgeschichten aus Deutschland. So konnte das Hamburger Startup Rabot Charge, das dynamische Ökostromtarife anbietet, in einer Series-A-Finanzierungsrunde 17,5 Millionen Euro einwerben. Und Enviria aus Frankfurt/Main erhielt mehr als 185 Millionen Euro von Kapitalgebern wie Blackrock, um dezentrale Solarlösungen für Unternehmen bereitzustellen.
Doch die meisten Gründerinnen und Gründer in der Erneuerbare-Energien-Branche stehen vor einem Dilemma: Ihre oft preisgekrönten Ideen sind innovativ, sobald es aber um das nötige Wachstumskapital geht, stoßen sie auf taube Ohren. „Damit grüne Innovationen schnell wachsen und in die Praxis kommen, brauchen unsere Startups mehr Kapital“, sagt Helmut Schönenberger vom Startup-Verband, der „institutionelle Investoren stärker mobilisieren“ will.
In der Frühphase kommen viele Gründerinnen und Gründer recht leicht an öffentliche Fördermittel und Venture Capital (Wagniskapital), doch in späteren Entwicklungsphasen gestaltet sich die Finanzierung schwieriger. Laut Bundeswirtschaftsministerium haben europäische Cleantech-Unternehmen im Vergleich zu ihren US-amerikanischen Pendants geringere Chancen, in der Skalierungsphase ausreichend Kapital zu bekommen. Banken betrachten Investitionen in neue Technologien oft als zu riskant, was den Zugang zu klassischen Finanzierungsquellen erschwert.
Europa fördert
Bleiben die Fördergelder. Neben den deutschen stehen auch auf europäischer Ebene diverse Förderprogramme zur Verfügung, die Startups im Bereich der erneuerbaren Energien unterstützen. Der EU-Innovationsfonds etwa stellt 2,4 Milliarden Euro für Projekte bereit, die Netto-Null-Technik entwickeln. Und das Horizon-Europe-Programm investiert rund 5,6 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung, um den European Green Deal voranzubringen.
Parallel dazu entwickelt sich eine Alternative zu institutionellen Investoren und Fördergeldern: Etablierte Unternehmen zeigen sich zunehmend bereit, mit Gründerinnen und Gründern zu kooperieren. 71 Prozent der Green-Tech-Startups arbeiten mit der Wirtschaft zusammen, besagt der aktuelle Green-Tech Monitor: „Diese Partnerschaften sind entscheidend, um neue Technologien schnell zu skalieren und in die industrielle Anwendung zu bringen.“ Wie das in der Praxis aussehen kann, zeigt Solar Materials. Das Magdeburger Startup arbeitet mit diversen Unternehmen als Investoren zusammen, um eine industrielle Recyclinganlage für Solarmodule zu errichten. Startups sind also idealerweise nicht nur technologisch, sondern auch bei der Finanzierung innovativ.