Startups

Wachstumsschmerzen

Das Produkt funktioniert. Es gibt erste Kunden. Trotzdem kommen viele Startups kaum vom Fleck: Ihnen fehlt das Geld zum Wachsen. Wie lässt sich das ändern?
Von:  Michael Prellberg
25.06.2025 | 4 Min. | 1
Erschienen in: Ausgabe 06/2025
Die meisten Gründerinnen und Gründer in der Erneuerbare-Energien-Branche stehen vor einem Dilemma: Ihre oft preisgekrönten Ideen sind innovativ, sobald es aber um das nötige Wachstumskapital geht, stoßen sie auf taube Ohren.
Die meisten Gründerinnen und Gründer in der Erneuerbare-Energien-Branche stehen vor einem Dilemma: Ihre oft preisgekrönten Ideen sind innovativ, sobald es aber um das nötige Wachstumskapital geht, stoßen sie auf taube Ohren.
Illustration: Alona Horkova/iStock

Investoren sind auch nur Menschen. Je opulenter die erwarteten Gewinne, desto williger investieren sie. Darüber freuen sich derzeit vor allem Startups, die Einsatzgebiete für künstliche Intelligenz (KI) ausloten. Zugleich leiden andere Branchen darunter, dass das Geld an ihnen vorbeifließt. Grundsätzlich allerdings ist das Interesse an technologischen Innovationen, mit denen die Energiewende vorangetrieben werden kann, weiterhin groß. Der Startup-Verband zählt deutschlandweit 3000 Green-Tech-Startups, von denen sich mehr als ein Viertel mit Energie beschäftigen. 11,7 Milliarden Euro flossen in den vergangenen fünf Jahren in diese Branche, laut Green-Tech Monitor ist die „Tendenz steigend“. Nicht zuletzt, weil viele dieser Gründer ebenfalls auf KI setzen. „Und weil es eine gute Marktchance gibt“, sagt Eric Weber, der das Leipziger Gründungszentrum Spinlab leitet.

In Leipzig sitzt auch Enadyne. Das junge Unternehmen tüftelt an Verfahren, mithilfe von Plasmakatalyse klimaschädliches Kohlendioxid abzufangen und in Ethylen oder Methanol für die Chemieindustrie zu verwandeln. „In den letzten zwei Jahren, wo wir dann sukzessive das Fundraising hochgefahren haben, sprachen wir bestimmt mit 100 Investoren. Das ist schon Arbeit“, sagte Enadyne-Mitgründer Philipp Hahn kürzlich dem MDR. „Das ist jetzt nicht so, dass einem die Investitionen einfach so zufliegen.“

Skeptische Geldgeber

Es ist paradox. Wir haben ein funktionierendes Produkt, wir haben Pilotkunden – was fehlt, ist das Kapital, um zu skalieren.“ Lena Schröder, Mitgründerin eines Startups für modulare Solarspeicher
Lena Schröder kennt das Problem. Sie sitzt in Heidelberg zwischen Whiteboards, Kabelsalat und halbvollem Kaffeebecher vor ihrem Laptop. Die Mitgründerin eines Startups für modulare Solarspeicher klickt sich durch eine Excel-Tabelle mit Fördertöpfen – ein endloses Labyrinth aus Bürokratie und Kleingedrucktem. „Es ist paradox“, sagt Schröder frustriert. „Wir haben ein funktionierendes Produkt, wir haben Pilotkunden – was fehlt, ist das Kapital, um zu skalieren.“ Fünf Gespräche mit potenziellen Geldgebern hatte sie in den vergangenen vier Wochen. Jedes Mal hörte die Gründerin dieselben Argumente: zu riskant, zu langfristig, zu technologieoffen. Diese Skepsis überrascht, denn alles, was mit Batterien und Speichern zu tun hat, ist laut Unternehmensberatung Oliver Wyman weltweit bei Investoren besonders gefragt. Allerdings gehen nicht einmal zehn Prozent dieser Investitionen an europäische Startups – das meiste Geld landet bei asiatischen und US-amerikanischen Gründern.

Ähnlich hoch im Kurs stünden bei Investoren innovative Technologien, die Betrieb und Management von Solar- und Windanlagen verbessern. Vor allem, wenn es darum geht, Hard- und Software effizienzsteigernd zu verknüpfen, zeigen europäische Startups ihr Können – und dann fließt auch Geld.

Kapital, um zu skalieren

Folgerichtig gibt es bemerkenswerte Erfolgsgeschichten aus Deutschland. So konnte das Hamburger Startup Rabot Charge, das dynamische Ökostromtarife anbietet, in einer Series-A-Finanzierungsrunde 17,5 Millionen Euro einwerben. Und Enviria aus Frankfurt/Main erhielt mehr als 185 Millionen Euro von Kapitalgebern wie Blackrock, um dezentrale Solarlösungen für Unternehmen bereitzustellen.

Doch die meisten Gründerinnen und Gründer in der Erneuerbare-Energien-Branche stehen vor einem Dilemma: Ihre oft preisgekrönten Ideen sind innovativ, sobald es aber um das nötige Wachstumskapital geht, stoßen sie auf taube Ohren. „Damit grüne Innovationen schnell wachsen und in die Praxis kommen, brauchen unsere Startups mehr Kapital“, sagt Helmut Schönenberger vom Startup-Verband, der „institutionelle Investoren stärker mobilisieren“ will.

In der Frühphase kommen viele Gründerinnen und Gründer recht leicht an öffentliche Fördermittel und Venture Capital (Wagniskapital), doch in späteren Entwicklungsphasen gestaltet sich die Finanzierung schwieriger. Laut Bundeswirtschaftsministerium haben europäische Cleantech-Unternehmen im Vergleich zu ihren US-amerikanischen Pendants geringere Chancen, in der Skalierungsphase ausreichend Kapital zu bekommen. Banken betrachten Investitionen in neue Technologien oft als zu riskant, was den Zugang zu klassischen Finanzierungsquellen erschwert.



Europa fördert

Bleiben die Fördergelder. Neben den deutschen stehen auch auf europäischer Ebene diverse Förderprogramme zur Verfügung, die Startups im Bereich der erneuerbaren Energien unterstützen. Der EU-Innovationsfonds etwa stellt 2,4 Milliarden Euro für Projekte bereit, die Netto-Null-Technik entwickeln. Und das Horizon-Europe-Programm investiert rund 5,6 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung, um den European Green Deal voranzubringen.

Parallel dazu entwickelt sich eine Alternative zu institutionellen Investoren und Fördergeldern: Etablierte Unternehmen zeigen sich zunehmend bereit, mit Gründerinnen und Gründern zu kooperieren. 71 Prozent der Green-Tech-Startups arbeiten mit der Wirtschaft zusammen, besagt der aktuelle Green-Tech Monitor: „Diese Partnerschaften sind entscheidend, um neue Technologien schnell zu skalieren und in die industrielle Anwendung zu bringen.“ Wie das in der Praxis aussehen kann, zeigt Solar Materials. Das Magdeburger Startup arbeitet mit diversen Unternehmen als Investoren zusammen, um eine industrielle Recyclinganlage für Solarmodule zu errichten. Startups sind also idealerweise nicht nur technologisch, sondern auch bei der Finanzierung innovativ.

Diese Startups stellen sich vor

Kommentare (1)

Es ist traurig, dass selbst hochinnovative Start-ups sich in Deutschland über den Kapitalmarkt finanzieren müssen.
Warum werden Innovationen, die für unser Land überlebenswichtig sind, nicht wie in China, vollständig vom Staat übernommen. Unser Land wäre wirtschaftlich schon sehr viel weiter.

Vorschlag: Besonders innovative Ideen werden vom Staat nicht nur zu 50 %, sondern zu 100 % gefördert. Nach ihrer Markteinführung müssen 50 % der Fördermittel zurückgezahlt werden oder der Staat bleibt mit 50 % am Unternehmen beteiligt. Da der Wert solcher Unternehmen am Anfang besonders stark wächst, wäre das für ihn ein sicherer Zugewinn. Besonders zu begrüßen, wenn Teile dieser Zugewinne in die Rentenfinanzierung fließen und helfen würden, diese zu sichern.

27.06.2025 - 08:56 | Gernot Kloss

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Illustration: Alona Horkova/iStock
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