Windenergie

„Klare Fehlentscheidung“

In Rostock wurde gestern das letzte deutsche Werk für Rotorblätter von Windenergieanlagen geschlossen, 600 Menschen haben ihren Job verloren. Branchenvertreter und Gewerkschaft üben scharfe Kritik an dem Schritt.
Von:  Michael Hahn
01.07.2022 | Aktualisierung: 12.07.2022 | 2 Min.

Der Windenergieanlagenhersteller Nordex hat gestern (30. Juni) seine Rotorblattfertigung in Rostock eingestellt, rund 600 Menschen haben ihren Job verloren und wechseln in eine Transfergesellschaft. Das Unternehmen begründete die Ende Februar angekündigte Werksschließung mit der globalen Wettbewerbssituation und einer Verschiebung der Nachfrage. Die in Rostock produzierten Rotorblätter sollen künftig von Drittanbietern etwa in Spanien oder Indien hergestellt werden.

Als eine „klare Fehlentscheidung“ bezeichnete der Landesverband Erneuerbare Energien Mecklenburg-Vorpommern die Schließung des letzten noch in Deutschland verbliebenen Rotorblattwerks in einer Mitteilung. „600 Arbeitsplätze gehen in Rostock verloren – das ist Wahnsinn, denn wir brauchen gerade jetzt die Windkraftanlagen, um die Energiewende in Mecklenburg-Vorpommern voranzutreiben. In ein, zwei Jahren werden wir jedes Rotorblatt brauchen – und zwar aus Indien und aus Deutschland und auch zu höheren Preisen“, kommentierte der Verbandsvorsitzende Johann-Georg Jaeger.

Die Schließung des Werks müsse als eindeutiges Zeichen an die Politik gesehen werden. „Die Unternehmen in der Erneuerbare-Energien-Branche brauchen klare Rahmenbedingungen für schnellere Genehmigungsverfahren, ansonsten schaffen wir die Energiewende nicht“, so Jaeger.

„Klimapolitisch nicht sinnvoll“

Daniel Friedrich, Bezirksleiter der Gewerkschaft IG Metall Küste kritisierte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur, der Transport der Rotoren über tausende Kilometer sei klimapolitisch nicht sinnvoll. „Wenn wir jetzt von der Stärkung der Energiewende und der erneuerbaren Energien reden, dann müssen wir dafür sorgen, dass wieder Arbeitsplätze in Deutschland entstehen“, wird Friedrich zitiert. Ein neuer Investor für das Gelände sei nicht in Sicht.

Nordex hatte bereits im Februar erklärt, man begrüße „das klare Bekenntnis zur Beschleunigung der Energiewende der jetzigen Regierung in Deutschland sehr“. Der Erneuerbaren-Ausbau stoße jedoch in Deutschland und Europa auf Hürden, etwa langwierige Planungs- und Genehmigungsverfahren. Nach dem Einbruch in den Jahren 2017 und 2018 erhole sich der deutsche Markt nur sehr langsam.

Im Jahr 2021 seien „nur rund 40 Prozent der in Rostock produzierten Rotorblätter für Projekte in Deutschland eingesetzt worden. In Mecklenburg-Vorpommern selbst sind 2021 nur zwei Nordex-Turbinen errichtet worden“, schreibt der Hersteller. Auch wenn es absehbar einen Aufschwung im Markt gebe, werde sich das erst in mehreren Jahren in der Bilanz spiegeln. Angesichts des „gegenwärtigen Kostendrucks und aufgrund fehlender Wirtschaftlichkeit und Kapazitätsauslastung“ sei es nicht möglich, das Werk weiter zu betreiben.

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