MB Energy -  Energie für Ihren Erfolg
Stromnetze

Warten auf die Wandler

Lieferengpässe bei Transformatoren setzen der Strombranche zu. Die Hersteller können die weltweit steigende Nachfrage nach den essenziellen Komponenten derzeit nicht stillen. Gerät die Energiewende dadurch ins Stocken?
Von:  Daniel Hautmann
16.05.2025 | 5 Min. | 1
Erschienen in: Ausgabe 05/2025
Prüfprozedur: Leistungstransformator in einem Testfeld bei Hitachi Energy in Bad Honnef.
Prüfprozedur: Leistungstransformator in einem Testfeld bei Hitachi Energy in Bad Honnef.
Foto: Hitachi Energy

Ohne Transformatoren wäre die Transformation der Energiebranche nicht machbar. Die Spannungswandler sind für den reibungslosen Stromtransport über weite Strecken nötig – etwa auch von den Nordsee-Windfarmen quer durchs Land bis in die süddeutschen Verbrauchszentren. Sie stehen neben Windrädern oder Photovoltaikanlagen, sind am Anfang und Ende von Hochspannungstrassen verbaut, ferner in Wohngegenden, um über Niederspannungsnetze die Haushalte zu versorgen. In den eigenen vier Wänden senken kleine Trafos schließlich die Spannung von den üblichen 230 Volt auf ein niedrigeres Niveau, das kleine Elektrogeräte benötigen.

„Trafos sind wichtige Knotenpunkte im Stromnetz, dem Rückgrat der Energieversorgung“, sagt Sabrina Manschek, Leiterin Portfoliomanagement und Strategieentwicklung für Stromnetz-Technologien bei Siemens Energy. Sogenannte Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungs-Verbindungen (HGÜ) gelten sogar als Schlüsselkomponenten der Strombranche. „Im Inneren von Umrichterstationen sorgen sie dafür, dass der Strom, der etwa aus Windparks stammt, auf die notwendige Übertragungsspannung angehoben und in der Empfänger-Konverterstation wieder abgesenkt wird, um ihn dann in das dortige Netz einspeisen zu können“, so Manschek.

Horrende Preiserhöhungen

Kein Wunder, dass ein jüngst veröffentlichter Bericht der Internationalen Energieagentur (IEA) viele Stromnetzbetreiber aufhorchen ließ. Denn Transformatoren sind demnach immer schwieriger zu beschaffen. Eine IEA-Umfrage unter führenden Akteuren der Branche hatte ergeben, dass die Beschaffung von Kabeln derzeit zwei bis drei Jahre dauere, für die Beschaffung großer Leistungstransformatoren müsse man bis zu vier Jahre Lieferzeit einplanen. Die durchschnittlichen Vorlaufzeiten hätten sich damit seit 2021 fast verdoppelt. Einige Spezialkomponenten seien sogar noch schwieriger zu bekommen: Gleichstromkabel etwa, die für Langstreckenleitungen genutzt werden, haben momentan Lieferzeiten von mehr als fünf Jahren.

Die starke Nachfrage habe zudem die Preise der essenziellen Komponenten in die Höhe getrieben. Für einzelne Aufträge hingen sie zwar in hohem Maße von der Komplexität und Kapazität ab, die von Projekt zu Projekt variierten, aber die Ergebnisse der Umfrage deuten darauf hin, dass sich die Kabelpreise seit 2019 fast verdoppelt hätten; um rund 75 Prozent gestiegen seien seither die Preise von Leistungstransformatoren. Auch Materialien wie Kupfer und Aluminium hätten sich verteuert. Die Kombination aus steigenden Komponentenkosten, längeren Beschaffungsvorlaufzeiten und einem erheblichen Auftragsbestand trage zu höheren Projektkosten und Verzögerungen bei, so das Ergebnis der IEA-Untersuchung.

„Die Transformatorenbranche steht unter einem noch nie dagewesenen Druck“, sagte Edvard Christoersen von Rystad Energy unlängst der Financial Times. Er schätzt, dass die Lieferengpässe noch bis Ende 2026 andauern werden: Leistungstransformatoren seien derzeit die am stärksten unterversorgte kritische Stromnetzausrüstung. „Die Situation bei Transformatoren ist in der Tat ein Engpass“, bestätigt ein Sprecher des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE). Die Lieferzeiten für Trafos und Umspannwerke seien inzwischen sehr lang. Die Projektträger hätten sich aber darauf eingestellt und „bestellen oft deutlich vor Genehmigung beziehungsweise Zuschlag“. Für etwas Entspannung sorge zudem, dass die Ampelregierung noch kurz vor Ende der Legislatur die Überbauung von Netzverknüpfungspunkten ermöglicht hatte. Dadurch werde der Netzanschluss deutlich beschleunigt, und der Netzausbau könne aufholen. Wichtig sei zudem die Standardisierung von Anschlussbedingungen und Anforderungen über alle 790 Verteilnetzbetreiber hinweg. „Das würde die Situation weiter verbessern“, heißt es seitens des BEE.

Lieferengpässe dauern an

Wie hoch der Bedarf an Transformatoren in Deutschland bis 2045 sein wird, haben Forschende der Bergischen Universität Wuppertal ermittelt. Demnach sind die Geräte nicht nur für das Übertragungsnetz essenziell, sondern auch für die Verteilnetze. Laut Studie entspricht der prognostizierte Bedarf 50 bis 80 Prozent der aktuell verbauten Geräte, also rund einer halben Million Transformatoren für die Umspannung von Mittel- auf Niederspannung. Die Anzahl entspreche knapp 80 Prozent des Bestands. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Transformatoren für die Umspannung von der Hoch- auf die Mittelspannung: Mehr als 5000 Geräte, knapp 70 Prozent des Bestands, müssten neu errichtet, aufgerüstet oder ersetzt werden.

Ausgleichen lässt sich die Versorgungslücke wohl nicht so leicht, denn in den USA und Europa müssen zurzeit Tausende Transformatoren altersbedingt ersetzt werden. Die Lebensdauer der Bauteile beträgt rund 40 Jahre. Allein das: ein Riesenmarkt mit geradezu gigantischer Nachfrage. Hinzu kommt der durch die globale Energiewende hervorgerufene Bedarf. Und auch das ist noch nicht alles: „Die Nachfrage ist nicht nur wegen der Energiewende hoch, sondern auch wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Die Reparatur der dortigen Infrastruktur ist auf Transformatoren angewiesen. Diese Nachfrage kann sich allerdings schnell ändern, wenn der Krieg beendet wird und die tägliche Bombardierung der Energieinfrastruktur aufhört. Solange diese Unsicherheit herrscht, kann man nicht einfach die Kapazitäten ausbauen“, betont der BEE-Sprecher.

Der eher schleppende Ausbau der Kapazitäten ist freilich nicht verwunderlich, da er mit hohen Investitionen verbunden ist, wovon das Material – Kupfer und sogenanntes kornorientiertes Elektroband für den Trafokern – nur etwa die Hälfte ausmacht. Hinzu kommen Isoliermaterialien und Kühlöl sowie die Personalkosten in den manufakturartigen Fabriken. Zwar erweitern die Hersteller ihre Kapazitäten, das geschieht aber eher zaghaft. So hatte Siemens Energy im Frühjahr 2024 angekündigt, 150 Millionen Dollar in den Ausbau des US-Standorts in Charlotte, North Carolina, zu stecken. Im Sommer erfolgte zudem der Spatenstich für die Erweiterung der Kapazitäten in der Steiermark. Hitachi Energy investiert in den Ausbau der Transformatorenfabrik in Bad Honnef derweil mehr als 30 Millionen Euro.

Stromfresser: Rechenzentren

Die Hersteller werden kaum in der Lage sein, die Produktion schnell genug zu steigern.“ Andreas Schierenbeck, Hitachi Energy

All das wird den Hunger nicht stillen können: „Die Hersteller werden kaum in der Lage sein, ihre Produktion schnell genug zu steigern, um die Nachfrage nach einer Aufrüstung der Stromnetze zu befriedigen“, gab Andreas Schierenbeck, Chef von Hitachi Energy, einem der weltgrößten Trafo-Lieferanten, jüngst in der Financial Times zu bedenken. Denn die Versorgung werde überdies durch den wachsenden Bedarf an Rechenzentren für generative künstliche Intelligenz belastet. „Mir hat man mal erklärt, dass die Herstellungskapazitäten auf den laufenden Bedarf ausgerichtet sind“, ergänzt Andreas Jahn, Energiespezialist beim Regulatory Assistance Project, einem mit Agora Energiewende assoziierten Thinktank. „Der hat sich aber zum einen durch den Krieg in der Ukraine erhöht, zum anderen durch die Energiewende beziehungsweise den Netzausbau. Dennoch zögern die Hersteller bisher, mehr Kapazitäten zu errichten“, so Jahn, „da sie nach der Transformationsphase nicht mehr benötigt werden.“

Kommentare (1)

Laut Studie entspricht der prognostizierte Bedarf [in Deutschland bis 2045] 50 bis 80 Prozent der aktuell verbauten Geräte, was mir eher zurückhaltend geschätzt vorkommt, bedenkt man den Bedarf für Wärmepumpen und Elektroautos auf der Verbraucherseite und u.a. für Solarparks auf der Erzeugungsseite.

Entlastung wäre möglich, wenn die Wärmeversorgung in starkem Maße über Wärmenetze, versorgt mit Solarparks und dort integrierten Wärmepumpen erfolgen würden, denn dann würde der Strom auf niedriger Spannung bleiben und alsbald verbraucht werden.

27.05.2025 - 22:05 | Falkenhagen Joachim

Kommentar verfassen

Hinweis: Kommentare werden vor der Freischaltung zunächst gesichtet. Dies kann unter Umständen etwas Zeit in Anspruch nehmen.

*Pflichtfelder

Die E-Mailadresse wird nicht gespeichert, sondern gelöscht, sobald Sie eine Bestätigungsmail für Ihren Kommentar erhalten haben. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung


Captcha Image
=
Prüfprozedur: Leistungstransformator in einem Testfeld bei Hitachi Energy in Bad Honnef.
Foto: Hitachi Energy
Termine
30.06.2025
Bewerbungsschluss für den Deutschen Solarpreis 2025
EUROSOLAR e.V. + NRW.Energy4Climate

01.07.2025 bis 02.07.2025
17. Branchentag NRW
Lorenz Kommunikation

02.07.2025
"49. Fachgespräch - „Solarspitzengesetz und Biomassepaket - aktuelle gesetzliche Änderungen und ihre Auswirkungen in der Praxis“"
Clearingstelle EEG|KWKG

03.07.2025
Branchentag Erneuerbare Energien Berlin-Brandenburg
Bundesverbände WindEnergie e.V. und Erneuerbare Energien e.V.