Im Mai bündelt die Intersolar als größte Fachmesse erneut die geballte Kraft der Branche. Der starke Photovoltaik-Ausbau 2024 zeigt – Erfolg und Potenzial ist groß. Erwarten Sie eher Optimismus oder Zurückhaltung bei den Unternehmen – wie steht es um die heimische Solarwirtschaft?
Seit im Jahr 2000 mit der Initiierung des EEG der Startschuss für die Industrialisierung der Solarwirtschaft gegeben wurde, hat unsere Branche in Deutschland und weltweit eine beispiellose Entwicklung genommen: Gemeinsam mit hoch engagierten und risikobereiten Pionieren ist es gelungen, binnen einer Generation aus einer teuren Satellitentechnik die günstigste Stromerzeugungsform auf Erden zu machen. Keine andere Kraftwerkstechnologie wächst derzeit weltweit so schnell wie die Photovoltaik.
Doch der Weg dahin war kein Spaziergang. Infolge ausgeprägter Beharrungskräfte der konventionellen Energiewirtschaft und eines harten internationalen Wettbewerbs war er immer wieder auch von Rückschlägen gesäumt.
Nach einer jüngsten Phase stabilen Wachstums zeichnet sich unsere heimische Solarbranche aktuell durch einen starken Downstream mit rund 20.000 zumeist mittelständischen Betrieben aus den Bereichen Handel, Handwerk, Projektierer, Betreiber und Dienstleistung aus. Insgesamt zählt die solare Wertschöpfungskette in Deutschland rund 150.000 Beschäftigte. Die anfängliche industrielle Führungsrolle im Bereich der Produktion von Solarmodulen und deren Vorprodukten mussten wir infolge politischer Versäumnisse, insbesondere zu Beginn der Zehnerjahre, leider an China abgeben.
Die Gesamtleistung aller in Deutschland installierten Solarstromanlagen hat zum Jahreswechsel die historische Marke von 100 Gigawatt (GW) überschritten. Solarenergie trägt damit erheblich zum Klimaschutz und immerhin zu beinahe 15 Prozent zur Deckung des deutschen Stromverbrauchs bei. Zudem hat sie im letzten Jahr die Preise an der Strombörse um 25 Prozent gesenkt. Damit profitieren nicht nur bereits rund fünf Millionen Photovoltaikanlagen-Betreiber, sondern auch die Gesamtheit der privaten und industriellen Stromkunden von einer weiterwachsenden Solarenergie in unserem Lande, was sich nicht zuletzt in ihren hohen Beliebtheitswerten niederschlägt.
Wie können die Weichenstellungen (Stichworte EEG, Solarpaket, Solarspitzengesetz, Preisobergrenze, Smart Metering etc.) für eine sonnigere Zukunft aussehen, um die Solarwirtschaft in Deutschland zu stärken?
Es ist gelungen, mit dem EEG 2023, dem Solarpaket im Jahr 2024 und dem Solarspitzengesetz Anfang 2025 die Basis für einen weiteren starken und noch netz- und systemdienlicheren Ausbau der Solarenergie in Deutschland zu legen.
Von der neuen Bundesregierung wünschen wir uns, dass sie auf Kurs bleibt und weitere Marktbarrieren abbaut. Dazu zählen unter anderem die Erleichterung und Beschleunigung von Genehmigungsverfahren und Netzanschlussprozessen, Verbesserungen für eine flexible Speichernutzung, massengeschäftstaugliche und standardisierte Kommunikationsprozesse zwischen Netzbetreibern und Direktversorgern, ein schnellerer Rollout von intelligenten Messsystemen und vieles mehr. Vorrangige Empfehlungen haben wir in einem Zehn-Punkte-Programm an die Politik adressiert.
Welche Trends sind in der Solarwirtschaft zu erwarten?
Ich möchte drei Trends kurz hervorheben: Die zunehmende Digitalisierung der Branche ist sicherlich einer der wichtigsten Trends. Eine intelligente Verzahnung der einzelnen Energiewendetechnologien, die zunehmende SektorenkopplungDie Nutzung von Strom in anderen Energie-Sektoren wie Wärme und Verkehr, z.B. durch E-Autos und Wärmepumpen.Die Nutzung von Strom in anderen Energie-Sektoren wie Wärme und Verkehr, z.B. durch E-Autos und Wärmepumpen. und eine stärkere Marktintegration setzen eine umfangreiche Digitalisierung und schnelle Kommunikationsprozesse voraus. Hier müssen die Verteilnetzbetreiber zügiger in die Umsetzung kommen und alle Prozesse und die Netzbetriebsführung vereinfachen, standardisieren und digitalisieren.
Ferner beobachten wir einen starken Trend zu immer größeren Speichern, die in Solar- und Windparks errichtet und förderfrei über Arbitrage-Modelle finanziert werden. Ein systemdienlicher und noch stärkerer Speicherausbau ist für die nächste Phase der Energiewende in meinen Augen erfolgskritisch. Wir werden uns daher gegenüber der neuen Bundesregierung unter anderem für eine Privilegierung von Batteriespeichern und den konsequenten Abbau von Barrieren für einen intelligenten Betrieb von Klein- und Großspeichern einsetzen.
Abschließend noch ein kurzer Schwenk zur Solarthermie. Im großtechnischen Maßstab kann sie inzwischen bereits ab fünf Cent je Kilowattstunde emissionsfreie Wärme erzeugen. Wir sehen daher einen verstärkten Trend in den Kommunen zur solaren Nah- und Fernwärme. Mit weiter steigenden CO₂-Preisen und solartechnisch erzielbaren Temperaturen von bis zu 400 Grad Celsius dürften in der zweiten Hälfte der Zwanzigerjahre zudem immer mehr Unternehmen Solarwärme als verlässliche und preisstabile Quelle für die Erzeugung von Prozesswärme für sich entdecken.