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Interview der Woche

„Europa verliert seine Führungsposition"

…bei Investitionen in größere Erneuerbaren-Projekte. Und es gibt in Europa viele politische Unsicherheiten, die zu klären sind – sagt Angus McCrone, Chefredakteur bei Bloomberg New Energy Finance in London.
Von:  Chefredakteur neue energie
25.04.2014 | Aktualisierung: 25.04.2014 | 4 Min.

neue energie: Ich beziehe mich auf eine Bloomberg-Schlagzeile aus jüngster Zeit: „Stärkeres erstes Quartal für weltweite Anlagen in saubere Energien“. Das stimmt tatsächlich für kleine Solarunternehmen. Aber wie steht es um die Onshore- und Offshore-Windkraft? Können Sie mir dazu Ihre „Wind-Vorhersagen“ für das laufende Jahr und für 2015 geben?

Angus McCrone: Unsere letzte Bloomberg New Energy Finance Prognose sagt für die gesamten weltweiten Windenergieanlagen 2014 eine Leistung von 47,3 Gigawatt voraus, gegenüber 32,2 Gigawatt im Jahr 2013, und für 2015 eine Leistung von 52,6 Gigawatt. Von diesen Gesamtzahlen wird die Offshore-Windleistung 2013 bei 1,5 Gigawatt liegen, 2014 bei 2,6 Gigawatt und 2015 bei 3,7 Gigawatt. Diese Werte unterscheiden sich vom Investitionstrend, da der Moment der Finanzierung ein Jahr oder mehr vor der Auftragsvergabe für das Projekt liegen kann. Im ersten Quartal 2014 lagen die Finanzierungen von großen Windkraftprojekten im Energieversorgerbereich bei 22,8 Milliarden US-Dollar, ein Rückgang gegenüber 37,3 Milliarden US-Dollar im vierten Quartal 2013 und 26,1 Milliarden US-Dollar im ersten Quartal 2013.

neue energie: Bürgerenergie spielte bisher in Deutschland eine wichtige Rolle für die Finanzierung sauberer Energieprojekte. Glauben Sie, dass sich diese Situation ändern wird? Wie wichtig sind lokale Initiativen für die Projektfinanzierung insgesamt, in Europa und weltweit?

Angus McCrone: Deutschland war in dieser Hinsicht bisher führend, doch andere Länder werden voraussichtlich folgen, weil die politisch Verantwortlichen sensibler gegenüber den Meinungen der Bürger vor Ort werden. Beispielsweise sagt die Regierungskoalition in Großbritannien aktuell, dass sie sich einen höheren Anteil kommunal geführter Energieprojekte wünscht.

neue energie: Gibt es einen generellen Wandel bei den Akteuren in der Finanzierung von sauberen Energieprojekten? Oder anders gesagt, verliert der Mittelstand an Bedeutng? Wer spielt an dieser Stelle zurzeit die wichtigste Rolle? Und fällt Europa hinter die USA und China zurück?

Angus McCrone: Die bedeutendste Veränderung ist wahrscheinlich die, dass die europäischen Versorger ihre Investitionen in Projekte der erneuerbaren Energien zurückfahren. Das gilt nicht für alle Versorgungsunternehmen – beispielsweise führt Enel Green Power sein umfangreiches Investitionsprogramm fort, Dong ebenfalls. Aber andere wie RWE, SSE und Iberdrola kürzen oder haben bereits gekürzt. Die europäischen Finanzierungen von Projekten im Bereich erneuerbare Energien lagen im Jahr 2013 bei 23,5 Milliarden US-Dollar, von noch 37,1 Milliarden US-Dollar im Jahr 2012. Die Finanzierungen aus den USA betrugen 19,8 Milliarden US-Dollar, von zuvor 27,1 Millarden US-Dollar, während die chinesischen Finanzierungen bei 53,3 Milliarden US-Dollar lagen, ein Plus gegenüber zuvor 51 Milliarden US-Dollar. Europa verliert also derzeit sicherlich seine Führungsposition bei Investitionen in große Projekte für erneuerbare Energien, es bleibt jedoch neben Japan einer der beiden wichtigsten Standorte für Investitionen in kleine Solarprojekte.  

neue energie: Die verschiedene Investorentypen haben sehr unterschiedliche Renditeerwartungen. Wie hoch liegen diese Erwartungen aus Ihrer Sicht? Und gibt derzeit eine Korrektur?

Angus McCrone: Ich glaube nicht, dass sie sich verändert, abgesehen davon, dass institutionelle Anleger immer mehr die Attraktivität stabiler Erträge von bis zu sechs Prozent auf ihr Eigenkapital bei Erneuerbare-Energien-Projekten erkennen. Private-Equity-Investoren und Entwicklungsgesellschaften suchen aber weiterhin nach wesentlich höheren Renditen als beispielsweise Versorgungsunternehmen oder Einzelanleger.

neue energie: Die deutschen Banken fordern seit zwei Jahren höhere Eigenmittel. Das verringert die Eigenkapitalrendite. Wie ist die Situation auf internationaler Ebene für Onshore-/Offshore-Windkraftanlagen?

Angus McCrone: Die Basel-III-Vorschriften haben dazu geführt, dass die Banken in manchen europäischen Ländern, zum Beispiel in Großbritannien, von Verbindlichkeiten mit langer Laufzeit über 15 Jahre abrücken. Stattdessen bieten sie nur noch Kredite über sieben oder acht Jahre. Jedoch waren deutsche und japanische Banken, neben Entwicklungsbanken wie der EIB, bisher eher bereit, Geld über 15 Jahre anzubieten.

neue energie: Wenn wir über die sogenannte Energiewende reden, war Deutschland bislang eines der führenden Länder. Zuletzt gab es in Deutschland und folglich auch in Europa erhebliche politische Unsicherheiten. Sehen Sie langsam ein Comeback der Stabilität und damit eine verbesserte Situation für Investoren? 

Angus McCrone: Im Grunde nicht. Es gibt zahlreiche Unsicherheiten, die zu klären sind – angefangen bei der genauen Funktionsweise des CFD-Programms in Großbritannien, über das Ergebnis des schottischen Referendums im September, das Schicksal der Förderung für erneuerbare Energien in Frankreich vor dem Hintergrund der rechtlichen Auseinandersetzung um den Windtarif, Details des neuen Systems in Deutschland bis hin zu der Frage, ob die Unterstützung für grüne Zertifikate in Rumänien rückwirkend reduziert wird oder nicht. Beinahe die einzigen Staaten, wo die Unsicherheit signifikant abgenommen hat, sind Schweden, wo es im Februar eine neuen Schritt zur Reduzierung des Überangebots an Zertifikaten gab, und Irland, wo die Förderung durch das REFIT-Programm im letzten Jahr bis Ende 2017 verlängert wurde.

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