Batterien mit Lithium oder Natrium? Für Aytac Yilmaz ist das veraltete Technik. „Akkus mithilfe dieser Metalle zu bauen, ist erstens zu teuer. Und zweitens ist deren Recycling viel zu aufwendig.“ Effiziente Energiespeicher könne man viel günstiger und nachhaltiger herstellen, so der 36-jährige Gründer des niederländischen Startups Ore Energy. Man nehme: Eisen, Luft und Wasser. Mit diesen drei Zutaten will Yilmaz die Branche revolutionieren.
Erste Produktionsanlage für Eisen-Luft-Batterien im Bau
Das könnte tatsächlich klappen. Inzwischen hat Ore Energy zehn Millionen Euro Startkapital aus diversen Quellen eingesammelt, arbeitet bereits mit mehreren Energieversorgern zusammen und baut zurzeit die erste Produktionsanlage für Eisen-Luft-Batteriespeicher im Megawattbereich. Bis Ende des Jahrzehnts soll es gelingen, so Yilmaz, „die Kapazität der Batterien auf mehrere Gigawatt zu erhöhen.“ Großer Vorteil: Die Betriebskosten liegen bei knapp 16 Euro pro Kilowattstunde – ein Zehntel dessen, was bei Lithium-Ionen-Batterien anfällt.
Wie die Batterie atmet
Das Funktionsprinzip der Eisen-Luft-Akkus ist verblüffend simpel: Sie bestehen aus einer eisenhaltigen Anode, die von Wasser umgeben ist, und einer membranartigen Kathode. Beim Entladen dringt Sauerstoff durch die Membran in die Batterie ein – die eisenhaltige Anode rostet, und der Oxidationsprozess setzt Energie frei. Beim Ladevorgang regeneriert sich die Anode, der dabei frei werdende Sauerstoff entweicht durch die Membran (siehe Grafik). „Der Vorgang ist vergleichbar mit der Lungenatmung“, erläutert der Firmengründer.
Ganz neu ist die Idee freilich nicht. Schon in den 1960er Jahren gab es Forschungen zu Metall-Luft-Batterien. Dabei tauchten jedoch stets Probleme auf, da der Korrosionsvorgang von Eisen nur bedingt reversibel ist. Ore Energy scheint nun eine Lösung gefunden zu haben: Für die Anode verwendet das Unternehmen speziell aufbereitetes Eisenpulver – die genaue Rezeptur ist geheim. Auf der Kathodenmembran treffen die Feststoffe mit den Elektrolyten zusammen, also auf der einen Seite mit Wasser und auf der anderen Seite mit Luft. „Dort findet die Reaktion statt, die die Batterie atmen lässt“, sagt Ore-Energy-Gründer Yilmaz. „Beim Entladen wird Sauerstoff zu Hydroxyl-Ionen reduziert, beim Laden werden die Hydroxyl-Ionen wieder zu Sauerstoff.“
Einfaches Recycling
Während Yilmaz und sein 30-köpfiges Team noch mit der Skalierung des Prozesses beschäftigt sind, ist Form Energy schon einen Schritt weiter. In Lincoln im US-Bundesstaat Maine baut das Unternehmen derzeit eine gigantische Eisen-Luft-Batterie, die 2028 in Betrieb genommen werden soll. „Mit einer Kapazität von 8,5 Gigawattstunden kann sie künftig mehr als 50 000 Haushalte 100 Stunden lang mit Strom versorgen“, sagt Yet-Ming Chiang, einer der Gründer von Form Energy. Das entspricht dem 30-Fachen von Deutschlands größtem geplanten Batteriepark im niedersächsischen Alfeld.
Einziger Wermutstropfen: Der Wirkungsgrad der Redox-Reaktion von Eisen-Luft-Batterien liegt bei vergleichsweise niedrigen 50 bis 70 Prozent; Lithium-Ionen-Akkus kommen auf bis zu 95 Prozent. Dennoch ist Chiang angesichts der wesentlich niedrigeren Kosten und der guten Recyclingeigenschaften der Luft atmenden Batterien überzeugt, dass sie gute Chancen haben, sich als Energiespeicher auf dem Weltmarkt durchzusetzen.