Schnellere Genehmigungsverfahren, mehr Förderung: Die EU will den Ausbau der Windkraft in Europa voranbringen. Dazu hat die Kommission am 24. Oktober das sogenannte Windkraft-Paket mit 15 Maßnahmen in sechs Bereichen vorgelegt. Es sieht unter anderem vor, Genehmigungsverfahren zu digitalisieren und den Staaten dafür digitale Werkzeuge bereitzustellen. Brüssel erwägt auch, die EU-Notfallverordnung über den Juni 2024 hinaus zu verlängern. Sie ermöglicht es, in Wind-Vorranggebieten auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu verzichten. Im November soll ein Bericht über die Wirksamkeit der Richtlinie vorliegen, auf dessen Grundlage dann entschieden wird.
Kommission will unfaire Handelspraktiken beobachten
Der Plan der EU enthält darüber hinaus Vorschläge für eine Vereinheitlichung der Auktionen in den Mitgliedsländern. Neben dem Preis sollen bei den Ausschreibungen weitere Faktoren wie Cybersicherheit, Resilienz oder Nachhaltigkeit berücksichtigt werden. Um die Windindustrie innerhalb Europas auszubauen, will die EU Unternehmen den Zugang zu Förderung erleichtern. So soll das Budget für Erneuerbaren-Projekte im EU-Innovationsfonds auf 1,4 Milliarden Euro verdoppelt werden.
Derzeit stammt das Gros der in Europa errichteten Windleistung aus heimischer Produktion. Nach Angaben der EU sind 85 Prozent des europäischen Markts in der Hand von hiesigen Herstellern, die EU-weit 45 000 Menschen beschäftigen. Der Anteil der europäischen Produzenten am Weltmarkt sei allerdings gesunken – von 42 Prozent 2020 auf 35 Prozent 2022. Die Ursache sieht Brüssel vor allem in der rapiden Entwicklung der Windindustrie in China. Die Kommission kündigte an, unfaire Handelspraktiken und Subventionierung importierter Waren beobachten zu wollen – ohne dabei auf China zu verweisen oder konkrete Maßnahmen zu nennen.
Industrie: Windkraft-Paket ist Gamechanger
Das Windkraft-Paket sei ein „Gamechanger“ für Europas Windkraftindustrie, sagte Giles Dickson, Chef des Industrieverbands Wind Europe. Die neuen Maßnahmen zur Finanzierung, zu Auktionen und Genehmigungen würden die Entwicklung von Windparks beschleunigen und den europäischen Herstellern helfen, die entsprechende Ausrüstung zu liefern. Auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und der Bundesverband WindEnergie (BWE) begrüßten den Vorstoß der Kommission. Der BWE sieht allerdings noch Diskussionsbedarf bei den nicht-monetären Kriterien für die Ausschreibungen.
Die Mitgliedsstaaten müssten die Vorschläge aus Brüssel jetzt in Gesetzen verankern, forderte die Umweltschutzorganisation WWF. Europa sei noch weit davon entfernt, das eigene Klimaziel zu erreichen. Bis 2030 müssen dafür in der EU mehr als 500 Gigawatt (GW) Windkraft errichtet werden. Im vergangenen Jahr waren 204 GW installiert. Zwar konnte 2022 ein Rekordzubau von 16 GW erreicht werden. Doch das liegt immer noch unter den notwendigen rund 37 GW Zuwachs pro Jahr, wenn das 2030er-Ziel erreicht werden soll.