Die Aufgabe ist riesig: 190 Milliarden Euro müssten nach Berechnungen der KfW-Bankengruppe jährlich in Klimaschutz investiert werden, damit Deutschland bis 2045 klimaneutral ist. Doch im Klimatransformationsfonds fehlen 60 Milliarden Euro, im Haushalt 2025 droht eine Milliardenlücke und der Finanzminister steht auf der Schuldenbremse.
Woher also soll das Geld für die grüne Transformation in Deutschland kommen? Diese Frage war eines der zentralen Themen auf dem Ostdeutschen Wirtschaftsforum in Bad Saarow (Brandenburg), das gestern (04.06.) zu Ende ging. 450 Vertreter von Wirtschaftsverbänden und Unternehmen diskutierten mit Wissenschaftlern und den Spitzen der deutschen Politik. Unter anderen waren Bundeskanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck, Finanzminister Christian Lindner und Arbeitsminister Hubertus Heil gekommen.
190 Milliarden Euro für Klimaschutz im Jahr
Laut KfW-Analyse müssten deutsche Unternehmen jährlich 120 Milliarden Euro für die grüne Transformation ausgeben. Obwohl die Klimaschutzausgaben gestiegen sind, ist die Wirtschaft weit entfernt von diesem Ziel. 2022 verfehlte sie es um 48 Milliarden Euro – das entspricht annähernd der Größe des deutschen Verteidigungsetats. „Viele dieser Transformationsinvestitionen führen noch nicht zu zusätzlicher Profitabilität“, erläuterte Hauke Burkhardt von der Deutschen Bank. Vielmehr steige die Verschuldung und das technologische Risiko sei groß. Deutschland brauche mehr Risikokapital.
Nicht nur Olaf Scholz, der „Zukunftsinvestitionen“ und mehr Tempo zusagte, sondern auch Robert Habeck hatte wohl die bevorstehenden Landtagswahlen im Osten im Blick – und versprach Finanzhilfen. Mittel aus dem „Investitionsgesetz Kohleregionen“ für Brandenburg, Sachsen und Nordrhein-Westfalen, die bisher nur für den Infrastrukturausbau bestimmt sind, können demnach künftig auch für Ansiedlungen von Firmen, etwa der Solarbranche, ausgegeben werden. Unklar blieb allerdings, auf welche Summen genau die Länder hoffen dürfen.
Finanzminister Christian Lindner wiederum will eine neue Kapitalmarktkultur in Deutschland etablieren. Pensionskassen sollen nach US-amerikanischem Vorbild in Aktien investieren und auch die Billionen-Werte der Versicherer und Versorgungswerke will Lindner dafür gewinnen. Allerdings fehlt dafür bislang eine Nachhaltigkeits-Strategie (neue energie 6/24).
„Wir müssen privates Kapital mobilisieren“, betonte Katrin Leonhardt, Vorstandsvorsitzende der Sächsischen Aufbaubank. Sie sieht vor allem bei den kommunalen Unternehmen, die die Wärmewende umsetzen müssen, einen enormen Finanzbedarf. Den Unternehmen fehle vor allem Eigenkapital.
Wirtschaft fordert Fonds für Energiewende
Um privates Kapital zu aktivieren, müsste der Staat aus Sicht von Unternehmern aber stärker in Vorleistung gehen. In Bereichen, wo das Risiko groß sei, müsse es mehr öffentliche Garantien geben, sagte Reint E. Gropp, Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle. Aus der Wirtschaft gibt es konkrete Vorschläge für solche Bürgschaften. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft hatte im Vorfeld der Konferenz mit dem Verband kommunaler Unternehmen und den Wirtschaftsprüfern von Deloitte die Idee für einen Energiewende-Fonds mit einem Startkapital von 30 bis 50 Milliarden Euro vorgestellt. Mit dem Fonds könnte Energieunternehmen etwa über stille Einlagen und Genussrechte oder klassische Unternehmensbeteiligungen privates Eigenkapital bereitgestellt werden. Bund und Länder sollten dafür garantieren.
Aber Investitionen brauchen nicht nur Geld und Garantien. Viele Unternehmen sind noch immer verunsichert durch die hohen und stark schwankenden Energiepreise, wie in den Diskussionen deutlich wurde. Die Politik müsse verlässliche Bedingungen zum Investieren schaffen, forderte der Ökonom Gropp. So müsse es auch einen klaren Pfad für die Entwicklung der C02-Preise geben. Allerdings streiten Experten und die Politik seit Langem über die Höhe der CO2-Bepreisung.