Solarmodule liefern, und das verlässlich. 14,2 Prozent des deutschlandweit erzeugten Stroms kam vergangenes Jahr aus Solaranlagen. Die Gesamtleistung der Photovoltaikanlagen hat mittlerweile die Marke von 100 Gigawatt überschritten. So beeindruckend diese Zahlen sind: So richtig los geht es erst jetzt. Mit verpflichtenden Solaranlagen auf Dächern. Mit innovativen Solarfassaden. Und mit Solarparks auf Feldern, die gleichzeitig Landwirtschaft ermöglichen. Die Solarbranche boomt. In fünf Jahren soll ein Viertel des Stroms per Photovoltaik (PV) erzeugt werden. Womit sich die Frage stellt: Was hat die deutsche Solarindustrie davon?
Bislang eher wenig. Die deutsche Solarindustrie, noch zur Jahrtausendwende weltweit führend, hat ihren Spitzenplatz längst eingebüßt. Deutsche Hersteller haben deutlich an Marktanteilen verloren, nachdem im asiatischen Raum massiv in Produktionskapazitäten investiert wurde. Fast 90 Prozent der importierten Photovoltaikanlagen kommen mittlerweile aus China. Einst klangvolle Namen wie Conergy, Qcells, Solon, Phoenix Solar oder Solarworld schrumpften, wurden insolvent oder aufgekauft. Die überlebenden Hersteller warnen vor einer „Vernichtung“ und fordern sowohl Importstopps als auch Beihilfen von der Politik. Auch der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) warnt: Bei „Solarzellen, Solarwafern und Solarglas sieht es ziemlich düster aus.“
Hoffnung speichern
Heller sieht es in anderen Marktbereichen aus. So sind Wechselrichter und Speicher aus Deutschland weiterhin weltweit gefragt. Deshalb hat beispielsweise SMA Solar, Hersteller von Wechselrichtern, seinen Umsatz seit 2018 mehr als verdoppeln können: von 761 Millionen Euro auf 1,53 Milliarden Euro. Das könnte noch mehr werden, denn laut Prognosen der Marktforscher von Mordor Intelligence wird sich die Nachfrage nach Solarwechselrichtern in Deutschland allein bis 2029 mehr als verdoppeln, auf umgerechnet mehr als 2,25 Milliarden Euro. Davon werden neben SMA Solar auch Fimer und Siemens Energy als deutsche Hersteller profitieren.
Bei Speichern sehen die Aussichten ähnlich rosig aus. Allein 2024 ist die Zahl der deutschlandweit installierten Solarspeicher um fast 50 Prozent auf rund 1,8 Millionen gestiegen – zur Freude einheimischer Hersteller wie Sonnen, Senec, E3/DC oder Solarwatt. Sie decken mehr als die Hälfte des Markts ab. Allerdings hat China auch hier bereits den Fuß in der Tür: Marktführer in Deutschland ist der BYD-Konzern.
Old Solar vs. New Solar
Manche Experten sehen die Zukunft der deutschen Solarindustrie nicht mehr im Old Solar mit seinen Modulen. Tatsächlich ist China bei industriell gefertigten Elementen von PV-Anlagen weltweit führend. Indien subventioniert den Aufbau einer eigenen PV-Industrie, ähnlich wie es die USA bis zum Präsidentenwechsel getan hat. Zukunft hat Old Solar in Deutschland eher im Handwerk, also bei der Installation von Solarsystemen. Diesen Betrieben kann egal sein, wo PV-Produkte hergestellt werden. Hauptsache, sie funktionieren und die Kunden sind happy. Und das sind sie: Zwei Drittel dieser Betriebe erhalten auf Google herausragende Bewertungen von mindestens 4,8 Sternen.
Doch wenn für deutsche Hersteller mit Old Solar kein Geld mehr zu verdienen ist, was wäre dann das New Solar? Dazu zählen sicherlich Speichertechnologien. Im Zentrum allerdings stehen Systeme zum Energiemanagement, also etwa Smart Grids in Betrieben und Haushalten. Die Kernidee hinter New Solar: Chancen jenseits der industriellen Massenproduktion erkennen und nutzen.
Die Politik ist gefragt
Umstritten ist, ob die Abkehr von der Massenproduktion überhaupt notwendig ist: „Langfristig werden sinkende Herstellkosten von PV-Modulen auf der einen, steigende Frachtkosten und lange Frachtzeiten auf der anderen Seite die Wettbewerbsposition für die Modulherstellung in Deutschland verbessern“, sagt Harry Wirth, Bereichsleiter Power Solutions beim Fraunhofer ISE. Er zeigt sich überzeugt, dass „ein großer Teil der mit einem PV-Kraftwerk verbundenen Wertschöpfung im Land bleibt“.
Dabei darf die Politik gern helfen. Tatsächlich ist es Absicht sowohl der alten als auch der neuen Bundesregierung, die gesamte Wertschöpfungskette in der Photovoltaik widerstandsfähiger – sprich: europäischer – aufzustellen. Das Ziel: 40 Prozent der Nachfrage soll von EU-Unternehmen gedeckt werden. Diesem Ziel ist die Ampelregierung kaum einen Schritt näher gekommen, zu zerstritten waren die Koalitionspartner. Die Ampel zeige „keine Investitionsbereitschaft“, um größere Solarfabriken entstehen zu lassen oder im Land zu halten, kritisierte Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW-Solar). Von der neuen Bundesregierung erhofft sich Körnig beschleunigte Genehmigungsverfahren und mehr Augenmerk auf die Rolle der Speicher bei anstehenden Reformen des Strommarktdesigns und der Netzentgelte. „Speicher sind das schnellste, günstigste und wirkungsvollste Instrument zur Integration von Solarenergie in den Strommarkt und in das Stromnetz“, sagt der BSW-Solar-Chef. „Ein schneller Ausbau der Speicherkapazitäten ist ein wichtiger Schlüssel für den Erfolg der Energiewende.“
Ähnlich argumentiert Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE). Sie fordert Planungssicherheit für die Unternehmen, um im internationalen Wettbewerb um Klimatechnologien bestehen zu können. „Nur mit klaren Rahmenbedingungen kann Deutschland seine zentrale Position als innovativer Standort für erneuerbare Energien weiter ausbauen“, sagt Simone Peter und ergänzt: „Die Branche ist bereit, in den kommenden Jahren noch einen Gang höher zu schalten.“