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Quereinstieg in die EE-Branche: So gelingt die Integration

Mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland wächst der Bedarf an Fachkräften. Wechselwillige aus anderen Sektoren könnten einspringen, doch Vorurteile erschweren ihnen oft den Zugang. Wie Unternehmen Mythen abbauen können, um den Zugang zu erleichtern, erklärt Annika Behrendt, Geschäftsführerin der Recruitings- und Organisationsberatung Talents4Good.
Interview: Janna Riffeler
04.03.2025 | 5 Min.
Erschienen in: Ausgabe 02/2025
Annika Behrendt ist Geschäftsführerin der Recruitings- und Organisationsberatung Talents4Good.
Annika Behrendt ist Geschäftsführerin der Recruitings- und Organisationsberatung Talents4Good.
Foto: Leonie Lorenz

neue energie: Quereinsteiger können den Job nicht, brauchen mehr Einarbeitung und kosten dadurch viel Geld – stimmt dieser Mythos?

Annika Behrendt: Eine Person, die seit fünf Jahren das Gleiche macht, wird den Job ohne großes Onboarding besser bewältigen als jemand, der noch nicht in der Branche tätig war. Aber die Erneuerbaren sind eine Wachstumsbranche und es fehlen mehrere hunderttausend Fachkräfte. Es gibt also keinen ausreichend großen Fachkräfte-Pool. Unternehmen können entweder um die wenigen Beschäftigten, die schon lange dabei sind, wetteifern, oder sich einen anderen Weg suchen. Ersteres wird nur funktionieren, wenn sie viel besser bezahlen können. Die Frage ist nicht, nehme ich jemanden, der quereinsteigt oder der schon lange dabei ist, sondern nehme ich Quereinsteigerinnen oder niemanden. An vielen Stellen wird das Fachwissen überbewertet, im Sinne von, das kann man sich nicht aneignen. Aber die Kandidaten und Kandidatinnen, die Lust haben, in die Erneuerbaren zu gehen, machen durch Motivation viel wett.

ne: Sie beraten Firmen in den Erneuerbaren zum Quereinstieg. Welche Vorurteile finden Sie in der Belegschaft? Und wie begegnet man diesen?

Behrendt: „Die Person kann den Job nicht machen; die ist ganz anders als wir; die passt nicht zu uns; und die müssen wir ganz mühsam und lange einlernen“, diese Klassiker. Man sollte sich und der Belegschaft bewusst machen, warum man Quereinsteigerinnen sucht. Dabei können HR-Abteilungen unterstützen. Dort sind Leute, die in unterschiedlichen Branchen gewesen sind und die mit den Fachleuten reflektieren können, was das erforderliche Fachwissen ist und welche Weiterbildungsmöglichkeiten es gibt.

ne: Wie können Unternehmen den Onboarding-Prozess gestalten, um Fachwissen zu vermitteln?

Behrendt: Der erste Schritt ist, die Kandidaten zu fragen, was sie brauchen und nicht am Bedarf vorbeizugehen. Dann ist Hospitieren wertvoll, ebenso wie begleitende Mentorinnen. Zudem sind Weiterbildungsangebote, Fachveranstaltungen und Publikationen aus der Branche hilfreich.

ne: Quereinsteigerinnen haben kein Branchen-Netzwerk. Wie können Unternehmen sie unterstützen, eines aufzubauen?

Behrendt: Dafür sind Veranstaltungen super. Hinschicken, zu Terminen mitnehmen, und auch den Auftrag geben, sich zu vernetzen. Durch LinkedIn ist es easy, Kontakt aufzunehmen. Die Frage ist auch, wofür braucht man ein Netzwerk und wie wichtig ist das gerade? In jeder Branche entsteht eines mit der Zeit. 

 

ne: Ältere Bewerber, die nur noch zehn bis 15 Jahre bis zur Rente arbeiten müssen, lohnen sich für ein Unternehmen gar nicht – oder doch?

Behrendt: Nur noch? Meine Erfahrung ist, dass Berufseinsteigerinnen zwei, drei Jahre bleiben und dass es normal ist, dass Leute ihren Job alle paar Jahre wechseln. Wenn jemand Mitte 50 sagt, hier möchte ich bleiben, bis ich in Rente gehe, dann bleibt diese Person womöglich noch zehn Jahre und damit länger als eine jüngere Person! Viele Unternehmen scheuen sich vor älteren Semestern, weil es viele Klischees gibt. Stichwort, sind nicht mehr flexibel oder beratungsresistent. Es ist sinnvoll, sich nicht zu schämen, dass man so denkt, sondern sich zu überlegen, was befürchten wir denn, und offen zu fragen, wie lange die Person noch arbeiten will.

ne: Lassen Sie uns vom Blick in die Firma zur Sicht der Bewerberinnen wechseln. Welche Vorurteile erleben Sie häufig bei Quereinsteigern, die in die Erneuerbaren-Branche wechseln möchten?

Behrendt: Klassischerweise, dass man dort nur mit einem technischen Jobprofil arbeiten kann, dass sehr viel schlechter bezahlt wird und dass die Branche sehr männlich geprägt ist, wobei Letzteres nicht unbedingt ein Vorurteil ist.

ne: Wie können Unternehmen in der Außendarstellung Quereinsteigerinnen ansprechen?

Behrendt: In der Stellenausschreibungen angeben, dass man offen ist für Leute mit anderer Erfahrung und, dass Fachexpertise nicht nötig ist, und Branchen aufzählen, die gut zum Job passen. Es macht Sinn, nicht nur zu denken ‚wir sind die Branche‘ und dann gibt es noch Leute von da draußen, sondern zu erwägen, welche Branchen könnten für diese Stelle passen und wo schreiben die ihre Stellen aus. Dann braucht man einen ansprechenden Titel mit Verweis auf den Quereinstieg, sodass deutlich wird, du bist gemeint.

ne: Wie sollte sich eine Stellenausschreibung lesen, die Quereinsteiger anspricht, aber nicht zu generisch ist?

Behrendt: Keine oder möglichst wenig Abkürzungen und verständlich formulieren. Viele machen den Fehler, dass sie eine Stellenausschreibung wie eine Bedienungsanleitung schreiben. Das liest sich nicht gut. Stellenausschreibungen, die man gerne liest, sind sympathisch und lebendig geschrieben. Und Duzen ist sinnvoll. Man erwischt Menschen oft in einer Phase der Orientierungslosigkeit und des Selbstzweifels, da ist es schön, wenn man es ihnen einfacher macht.

ne: Worauf achten Bewerberinnen, wenn sie einen Quereinstieg in Erwägung ziehen?

Behrendt: Leute wechseln ihren jetzigen Job, weil sie unzufrieden sind, sich nicht entwickeln können oder das Team nicht funktioniert. Diese Bewerberinnen werden darauf achten, wie das Menschliche ist bei den neuen Arbeitgeberinnen. Gehalt und Transparenz übers Gehalt sind sinnvoll. Wenn bereits in der Ausschreibung das Gehalt steht, wissen die Bewerber, woran sie sind. Sie achten auch auf das Thema, wie kann ich die Stelle mit dem Leben vereinbaren, das ich habe. Informationen zu Teilzeit und flexible Arbeitszeiten würde ich auch beschreiben und die Frage stellen, muss das wirklich so bleiben, wie wir es schon immer gemacht haben.

 

 

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