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Verkehrswende

Für den Verbrenner wird es enger

Tim Altegör, 27.07.17
Nach Frankreich nun auch Großbritannien – die britische Regierung hat zwar nur einen älteren Plan bestätigt, aber dennoch: Ab 2040 sollen dort keine Fahrzeuge mit Diesel- oder Benzinmotor mehr verkauft werden. In Deutschland wird derzeit hitzig über einen Ausstieg bis 2030 diskutiert.

Innerhalb kurzer Zeit hat der zweite große europäische Staat verkündet, ab 2040 keine neuen Autos mit Verbrennungsmotor mehr zulassen zu wollen. Die britische Regierung hatte diesen Plan zwar schon 2011 gefasst, erneuerte ihn aber nun im Rahmen eines neuen Maßnahmenkatalogs, der Stickoxide im Straßenverkehr verringern soll. Bis 2050 sollen dann „fast alle Autos und Lastwagen auf britischen Straßen Null Emissionen haben“, so Verkehrsminister Chris Grayling.

Anfang Juli hatte der französische Umweltminister Nicolas Hulot ebenfalls 2040 als Ausstiegsjahr für Neuverkäufe von Diesel- und Benzinmotoren verkündet. Dort steht der Verbrenner-Ausstieg in einem „Klimaplan“, wird also vorrangig mit dem Schutz des Klimas begründet. Beide Länder kämpfen aber mit Schadstoffen oberhalb der zulässigen Grenzwerte, vor allem in ihren Hauptstädten. Laut dem britischen Umweltministerium liegen mehr als die Hälfte der Fälle von überhöhten Stickoxid-Belastungen in London. Paris hat in der Vergangenheit schon Fahrverbote wegen Smogs verhängt.

Der Plan der britischen Regierung, der in erster Linie lokale Verwaltungen zum Handeln ermächtigen soll und dafür Gelder bereitstellt, stößt jedoch durchaus auf Kritik. Die Umweltorganisation Client Earth, die wirksame Luftreinhaltungsmaßnahmen vor Gericht einzuklagen versucht, bezeichnet das Verbrenner-Verbot ab 2040 zwar als wichtig. Es sei jedoch „eine Ablenkungstaktik“ und helfe nicht, die Gesundheitsgefahren durch heutige, illegal erhöhte Abgase zu verringern, erklärte deren Vorsitzender James Thornton. Dafür fordert er Umweltzonen, in denen die dreckigsten Fahrzeuge Gebühren zahlen sollen.

Deutsche Autoindustrie wehrt sich gegen Verbot

In Deutschland hat die Regierung – trotz des immer weiter eskalierenden Diesel-Skandals – bislang keine Ausstiegsszenarien verkündet. Die Grünen allerdings haben ein ambitionierteres Ziel als Frankreich und Großbritannien: Sie wollen bis 2030 aus den klima- und umweltschädlichen Kraftstoffen aussteigen. Parteiintern steht jedoch der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann nicht dahinter, wie eine heimlich aufgezeichnete Wutrede auf der Delegiertenkonferenz der Partei im Juni zeigte. Zudem wehrt sich die Autoindustrie mit Händen und Füßen dagegen und argumentiert dabei vor allem mit den Beschäftigten in der Branche.

So warnen in einer aktuellen Auftragsstudie für den Verband der Automobilindustrie (VDA) Ökonomen des Ifo-Instituts vor einem Zulassungsverbot von Verbrennungsmotoren ab 2030. Ein solches gefährde mehr als 600 000 Industriearbeitsplätze in Deutschland, 426 000 davon direkt in der Autoindustrie. Daneben führt die Studie zudem die Forschungsanstrengungen der Fahrzeughersteller an, etwa in Form von Patenten für alternative Antriebe.

Ein Verbot lasse sich „nicht durch mangelnde Innovationsbemühungen der deutschen Automobilindustrie begründen“, kommentierte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Greenpeace dagegen warf dem VDA vor, mit seiner Verzögerungstaktik die genannten Jobs erst recht aufs Spiel zu setzen. Nachdem der Verdacht einer Kartellbildung unter anderem zur Absprache von Techniken zur Abgasreinigung bekannt wurde, legte Tobias Austrup, Verkehrsexperte der Umweltorganisation, nach: „In fast tragischer Ignoranz“ leugne die Branche das absehbare Ende ihres Geschäftsmodells.

 

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