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Bericht des Weltklimarats

Ökosysteme „am Rand des Zusammenbruchs“

Margit Hildebrandt, 08.08.19
Ein neuer IPCC-Sonderbericht zeigt den großen Einfluss von Landnutzung auf den Klimawandel. Um das Klima zu schützen und gleichzeitig eine wachsende Weltbevölkerung zu ernähren, mahnen die Forscher einen schonenderen Umgang mit natürlichen Ressourcen an.

Die Ökosysteme der Erde werden so stark genutzt, dass sie sich kaum regenerieren können. Fast ein Viertel aller vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen entsteht daraus. Gleichzeitig führt die Erderwärmung zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Nahrungsmittelproduktion. Das sind die wesentlichen Aussagen aus dem heute (08.08.2019) veröffentlichten Sonderbericht „Klimawandel und Land“ des Weltklimarats IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change).

Er fasst den wissenschaftlichen Kenntnisstand zum Bereich „Klimawandel, Desertifikation, Landdegradierung, nachhaltiges Landmanagement, Ernährungssicherheit und Treibhausgasflüsse in terrestrischen Ökosystemen“, so der komplette Titel, zusammen. Ein Team von 107 Wissenschaftlern aus 52 Ländern, davon erstmalig mehr als die Hälfte aus Entwicklungsländern, waren als Autoren beteiligt. Über zwei Jahre hinweg haben die Forscherinnen und Forscher mehr als 7000 aktuelle Studien zu Wechselbeziehungen zwischen Erdoberfläche, Landnutzung und Atmosphäre analysiert.

„Umweltzerstörung und der vom Menschen verursachte Klimawandel führen Ökosysteme weltweit an den Rand des Zusammenbruchs. Beides steht in einem engen Zusammenhang: So verstärken die Abholzung von Wäldern, das Trockenlegen von Feuchtgebieten oder eine exzessive Landwirtschaft den Klimawandel. Gleichzeitig destabilisiert der Klimawandel wiederum die Ökosysteme“, sagt Co-Autorin Almut Arneth vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT).

Die Wüsten breiten sich aus

Über Landflächen ist demnach die mittlere Temperatur seit der vorindustriellen Zeit Mitte des 19. Jahrhunderts um 1,5 Grad Celsius gestiegen, fast doppelt so stark wie die globale Durchschnittstemperatur. Extreme Wetterereignisse treten dadurch deutlich häufiger und stärker auf, was vielerorts zu Ernteausfällen führt. Mit 70 Prozent wird der Großteil des weltweiten Trinkwassers in der Landwirtschaft verbraucht. Die landwirtschaftlich genutzten Flächen haben sich in den letzten 58 Jahren verdoppelt, ebenso die daraus resultierenden Treibhausgasemissionen sowie der Konsum von Fleisch. Damit geht an vielen Stellen ein Verlust natürlicher Ökosysteme wie Savannen und Graslandschaften sowie eine abnehmende Artenvielfalt einher, in vielen Regionen breiten sich die Wüsten aus.

Zugleich gehen bis zu 30 Prozent der produzierten Nahrungsmittel verloren oder werden weggeworfen, während über 800 Millionen Menschen unterernährt sind und die Weltbevölkerung wächst. Der IPCC-Bericht enthält Vorschläge zu einem nachhaltigen Landmanagement, durch das in Zukunft mehr Menschen ernährt werden können und gleichzeitig der Klimawandel aufgehalten werden kann, darunter eine Reduzierung von Lebensmittelverlusten und der Verzicht auf Dünger, die das Treibhausgas Lachgas freisetzen. Zudem spielt Land nicht nur als Quelle für Treibhausgase eine Rolle, sondern auch als Senke, die Emissionen aufnehmen kann.

„Es gibt eine ganze Reihe von Maßnahmen, die ohne großflächige Umwandlung von Land auskommen. Dazu zählen eine schonendere Bodenbearbeitung in der Landwirtschaft, die Erneuerung von degradierten Wäldern und der Schutz von Moorböden. Aber auch verringerte Verschwendung von Lebensmitteln und eine nachhaltigere Ernährung“, kommentiert Hannes Böttcher vom Öko-Institut. Der Bericht liefere mehr Optionen als jemals zuvor, die ohne Risiken sofort angegangen werden könnten, um Emissionen zu verringern und die Landnutzung insgesamt nachhaltiger zu machen.

 

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