Club of Rome

„Die Welt braucht tiefgreifende Veränderungen“

Joachim Wille, 18.10.18
Zu seinem 50. Geburtstag hat der Club of Rome seine Berechnungen zu den Grenzen des Wachstums aktualisiert. Beim Umstieg zu erneuerbaren Energien sind die Autoren relativ optimistisch, das größte Problem sehen sie in der ungleichen Verteilung von Reichtum.

Vor 50 Jahren gründete sich der „Club of Rome“ (CoR), wenig später legte der damals noch kaum bekannte Thinktank seinen legendären Report „Grenzen des Wachstums“ vor. Darin sagte er schwere ökonomische und ökologische Krisen im 21. Jahrhundert voraus, falls der weltweite Ressourcenverbrauch nicht gebremst würde. Am Mittwoch ist ein „Update“ des Berichts erschienen. Ergebnis: Die meisten der damaligen Warnungen treffen immer noch zu, und nur eine tiefgreifende wirtschaftliche Transformation kann die Megakrise noch verhindern. Dabei erscheint den Autoren der Studie die Verringerung der sozialen Ungleichheit als die schwierigste Aufgabe.

Der neue Bericht wurde am Mittwoch parallel zur Jubiläumsfeier des Clubs in Rom veröffentlicht. Die von dem Thinktank beauftragten Wissenschaftler untersuchen darin mit ihrem Computermodell „Earth 3“, ob und wie die 17 von den Vereinten Nationen aufgestellten Nachhaltigkeitsziele – zu Armutsbekämpfung, Gesundheit, Energieversorgung und Umweltschutz – tatsächlich erreicht werden können. Ihre gute Nachricht lautet, dass eine solche umwelt- und klimaverträgliche Entwicklung innerhalb der Belastungsgrenzen der Erde noch machbar ist. Allerdings funktionierte das nur in einem von vier unterschiedlichen Szenarien, die mit „Earth 3“ gerechnet wurden. Bei den anderen drei kam es über kurz oder lang zu einer Überschreitung dieser Grenzen, was zur Instabilität der lebenserhaltenden Systeme der Erde führen würde.

Fünf zentrale Punkte

Ein Co-Autor des Reports, der Norweger Per Espen Stoknes, kommentierte: „Die Lösung liegt in einem Wechsel zu unkonventionellen Strategien und Maßnahmen. Die Welt braucht tiefgreifende Veränderungen.“ Laut dem Bericht sind fünf Punkte entscheidend:

- Halbierung der weltweiten CO2-Emissionen in jedem Jahrzehnt nach 2020. Dazu braucht es ein exponentielles Wachstum der erneuerbaren Energien.

- Beschleunigter Übergang zu einer nachhaltigen, umwelt- und klimafreundlicheren Nahrungsmittelproduktion, um die für das Jahr 2050 erwarteten zehn Milliarden Menschen ernähren zu können.

- Neue Entwicklungsmodelle für das Wachstum in den ärmeren Ländern, wofür Staaten wie Südkorea, Äthiopien und Costa Rica gute Ansätze geliefert hätten.

- Aktive Verringerung der sozialen Ungleichheit durch ein faires Steuersystem in allen Ländern. Es müsse sichergestellt werden, dass die reichsten zehn Prozent der Bürger nicht mehr als 40 Prozent der Einkommen erhalten.

- Massive Investitionen in Bildung für alle, Geschlechtergerechtigkeit, Gesundheit und Familienplanung, um die Bevölkerungszahl möglichst schnell zu stabilisieren.

Ungleichheit als „härteste Nuss"

Die Autoren des Berichts sehen es dabei als schwierigste Aufgabe an, den Trend zu mehr Ungleichheit in den Gesellschaften wieder umzukehren. Im Energiesektor gebe es Anzeichen dafür, dass die Marktkräfte den Wechsel von fossilen zu den Öko-Energien rasant beschleunigen werden, und auch für eine nachhaltige Landwirtschaft gebe es bereits die notwendigen Methoden und Technologien. „Aber die Ungleichheit wird die härteste Nuss sein, die wir zu knacken haben“, sagte David Collste, ein Wissenschaftler vom Stockholm Resilience Centre, das die Studie zusammen mit der Norwegian Bussiness School in Oslo geschrieben hat.

Ein weiterer Co-Autor des neuen Berichts, Johan Rockström, verteidigte den ersten „Grenzen“-Report, der 1972 mit 30 Millionen verkauften Exemplaren in 30 Sprachen weltweit auf enorme Resonanz stieß, von Kritikern aber auch als übertriebene Untergangsprophezeihung bezeichnet wurde. Tatsächlich seien die „meisten ursprünglichen Schlussfolgerungen aus den ,Grenzen des Wachstums‘ immer noch gültig“, sagte der Forscher, der neuer Co-Chef des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (Pik) ist. „Das ist befriedigend für die Wissenschaft, aber nicht für die Gesellschaften.“

 

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