Enercon/EWE

Heimischer Windstrom-Primus geboren

Jörg-Rainer Zimmermann, 29.03.21
Deutschlands frischgebackener Marktführer in Sachen Stromproduktion aus Onshore-Wind hört auf den Namen Alterric. Das gaben heute (29.03.) die beiden Muttergesellschaften – der Energieversorger EWE und die Aloys-Wobben-Stiftung als Enercon-Alleingesellschafterin – bekannt.

Die entsprechenden Verträge wurden am vergangenen Freitag unterzeichnet, nachdem die kartellrechtliche Prüfung positiv verlaufen war. Damit können Enercon und EWE, die jeweils zu gleichen Teilen an dem neuen Unternehmen beteiligt sind, ihre Windstrom-Portfolios zusammenführen. Enercon steuert mit seinen unternehmenseigenen deutschen und französischen Bestandwindparks den überwiegenden Teil der installierten Leistung bei. Alterric, das nicht in die Organisationsstrukturen der Muttergesellschaften eingebunden ist, verfügt damit von Beginn an über einen Anlagenpark mit insgesamt über 2300 Megawatt (MW), der grünen Strom ins Netz einspeist.

Darüber hinaus wird in der neuen Gesellschaft auch die Projektierung künftiger Windparks gebündelt. Die Pipeline ist mit über 9400 MW bereits jetzt gut gefüllt, wiederum steuert Enercon den größeren Anteil bei. Der jährliche Zubau soll bei mindestens 200 MW liegen und das Bestands-Portfolio bis zum Jahr 2030 auf bis zu fünf Gigawatt wachsen. Neben der Erweiterung des eigenen Anlagenbestands wird das Joint Venture auch im Kundenauftrag Projekte entwickeln. Indem der Düsseldorfer Direktvermarkter Quadra Energy in die GmbH integriert wird, kann auch der Bereich Stromvertrieb abgedeckt werden.

Auf Wachstum ausgerichtet

„Wir verfolgen eine klare Wachstumsstrategie und werden in den nächsten zehn Jahren rund vier Milliarden Euro investieren“, sagt EWE-Vorstandschef Stefan Dohler. Die neue Gesellschaft solle sich mit ihren zunächst rund 200 Mitarbeitern, die in etwa zur Hälfte jeweils von EWE und Enercon kommen werden, vor allem auf den Bereich Nordeuropa konzentrieren. Denkbar sei, dass bei passender Gelegenheit auch andere erneuerbare Energiequellen das Portfolio erweitern, so etwa Freiflächen-Photovoltaik.

Klar getrennt sind die unternehmerische Führung, die bei der EWE liegen wird, und der Vorsitz des Aufsichtsrats, den die Aloys-Wobben-Stiftung als Enercon-Alleingesellschafterin stellt. Übergangsweise werden Jan-Knut Brune (Enercon) und Urban Keussen (EWE) die Geschäfte von Alterric führen. Der Hauptsitz von Alterric wird am Enercon-Standort Aurich sein, in den Kernmärkten sind weitere Niederlassungen geplant, so unter anderem in Oldenburg, wo EWE seine Zentrale hat.

Kein weiterer Stellenabbau durch Joint Venture

Heiko Janssen, Vorstandsvorsitzender der Aloys-Wobben-Stiftung, betont, dass es bei dem Joint Venture nicht darum gehe, Einsparungen zu realisieren. Vielmehr sei es zur Umsetzung des ins Auge gefassten Wachstumskurses nötig, das bestehende, gut ausgebildete Personal zu halten und neue Fachkräfte für Alterric zu gewinnen. Bei Enercon werde man sich hingegen künftig auf die Kernkompetenzen Anlagenentwicklung, -herstellung und -vertrieb konzentrieren. Auch verbleibe der Bereich Anlagenwartung bei Enercon, erläutert Janssen auf Nachfrage.

Der Auricher Anlagenschmiede hat die Krise am deutschen Windenergiemarkt schwer zu schaffen gemacht. 2018 reagierte die Geschäftsführung erstmals mit der Streichung von 800 Jobs. Seither befindet sich Enercon wie berichtet in einer Turnaround-Phase, die bis 2022 abgeschlossen sein soll. Während der laufenden Restrukturierung des Unternehmens wurde 2019 die Streichung weiterer 3000 Stellen angekündigt, zumeist bei Zulieferern. Im vergangenen Jahr übernahm Momme Janssen die Geschäftsführung von Hans-Dieter Kettwig, der für den Windenergie-Pionier weiter als Berater tätig ist.

Das Joint Venture war bereits im April 2020 angekündigt und im Dezember mit einer Gesellschafter- und Investitionsvereinbarung bekräftigt worden, die am 26. März in Kraft trat. Mit über 8800 Mitarbeitern und rund 5,7 Milliarden Euro Umsatz im Jahr 2019 ist EWE eines der führenden Energieversorgungsunternehmen in Deutschland.

 

Kommentare (0)

Kommentar verfassen»

Kommentar verfassen

Aktuelles Magazin

Ausgabe Nr. 03 / 2024

Superwahljahr: Europa setzt seinen künftigen Kurs – und ist damit nicht allein

Bisherige Ausgaben »
Anzeige

Social Media

AGB, Datenschutz, Impressum

Anzeige
Anzeige