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Erneuerbaren-Förderung

Habeck will helfen

Jörg-Rainer Zimmermann, 03.03.23
[Aktualisiert am 14.03.] Der Bundeswirtschaftsminister hat in jüngerer Zeit mehrfach Staatsgarantien für Hersteller von Erneuerbaren-Kraftwerken in Aussicht gestellt. Im Februar wurde es konkreter. Wie bewerten Branchenakteure die Pläne? Die Redaktion hat sich umgehört.

Teile der Erneuerbaren-Branche stehen seit geraumer Zeit unter massivem wirtschaftlichen Druck, trotz eines kleiner werdenden Zeitfensters zur Einhaltung des 1,5-Grad-Limits und obwohl Experten Milliarden-Investitionen zur Erreichung der internationalen Klimaschutzziele für nötig halten. Pandemie und Ukraine-Krieg mit Preisexplosionen bei Rohstoffen und Energie, gestörten Lieferketten, Inflation und Zinsanstieg belasten die Hersteller der Grünstrom-Kraftwerke – sie haben jüngst reihum schlechte Bilanzzahlen vorgelegt.

Am 21. Februar hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) Vorschläge für staatliche Hilfen vorgelegt. Verloren gegangene Fertigungskapazitäten in Deutschland und Europa sollen wieder aufgebaut werden. Das ist auch als Antwort auf die massiv steigende Konkurrenz aus den USA und China zu verstehen.

Drei zentrale Handlungsfelder umriss Habeck: Um die Wertschöpfungsketten auf- und auszubauen, soll der Staat Investitionen und auch Betriebskosten fördern. Zugleich wurde ein nationaler oder europäischer Industriestrompreis ins Spiel gebracht sowie Superabschreibungen, eine Antwort auf den US-amerikanischen Inflation Reduction Act.

Risiken staatlich absichern

Mit Garantien sollen zudem Risiken staatlich abgesichert werden, denen sich Hersteller ausgesetzt sehen, wenn etwa bestellte Windkraftanlagen letztlich nicht abgenommen werden können. An dieser Stelle könnte die KfW-Förderbank eine gewichtige Rolle erhalten, zumal sie ihre Finanzierungszusagen künftig stärker am Klimaschutz ausrichten soll.

Ab diesem März wird laut Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) eine Studie zum Wiederaufbau der Solarindustrie in Deutschland erstellt. Das Ganze soll im europäischen Verbund gedacht werden, wobei konkret das sogenannte IPCEI-Förderprogramm (IPCEI: Important Projects of Common European Interest) in den Blick genommen wird, das bisher unter anderem auf Batteriezellen und Wasserstoff ausgerichtet ist.

Wesentlich detaillierter sind die diskutierten Maßnahmen in einer Veröffentlichung der Deutschen Energie-Agentur (Dena) nachzulesen. Im Auftrag des BMWK hat die Dena den rund einjährigen und nun abgeschlossenen „Stakeholderdialog industrielle Produktionskapazitäten für die Energiewende“ zusammengefasst, an dem seit Juli 2022 eine Vielzahl von Akteuren teilnahm, um ihre jeweiligen Positionen einzubringen.

Lob von Erneuerbaren-Verbänden

Viele der Themen hatte das BMWK schon deutlich früher auf dem Schirm, zumal es sich unter anderem auch um Maßnahmen handelt, die aus der Außenwirtschaftsförderung gut bekannt sind, wie Habeck im Rahmen der Pressekonferenz betonte. Auch findet sich in der vom Thinktank Agora Energiewende bereits im Juni 2022 veröffentlichten Analyse „Energiesicherheit und Klimaschutz vereinen“ die Forderung nach einem europäisch abgestimmten „Unterstützungspaket für den Aufbau von Fertigungskapazitäten im Bereich erneuerbare Energien, Wärmepumpen und Wasserstofftechnologien“, inklusive Bürgschaften, um einen schnellen Baubeginn zu ermöglichen, zinsgünstigen Krediten und Abnahmegarantien. Der einflussreichen Berliner Denkfabrik stand Patrick Graichen bis Ende 2021 als Direktor vor, bevor er als beamteter Staatssekretär ins BMWK wechselte.

Zugeschaltet zur Pressekonferenz waren die Präsidenten des Bundesverbands Solarwirtschaft und des Bundesverbands WindEnergie, Jörg Ebel und Hermann Albers. Sie lobten Habecks Aufschlag, betonten aber auch, dass angesichts der Versäumnisse der Vergangenheit und der hohen, von der Bundesregierung gesetzten Erneuerbaren-Ausbauziele nun endlich bestehende Hürden, wie etwa fehlende Eignungsgebiete für die Anlagen, beseitigt werden müssten. „Flächen ermöglichen Genehmigungen und Genehmigungen sind die Aufträge von morgen“, betonte Albers.

Wie schnell es mit den Staatshilfen tatsächlich gehen kann, hängt nicht zuletzt von der beihilferechtlichen Abwägung der EU-Kommission ab. Doch auch das Gezerre zwischen dem BMWK und Finanzminister Christian Lindner (FDP) um Ausgaben und Finanzierungsquellen birgt noch Potenzial für Enttäuschung – die sich Deutschland wie Europa eigentlich nicht mehr leisten kann, klimapolitisch wie ökonomisch.

 

Wir haben Erneuerbaren-Unternehmen befragt, wie sie die Pläne aus dem BMWK bewerten:

Tony Adam, Head of Public Affairs, Nordex Group:

„Es ist gut und wichtig, dass das BMWK den Prozess zu Produktionskapazitäten für die Energiewende mit dem Ziel aufgesetzt hat, die deutschen und europäischen Lieferketten zu stärken. Die Ergebnisse benennen verschiedene Maßnahmen. Im nächsten Schritt ist es wichtig, diejenigen Maßnahmen richtig auszugestalten, die zur Stärkung der Industrie beitragen. Weitergehend ist es dabei wichtig, industriepolitisch die Balance globaler Verflechtungen und europäischer Produktion zu finden. Mit Blick auf eine nachhaltige Stärkung sind ökonomische Aspekte zentral, wie beispielsweise ein ausreichendes Marktvolumen und ein Markt, der bereit ist, europäische Produktionskosten zu tragen. Die Zielmatrix des Prozesses besteht aus dem Hochlaufen des Ausbaus und der Stärkung der Industrie. Aber: Die Stärkung der Industrie braucht entsprechend eigene Instrumente, die eine Erholung unterstützen. Die Stärkung des Markts braucht ebenfalls eigene, aber andere Instrumente, die letztendlich zu mehr Projektgenehmigungen führen.“

 

Alexander Koffka, Mitglied der Geschäftsleitung, Abo Wind

„Flächen zur Windkraftnutzung müssen zur Verfügung gestellt, Verfahren beschleunigt und Genehmigungshemmnisse beseitigt werden. Das ist das A und O für den Erfolg der Energiewende. Wenn es nicht gelingt, die Genehmigungssituation deutlich zu verbessern, sind alle anderen Initiativen wertlos.

Unter der Prämisse, dass künftig deutlich mehr Windparks genehmigt werden, sind die skizzierten Maßnahmen prinzipiell sinnvoll. Bezüglich der Finanzierung der Investitionskosten hat Abo Wind einen konkreten Vorschlag zur Ausgestaltung. Die Entwicklung und Errichtung Erneuerbarer-Energie-Parks wird in Deutschland wesentlich vom Mittelstand getragen. Bis genehmigte Projekte mittels EEG-Ausschreibung oder privatrechtlichem Stromliefervertrag einen Tarif gesichert und eine Finanzierung eingeholt haben, vergehen rund sechs Monate. Um die Umsetzung dieser bereits genehmigten Projekte zu beschleunigen, schlägt Abo Wind vor, eine Vorfinanzierung in Form von Mezzanine-Mitteln beispielsweise durch die staatliche KfW-Bank aufzulegen. Dann könnten diese Projekte schneller umgesetzt werden. Sobald die Zahl der Genehmigungen deutlich ansteigt, ist zu erwarten, dass die personellen Kapazitäten der projektfinanzierenden Banken an Grenzen stoßen. Dann könnten sich die vor einer Finanzierungszusage erforderlichen Prüfungen noch verzögern. Umso wichtiger wäre es, die Projektentwickler mittels Vorfinanzierung schnell in die Lage zu versetzen, die Bestellungen bei Anlage- und Modulherstellern und den Zulieferern für die Infrastruktur auszulösen, damit die Projekte möglichst schnell errichtet werden können.

Zum zweiten Vorschlag: Welchen zusätzlichen Unterstützungsbedarf die Hersteller haben, ist von diesen selbst darzulegen. Aus übergeordneter Sicht sollten zum Beispiel Bürgschaften auf konkrete, bereits genehmigte Projekte bezogen sein. Denn dann ist die Wahrscheinlichkeit der Umsetzung entsprechend groß. Weniger zielführend wäre es, wenn Anlagen auf Vorrat produziert würden, die dann nicht den spezifischen Anforderungen der jeweiligen Genehmigungen entsprechen.

Der dritte Vorschlag zielt auf eine Stärkung der Produktion in Europa, die zu begrüßen wäre. Denn die Abhängigkeit von fernen Produktionsstätten birgt logistische wie politische Risiken. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Aufbau neuer Produktionskapazitäten Zeit in Anspruch nimmt. Bis dahin ist insbesondere bei der Photovoltaik die Abhängigkeit von Importen aus Asien sehr groß. Der weitere Ausbau der Erzeugungskapazität für Solarstrom würde gefährdet, wenn der Import erschwert würde. Protektionismus ist zu vermeiden.“

 

Jürgen Zeschky, CEO, Enercon

„Als Windenergieanlagen-Hersteller mit Fertigungsschwerpunkt in Europa begrüßt Enercon die Ankündigungen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und nimmt die Herausforderung des dynamischen Ausbaus der Onshore-Windenergie gerne an. Wir stehen bereit, um Energiewende und Energieunabhängigkeit in Deutschland und Europa zu unterstützen. Je steiler jedoch die Rampe für den Ausbau sein soll, desto wichtiger wird anfangs eine staatliche Zwischenfinanzierung für vorgezogene Windparkprojekte.

Die von Minister Habeck vorgelegten Eckpunkte einer industriepolitischen Strategie für erneuerbare Energien und Stromnetze sind wichtig und richtig. Energiewende und Energieunabhängigkeit sind zentrale Zielsetzungen und für die Zukunft Deutschlands und Europas von entscheidender Bedeutung. Als Hersteller wollen wir unseren Beitrag leisten, um diese Ziele zu erreichen.

Fakt ist jedoch: Energiewirtschaftliche und technologische Resilienz ist mit Kosten verbunden. Es ist unrealistisch, dass diese allein von den Herstellern getragen werden können. Mehrkosten und Inflationseffekte müssen gerecht auf alle Beteiligte verteilt werden. Wir benötigen Rahmenbedingungen, die einen konstanten Ausbau der Erneuerbaren erlauben und Investitionen in neue Produktionsstätten durch sinnvolle Finanzierungsunterstützung und qualitative Ausschreibungsbedingungen absichern – nach dem Motto kritische Infrastruktur aus der EU für die EU.“

 

Thomas Banning, Geschäftsführer, Natur Energy

„Das BMWK adressiert in seinem Eckpunktepapier einige wichtige Punkte. Beispielsweise können bei der Windenergie Absicherungsinstrumente wie Bürgschaften, die der Bund übernimmt, den Herstellern Sicherheit geben, sodass die Produktion der Anlagen früher begonnen und optimiert werden kann. Das ist auch im Interesse der Projektierer und der späteren Betreiber. Wenn der Staat an dieser Stelle unterstützt, sollten aber auch die Bürgschaften zur Teilnahme an den Ausschreibungen entfallen, denn diese stellen für kleinere Projektierer eine Herausforderung dar, insbesondere bei Teilnahme schon im Genehmigungsverfahren. Es ist ein Nachteil gegenüber den Konzernen und hemmt die Geschwindigkeit im Ausbau der regenerativen Erzeugungskapazität.

Ziel sollte es daneben nach wie vor sein, das Übel an der Wurzel zu packen und die Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Mit dem Gesetz zur Beschleunigung bedeutsamer Infrastrukturvorhaben ist der Bundestag hierfür Anfang Februar einen wichtigen Schritt gegangen. Zusätzlich müssen aber auch die Behörden und Gerichte personell in die Lage versetzt werden, ein höheres Verfahrenstempo mitzugehen. Da reicht es nicht, von den Verwaltungsbeamten mehr Kühnheit zu fordern, wie es Minister Habeck zuletzt getan hat, da benötigt es konkretes Handeln.“

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