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Windenergie-Jahresbilanz

Klima- und Ausbauziele in Gefahr

Michael Hahn, 18.01.23
Der Bau neuer Onshore-Windenergieanlagen in Deutschland bleibt weiterhin hinter den für die Klimaziele nötigen Mengen zurück. Auch die starken Unterschiede bei der regionalen Verteilung bleiben bestehen. Branchenvertreter fordern schnelle Maßnahmen für den Produktionshochlauf.

2022 wurden in Deutschland 551 Windenergieanlagen an Land mit einer Leistung von insgesamt 2403 Megawatt (MW) neu installiert. Das ist ein Plus um 25 Prozent im Vergleich zu 2021, als 484 Anlagen (1925 MW) aufgestellt wurden. Die Zahlen gehen aus der heute (18. Januar) veröffentlichten Jahresbilanz der Deutschen Windguard im Auftrag des Bundesverbands WindEnergie (BWE) und des Maschinenbauverbands VDMA Power Systems hervor.

Laut der Analyse wurden 103 der neuen Anlagen im Rahmen eines Repowerings errichtet, bei dem alte Anlagen durch leistungsfähigere ersetzt werden. Werden auch die im letzten Jahr abgebauten 246 Turbinen (266 MW) berücksichtigt, sinkt der Zubau auf netto 2137 MW. Der Gesamtbestand in Deutschlang steigt damit auf 28.443 Windenergieanlagen mit einer Leistung von etwas mehr als 58 Gigawatt (GW). Das im Erneuerbare-Energien-Gesetz formulierte Ziel von 57 GW im Jahr 2022 sei damit erreicht worden, heißt es in der Auswertung.

Das bereits seit Langem von den Branchenverbänden kritisierte Nord-Süd-Gefälle beim Ausbau blieb unterdessen auch 2022 bestehen. 77 Prozent der neuen Anlagen wurden in den vier Bundesländern Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen gebaut. Im Verhältnis zur Landesfläche bilden dagegen Bayern, Baden-Württemberg und das Saarland die Schlusslichter.

„Süden darf sich nicht aus Verantwortung stehlen“

Angesichts des Rekordvolumens von 12,84 GW, das 2023 ausgeschrieben werden soll, mahnte BWE-Präsident Hermann Albers, die Bundesländer seien in der Verantwortung, „von den ihnen gegebenen Möglichkeiten zur Beschleunigung Gebrauch zu machen“. Besonders der Süden müsse „endlich liefern und darf sich nicht länger aus der Verantwortung stehlen“. Insgesamt zeigten sich die Branchenvertreter skeptisch, dass genügend Projekte für das geplante Ausschreibungsvolumen vorhanden sind.

Trotz der gestiegenen Menge sei der Ausbau zudem weiterhin zu niedrig für die Klimaziele der Bundesregierung. „Um auf den für die Zielerreichung notwendigen und für die Hersteller von Windenergieanlagen verlässlichen Ausbaupfad einzuschwenken, müssen vor allem Flächen bereitgestellt, Genehmigungsengpässe überwunden, Transporte erleichtert und Zertifizierungshürden bei den Türmen der Anlagen beseitigt werden“, sagte Dennis Rendschmidt, Geschäftsführer von VDMA Power Systems. Die bisher angestoßenen Maßnahmen würden nicht ausreichen. Ein weiteres Problem sei der Fachkräftemangel.

Einen schnellstmöglichen Hochlauf von Projekten bezeichnete Rendschmidt als „dringend notwendiges positives industriepolitisches Signal für die gesamte Lieferkette in Deutschland und Europa“. Dies gelingt „nicht durch politische Ziele, sondern mit genehmigten Projekten“.

Genehmigungsverfahren weiter größte Hürde

Albers forderte zudem, die von der Bundesregierung angekündigten Erleichterungen für Repowering-Projekte umzusetzen. Nach Angaben der Verbände seien so „kurzfristig bis zu 45 Gigawatt erreichbar, um die Ausschreibungsmengen der kommenden Jahre zu füllen“. Der BWE-Präsident erklärte die nächsten Jahre zu „Schlüsseljahren für die Transformation der deutschen Energieversorgung“. Es brauche „die konzertierte Anstrengung aller Beteiligten, um die sehr ambitionierten Zubauziele zu erreichen“. Die größte Hürde für einen schnellen Ausbau seien weiterhin die zu komplizierten und langwierigen Genehmigungsverfahren. „Hier muss die Bundesregierung das angekündigte Gesetz zur Verfahrensbeschleunigung möglichst schnell vorlegen“, so Albers.

Für 2023 rechnen BWE und VDMA mit einem Zubau in Höhe von 2,7 GW bis 3,2 GW. 2022 wurden laut Windguard-Analyse 842 neue Windenergieanlagen mit einer Leistung von 4243 MW genehmigt, was dem Niveau des Vorjahres entspreche. Die Menge reiche jedoch nicht aus, „um die großen Ausschreibungsmengen der kommenden Runden zu füllen“. Nach den 12,84 GW in diesem Jahr sollen nach Plänen der Regierung in den Folgejahren jährlich zehn GW ausgeschrieben werden.

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