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Jahresumfrage Energiegenossenschaften

„Der Gründungsboom ist zu einem Ende gekommen“

Michael Hahn, 06.07.16
Im vergangenen Jahr wurden erneut weniger Energiegenossenschaften gegründet. Der Deutsche Genossenschafts- und Raiffeisenverband sieht Bürgerenergie-Projekte durch Ausschreibungen bedroht. Daran würden auch vorgesehene Sonderregeln nichts ändern.

Die Zahl der Neugründungen von Energiegenossenschaften ist im Vergleich zum Vorjahr um 25 Prozent gesunken. Das geht aus der Jahresumfrage des Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverbands (DGRV) hervor, die der Verband am 6. Juli gemeinsam mit der Agentur für Erneuerbare Energien vorgestellt hat. 2015 wurden demnach insgesamt 40 Energiegenossenschaften gegründet, 14 weniger als 2014. Das bedeutet einen Rückgang im zweiten Jahr in Folge: 2013 waren es noch 129 neue Genossenschaften.

„Der Gründungsboom ist zu einem Ende gekommen“, sagte Eckhard Ott, Vorstandsvorsitzender des DGRV. Die Ursachen dafür sieht er in einem „Sättigungseffekt“, vor allem aber in den verschlechterten Förderbedingungen für neue Photovoltaikprojekte.

Ausschreibungen „mehr als enttäuschend“

Die ersten vier Ausschreibungsrunden für Photovoltaik-Freiflächenanlagen seien „mehr als enttäuschend“ verlaufen, nur 0,22 Prozent der Zuschläge seien auf Energiegenossenschaften entfallen. Die im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2016 vorgesehenen Ausschreibungen für Windenergieanlagen sieht Ott deshalb kritisch. Die Erfahrung zeige, dass eine Verschiebung von kleinen zu großen Akteuren wahrscheinlich sei.

Die im EEG geplante Ausnahmeregel für Bürgerenergie-Projekte – sie müssen Genehmigungen erst später einreichen – sei ungeeignet: „Wir begrüßen sehr, dass die Bürgerenergie im Gesetzentwurf berücksichtigt wird. Das grundsätzlich höhere Risiko für kleine Akteure wie Bürgerenergiegenossenschaften wird dadurch aber nicht vermieden, es wird sogar vergrößert“, sagte der DGRV-Vorsitzende. Strafen für kleinere Akteure im Falle des späteren Scheiterns müssten deshalb entfallen, beziehungsweise müsse der Zuschlag straffrei zurückgegeben werden können.

1,8 Milliarden in Erneuerbare investiert

Insgesamt gibt es nach DGRV-Angaben 812 Bürgerenergiegesellschaften mit durchschnittlich 221 Mitgliedern, die zu über 90 Prozent Privatpersonen sind. Im Vorjahr betrug die durchschnittliche Mitgliederzahl 169 Personen. Hauptgeschäftsgegenstand der Genossen ist mit 86 Prozent die Stromerzeugung, rund 20 Prozent betreiben Wärmenetze. Die durchschnittliche finanzielle Beteiligung pro Mitglied liegt laut Umfrage bei 3652 Euro, eine Steigerung von zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Hochgerechnet waren Ende letzten Jahres insgesamt 165.000 Bürger Mitglied einer Energiegenossenschaft, das Mitgliederkapital betrug 655 Millionen Euro, 1,8 Milliarden Euro wurden in erneuerbare Energien investiert.

Positiver als bei den Energiegenossenschaften verlief der Umfrage zufolge die Entwicklung bei den Nahwärmegenossenschaften: 145 davon gibt es insgesamt, mehr als 50 seien allein in den letzten drei Jahren entstanden, so Ott. Biogasanlagen sind mit 65 Prozent Hauptwärmequelle der Genossenschaften, Holzhackschnitzelheizwerke folgen mit 30 Prozent. Aufgrund des hohen Biogasanteils spricht sich die DGRV für eine Anschlussförderung der Anlagen auch nach Ablauf der 20-jährigen EEG-Förderung aus. Die Laufzeiten der Wärmenetze seien schließlich länger als 20 Jahre.

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