Anzeige
WWF-Fazit zur Klimakonferenz

Staatengemeinschaft ist noch nicht bereit

WWF-Demo in Doha

Barbara Lueg, 11.12.12
Klar ist: Gemessen an den Erwartungen ist die Bilanz der Doha-Konferenz enttäuschend, gemessen an den Herausforderungen des Klimawandels ist sie vernichtend. Wir steuern auf eine Erwärmung der globalen Durchschnittstemperatur von 4 bis 6 Celsius Grad zu, mit unüberblickbaren Folgen.

Die Treibhausgasemissionen sind so hoch wie nie zuvor und werden weiter steigen. Neue ambitioniertere Emissionsreduktionen standen beim Konferenzmarathon erst gar nicht auf der Tagesordnung. Die Einigung auf ein konkretes Jahr, in dem der Scheitelpunkt der weltweiten Treibhausgasemissionen erreicht sein muss, wurde auch ein weiteres Mal verschoben. Doch laut WWF müsste dieses Peakjahr bereits um 2015 herum sein, damit die globale Durchschnittstemperatur die Schwelle von zwei Grad Celsius nicht überschreitet.

Wie aber sah das Ende der Konferenz aus? Am Freitag war offiziell das Ende der COP18 vorgesehen. Doch viele gingen davon aus, dass wir auch am nächsten Tag wieder raus zum Konferenzzentrum fahren  würden. Die deutschen Umwelt- und Entwicklungsorganisationen Brot für die Welt, BUND, Germanwatch, Greenpeace, NABU, Oxfam und der WWF haben spontan zu einer Pressekonferenz eingeladen. Ihr Ziel ist ein letzter dringender Appell an die Politik. Wir fordern Bundeskanzlerin Merkel auf, dass sie auf ihre EU-Kollegen einwirke, damit die EU zeitnah ihr Klimaschutzziel auf 30 Prozent bis 2020 im Vergleich zu 1990 zu erhöhen. Auf der COP wird das nicht mehr passieren, aber für März 2013 auf dem EU-Ratstreffen wäre das möglich. Als positives Zeichen könnte dieses Datum hier in Doha  kommuniziert werden. Wir wollen, dass Doha nicht ohne einen Hoffnungsschimmer für den Klimaschutz endet.

Eines ist seit dem Eintreffen der Minister jedoch klar geworden: Es herrscht ein eklatanter Mangel an politischem Willen. Die Textentwürfe zum Kyoto-Protokoll, zu Finanzen und zum Mechanismus schwerer irreparabler Klimawandelschäden (Loss and Damage) sind in dieser Form, wie jetzt auf dem Tisch liegen, nicht zustimmungsfähig. Der Erfolg von Durban, die Allianz zwischen der EU, den kleinen Inselstaaten und den ärmsten Entwicklungsländern gemeinsam für mehr Klimaschutzambitionen zu kämpfen, ist zerbrochen. Zu niedrig ist das Engagement der EU.

Im weiteren Tagesverlauf tat sich wenig, der Gipfel wird auf Samstag verlängert. Da findet dann das das Abschlussplenum der Convention of the Parties (COP) und des Meeting of the Parties (MOP bzw. CMP) statt. Sie sind öffentlich, in dem riesigen Saal sitzen Delegierte aus 194 Staaten zusammen mit Journalisten und den NGO-Vertretern. Stundenlang passiert nichts. Einige Verhandler aus den Delegationsteams, die zu den technischen Detailfragen gearbeitet haben, sind bereits abgereist.

Gegen 18:45 Uhr dann der Start. COP-Präsident Abdullah Bin Hamad al Attija eröffnet die COP und liest zügig die einzelnen Verhandlungsstränge vor. Russland erhebt sein Namensschild. Ablehnung und Sprechanfrage heißt das. Russland will im Zusammenhang mit dem Text der zweiten Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokoll einen neuen Kompromissvorschlag unterbreiten. Auf einmal geht alles rasend schnell. Der COP-Präsident übersieht geflissentlich den Widerstand Russland, liest weiter die einzelnen Verhandlungsstränge vor und verkündet, alle Beschlüsse seien angenommen worden – Applaus im Saal. Die Protestrufe der Russischen Föderation gehen in der allgemeinen Erleichterung über das Ende unter. Im Anschluss haben die Staaten das Recht Kommentare abzugeben, aber lediglich der Protest Russlands wird im Protokoll vermerkt, das Ergebnis ist final. Damit sind die Klimaverhandlungen von Doha zu Ende.

Die EU als eine der größten Länderblöcke, die bei der zweiten Phase des Kyoto-Protokoll teilnehmen, nimmt sich demnach bis 2020 eine achtjährige Auszeit von weiteren Verpflichtungen zu Emissionsreduktionen. Sie haben ihr angegebenes Ziel für 2020  bereits heute erfüllt. Die ungenutzten Emissionsrechte aus der ersten Phase des Kyoto-Protokolls dürfen von einer Phase in eine spätere übertragen werden, auch wenn der Handel in der zweiten Phase beschränkt ist. Die Klimafinanzierung in Entwicklungsländern wird weitergeführt, doch Ankündigungen kamen nur von wenigen Industrieländern und die Mechanismen sind vage. Ein verbindlicher Finanzierungsfahrplan mit klaren Zwischenzielen für die kommenden Jahre wurde nicht definiert, der grüne Klimafonds bleibt leer. So können die ärmsten Entwicklungsländer keine langfristigen Klimaschutzmaßnahmen ergreifen und sich selbst vor den schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels schützen.

Die Verhandlungen und Themen in Doha sind so hochkomplex, dass man vor Ort das Gefühl hat in einer Blase zu leben. Erfolge und Misserfolge eines Tages vor Ort sind nur schwer nach außen zu vermitteln. Am Ende spielt die Frage der Gerechtigkeit eine ganz große Rolle: Die Staaten, die massiv zum Klimawandel beitragen, da ihre Entwicklung und Wirtschaft auf fossilen Brennstoffen beruht, gehören zu den reicheren der Welt. Sie meinen, sie können es sich leisten, noch weiter abzuwarten und den Kopf in den Sand zu stecken. Die Folgen davon spüren vor allem zuerst die Entwicklungsländer, die an der Herausforderung Klimawandel straucheln könnten. Die Staatengemeinschaft ist scheinbar noch nicht bereit, daran etwas zu ändern.

Kommentare (0)

Kommentar verfassen»

Kommentar verfassen

Anzeige
Anzeige