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Klimaklage

Andenbauer geht gegen RWE-Urteil in Berufung

Isaac Bah, 26.01.17
In erster Instanz ist der peruanische Landwirt Saul Luciano Lliuya vor Gericht gegen RWE gescheitert. Nun will er mit einer Berufungsklage in nächsthöherer Instanz erreichen, dass der Energiekonzern sich als größter CO2-Emittent Europas an Schutzmaßnahmen gegen Folgen des Klimawandels in den peruanischen Anden beteiligen muss.

Im Dezember vergangenen Jahres hatten die Richter am Essener Landgericht die Klage des Kleinbauern und Bergführers Saul Luciano Lliuya aus Huaraz in den peruanischen Anden abgewiesen. Lliuya wollte mit seiner Ende 2015 eingereichten Zivilklage erreichen, dass der Essener Energiekonzern RWE entsprechend seinem Anteil an der Verursachung des Klimawandels für Schutzmaßnahmen an einem Gletschersee oberhalb von Lliuyas Heimatstadt Huaraz haftet. Die 120.000-Einwohner-Stadt ist wegen der durch den Klimawandel beschleunigten Gletscherschmelze einer akuten Flutgefahr ausgesetzt. Der Streitwert lag bei 17.000 Euro.

Die Musterklage, die von der Entwicklungsorganisation Germanwatch und der Stiftung Zukunftsfähigkeit unterstützt wird, soll zudem eine übergeordnete Frage beantworten, erklärt der Germanwatch-Vorsitzende Klaus Milke: „Können sich die Hauptverursacher des Klimawandels einfach mit dem Argument aus der Verantwortung stehlen, dass es ja viele Mitverursacher gebe?“. Der Energiekonzern bezeichnet sich selbst als den größten CO2-Einzelemittenten in Europa. Das Unternehmen ist, so zeigt eine Untersuchung von 2014, für rund ein halbes Prozent aller weltweit seit Beginn der Industrialisierung durch menschliches Handeln freigesetzten Treibhausgasemissionen verantwortlich.

Richter räumen Zusammenhang ein

Im Prozess hatte RWE die Forderung des Peruaners abgelehnt. Am 15. Dezember 2016 entschied die Zweite Zivilkammer des Landgerichts Essen zugunsten des Energieriesen. In der Urteilsbegründung argumentierten die Essener Richter, dass dem Konzern keine direkte Verursacher-Rolle für die schmelzenden Andengletscher nachgewiesen werden könne. Deshalb sei die Klage abzuweisen. Das Gericht räumte jedoch eine „mögliche naturwissenschaftliche Kausalität“ zwischen den Abgasen aus RWE-Kraftwerken und dem Klimawandel ein. „Wir halten unsere Klage nach wie vor für gut begründet und auch die rechtliche Kausalität für gegeben“, sagte Lliuyas Rechtsanwältin Roda Verheyen nach der ersten Urteilsverkündung im Dezember. Zudem kündigte sie eine mögliche Berufungsklage nach Durchsicht des schriftlichen Urteils und Rücksprache mit ihrem Mandanten an.

Diese haben Lliuya und Verheyen nun am Oberlandesgericht Hamm eingereicht. „Die Begründung des Landgerichts Essen für die Abweisung der Klage ist aus unserer Sicht falsch“, sagt die Rechtsanwältin. „Sie lässt von uns vorgebrachte Sachverhalte zum Zusammenhang zwischen Emissionen von CO2 und der konkreten Gletscherschmelze außer Acht und unterstellt trotz anerkannter möglicher naturwissenschaftlicher Kausalität ganz generell eine fehlende rechtliche Kausalität für solche Fälle.“ Diese Kausalität hielten ihr Mandant und sie aber auch auf rechtlicher Ebene für gegeben. „Nur weil viele Verursacher eine bestimmte Folge herbeiführen, entfällt nicht die rechtliche Verantwortung des Einzelnen“, so Verheyen.

Nun hofften sie, dass das Oberlandesgericht Hamm diese Rechtsauffassung teile und mit der Beweisaufnahme die Chance eröffne, die Mitverantwortung von RWE für die akute Gefährdung von Lliuyas Eigentums zu beweisen. Auch der Kläger selbst gibt sich kämpferisch: „Diejenigen, die das Schmelzen der Gletscher mit ihren Emissionen beschleunigen, tun so als hätten sie mit unserer Notlage nichts zu tun. Man muss kein Rechtsgelehrter sein um zu erkennen, dass das Unrecht ist“, sagt Liuya.

 

Kommentare (2)

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  • 28.01.17 - 16:17, Wind Fried

    Gerichtsprozesse sind immer ein heikles Thema. Über Enercon und die Gerichtsprozesse gegen mit Mitarbeiter, die in der Gewerkschaft waren, hab ich hier auf neueenergie nie etwas gelesen. Warum nur?

  • 29.01.17 - 10:16, Emil Anders

    Die Anwältin sollte sich erst mal selbst verklagen. Auch sie heizt ihr Büro, benutzt Verkehrsmittel und verbraucht Strom - möglicherweise sogar von RWE gelieferten.

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