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Transatlantisches Freihandelsabkommen

Wirtschaftsexperten kritisieren TTIP

Clemens Weiß - energiezukunft.eu, 20.03.15
Auf Antrag der Opposition wurden im Bundestag Experten zum geplanten Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA gehört. Fast alle Sachverständigen warnten vor den Risiken des Abkommens und forderten Nachbesserungen in den Verhandlungen.

Anfang der Woche hat der Bundestagsausschuss für Wirtschaft und Energie verschiedene Experten zum Freihandelsabkommen TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) zwischen den USA und der Europäischen Union angehört. Die Mehrheit der Sachverständigen war sich dabei einig, dass es dringend Nachbesserungen bei den Verhandlungen geben muss. Sie teilten die Befürchtungen vieler Bürger, dass Umwelt- und Verbraucherstandards abgesenkt oder unterwandert werden könnten. Auch der geplante Investorenschutz vor privaten und nicht-öffentlichen Schiedsgerichten stieß auf große Kritik.

Sebastian Dullien von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin erklärte, der Effekt von Handelsabkommen wie TTIP läge „praktisch bei null“, besonders der gesonderte Investorenschutz habe gesamtwirtschaftlich keine Vorteile. Die deutsche Politik müsse Brüssel und Washington klar machen, dass der größtenteils geheime Vertragstext unter diesen Umständen möglicherweise abgelehnt würde. Zwar sei es grundsätzlich möglich, den Teil des Vertrags zum internationalen Handel mit Fristen zu kündigen, die Investorenschutzregeln wirkten aber noch 20 Jahre nach, so der Wissenschaftler.

Im Zweifel werden Umweltauflagen gesenkt

Auch Professor Markus Krajewski, Staatsrechtler an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, bewertete den geplanten Investorenschutz kritisch. Derartige Abkommen seien bislang nur mit schwächeren Handelspartnern wie Argentinien oder den Philippinen üblich, in den USA und Europa sei der Schutz für Unternehmen dagegen ohnehin sehr hoch. Dennoch werde die Anzahl der Klagen „allein aufgrund des schieren Investitionsvolumens erheblich steigen“, Aktiengesellschaften würden geradezu dazu getrieben, diesen Weg zu nutzen. Es sei auch zu befürchten, dass Kommunen im Zweifelsfall Umweltauflagen eher absenken würden, um Klagen von Konzernen zu vermeiden, so der Experte.

Ähnlich argumentierte Jürgen Maier vom Forum Umwelt und Entwicklung. Aufgrund der vorgesehenen allgemeinen Kooperation in Regulierungsfragen seien darüber hinaus gehende Umwelt- und Verbraucherstandards mit TTIP wohl kaum noch möglich, bestehende Standards gerieten unter Druck. Auch die Gewerkschaften lehnen TTIP in dieser Form ab, machte Stefan Körzell vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) deutlich. Vergleichbare Handelsverträge hätten zu einer „Negativspirale“ und zu Lohnkürzungen von bis zu 30 Prozent geführt. Außerdem seien in den USA nur Teile der internationalen Arbeitnehmer-Schutznormen anerkannt.

TTIP-Grundgerüst soll Ende 2015 stehen

Negative Auswirkungen im Lebensmittel- oder Chemikalienbereich befürchtet Klaus Müller vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. Durch die gegenseitige Anerkennung derzeitiger Standards würden die Bürger in Deutschland und Europa künftig weniger geschützt. Durchweg positiv sprach sich nur ein Experte für TTIP aus, Arnold Kawlath vom mittelständischen Maschinenbauer Schubert & Salzer. Die Firma stellt Wasserventile her, die in der EU und den USA verschiedene Normen erfüllen müssen. Das Arbeiten an gemeinsamen Standards sei daher sehr wichtig für das Unternehmen, so Kawlath. Derlei technische Anpassungen werden allerdings von allen Experten unkritisch gesehen.

Der Vertreter der EU-Kommission, Lutz Güllner, sagte, bis Ende 2015 solle ein „Grundgerüst“ für TTIP stehen. Angehört wurden die Experten aufgrund von Anträgen der Opposition. Sowohl die Linke als auch Bündnis 90/Die Grünen stehen den Freihandelsabkommen TTIP mit den USA und CETA mit Kanada kritisch gegenüber. In der Bevölkerung stoßen die undurchsichtigen Verträge ebenfalls auf wenig Zuspruch.

Clemens Weiß – energiezukunft.eu

 

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