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Hinkley Point

Stadtwerke-Allianz klagt gegen britische Atom-Subventionen

Joachim Wille, 01.07.15
Der Widerstand gegen den Plan der britischen Regierung für eine Atomkraft-Renaissance wächst. Neuerster spektakulärer Zugang: Ein Bündnis von zehn deutschen und österreichischen Stadtwerken sowie Ökostrom-Anbietern wird in Kürze eine Klage gegen die EU einreichen, die die von London vorgesehenen milliardenschweren Subventionen für den AKW-Neubau im letzten Herbst durchgewunken hatte.

Die Regierungen von Österreich und Luxemburg haben ebenfalls bereits rechtliche Schritte angekündigt. Die Klagen werden von über 170.000 Bürgern unterstützt, die eine offizielle Sammel-Beschwerde bei der EU-Kommission eingelegt haben. Außerdem läuft eine Petition, in der Bundestag und Bundesrat aufgefordert werden, die Bundesregierung ebenfalls zur Klage zu bewegen.

Die Unternehmen – darunter die Stadtwerke von Bochum, Mainz und Tübingen und der Ökostromanbieter Greenpeace Energy – kritisieren, die Atomsubventionen verzerrten „nachweislich den Wettbewerb auf dem europäischen Strommarkt zu Lasten anderer Energie-Anbieter und der Erneuerbaren“. Daher werde man eine gemeinsame Nichtigkeitsklage gegen die Kommissionsentscheidung beim Europäischen Gericht in Luxemburg einreichen. Das britische Beihilfemodell gelte in mehreren EU-Staaten als Blaupause für dortige Atomvorhaben – mit negativen Folgen für die Energiewende in Deutschland.

Subventionen in dreistelliger Milliardenhöhe

Der französische Energiekonzern EDF will in Hinkley Point in Südwestengland eines der größten Atomkraftwerke der Welt bauen. Die britische Regierung garantiert dem Unternehmen einen Strompreis von rund elf Cent pro Kilowattstunde, der deutlich über dem britischen Marktpreis und auch höher als die zum Beispiel in Deutschland gültigen EEG-Vergütungen für Wind- und Solarstrom liegt. Der Zuschlag soll über einen Zeitraum von 35 Jahren gewährt werden, hinzu kommt ein Inflationsausgleich. Nach Berechnungen der „Financial Times“ könnte die Vergütung dadurch bis zum Ende des Förderzeitraums auf 35 Cent je Kilowattstunde ansteigen.

Die Subventionen für den neuen Reaktor könnten noch weitaus höher ausfallen als bislang angenommen. Laut Berechnungen des Analyse-Instituts Energy Brainpool werden sie sich in den 35 Jahren auf 108 Milliarden Euro summieren, etwa viermal mehr als bisher bekannt. „Dass ein einzelnes Atomkraftwerk mit dreistelligen Milliardenbeträgen aus dem öffentlichen Haushalt alimentiert werden muss, kommt einer Bankrotterklärung der Atomindustrie gleich", sagt Greenpeace-Energy-Vorstand Sönke Tangermann. Der Hamburger Ökostrom-Anbieter hatte die Analyse bei dem Institut in Auftrag gegeben.

Der österreichische Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) hatte die Klage damit begründet, dass es innerhalb der EU "zu einer intensiven Diskussion über die Kosten kommen" solle. Gerade bei der Atomkraft gebe es verdeckte Kosten wie die Endlagerung, so Mitterlehner. "Nach unserer Auffassung verhält es sich mit AKWs wie mit einer Tombola, wo Sie 1000 Euro für ein Los zahlen und 100 Euro gewinnen können."

Die deutsche Bundesregierung will sich dagegen bislang nicht an einer Klage beteiligen. Auch ein entsprechender Antrag der Grünen im Bundestag wurde am 2. Juli mit den Stimmen der Großen Koalition abgelehnt. Allerdings stimmten nicht alle Abgeordneten entsprechend der Fraktionslinie: Aus den Reihen der Union votierten Josef Göppel (CSU) und Hans-Georg von der Marwitz (CDU) für eine Klage. Bei der SPD stimmte der Berliner Abgeordnete Klaus Mindrup dafür, zwei weitere Fraktionsmitglieder enthielten sich.

 

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