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Nachhaltigkeitsbarometer

Zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Tim Altegör, 21.02.19
Eine Umfrage zeigt, dass die meisten Menschen in Deutschland die Energiewende unterstützen, mit der Regierungspolitik aber unzufrieden sind. Besonders gelitten hat das Bild, das CDU/CSU-Anhänger von ihrer eigenen Partei haben.

Die Bevölkerung in Deutschland steht weitgehend geschlossen hinter der Energiewende, mit der Umsetzung durch die Regierung sind aber immer weniger Menschen einverstanden. Zu diesem Ergebnis kommt das „Soziale Nachhaltigkeitsbarometer der Energiewende“, eine umfassende Erhebung bei rund 7000 Haushalten, die heute (21. Februar) in Berlin vorgestellt wurde. Demnach halten 80 Prozent der Befragten die Energiewende für eine Gemeinschaftsaufgabe, zu der sie auch einen Beitrag leisten wollen. Weitere zehn Prozent unterstützen das Projekt, ohne sich selbst besonders einbringen zu wollen.

Damit, wie die Bundesregierung das Ganze umsetzt, sind jedoch nur neun Prozent zufrieden, gegenüber 61 Prozent Unzufriedenen (siehe Grafik). Das Barometer scheint nach 2017 zum zweiten Mal, damals lagen diese beiden Werte noch bei 17 gegenüber 49 Prozent. Durch die Bank zum Schlechteren gehen die Werte auch bei den Eigenschaften, die mit der Energiewende verbunden werden. Eine Mehrheit findet sie teuer (75 Prozent) und chaotisch (60 Prozent), gerecht (21 Prozent) oder bürgernah (19 Prozent) dagegen nur eine Minderheit.

„Wir haben ein paar Ergebnisse, von denen wir glauben, dass sie die Politik ein Stück weit aufwecken sollten“, kommentierte Ortwin Renn vom Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS), das die Daten federführend erhoben hat. Diskutiert werde vor allem über die wirtschaftliche und technische Seite, während die sozialen Aspekte „ein Schattendasein“ führten. Hinzu komme, dass sichtbare Fortschritte ausbleiben, etwa beim Verkehr. „Das Signal ist immer: Wir denken noch nach.“

„Mangel an politischem Leadership“

Dass es beim Klimaschutz zu langsam vorangehe, nannten 58 Prozent als konkreten Kritikpunkt, in der Rangfolge steht die lahme Umsetzung damit auf Platz eins. 52 Prozent stören sich an fehlender sozialer Gerechtigkeit, 41 Prozent an zu hohen Kosten. Dass die Wettbewerbsbedingungen für erneuerbare Energien unfair seien oder dass Natur- und Landschaftsschutz nicht genügend berücksichtigt würden, bemängelt jeweils rund ein Drittel.

Wie die Regierung kommen auch die Parteien bei der Befragung nicht gut weg. Einzig den Grünen bescheinigt mit 27 Prozent (plus sieben Prozentpunkte seit 2017) ein nennenswerter Anteil, sie hätten die besten Konzepte zur Umsetzung der Energiewende. Bei CDU und CSU sank der Wert um sechs Prozentpunkte auf neun Prozent, die übrigen Parteien liegen noch schlechter.

Für CDU/CSU geradezu desaströs ist die Entwicklung unter den eigenen Anhängern: Nur noch 33 Prozent sehen hier die besten Konzepte, ein Einbruch um 18 Prozent zwischen den beiden Barometer-Befragungen im Sommer 2017 und 2018. Die andere Regierungspartei SPD kommt bei ihren Anhängern im Vergleich sogar am schlechtesten weg, nur 20 Prozent halten sie bei der Energiewende für am kompetentesten. Auch hier stehen allein die Grünen relativ gut da, bei ihnen sind 78 Prozent vom Parteiprogramm zur Energiepolitik überzeugt.

Sie sehe „wirklich einen Mangel an politischem Leadership bei der Energiewende“, sagte die IASS-Forscherin Daniela Setton, die Autorin der Studie. Wenn sich das nicht ändere, könne auch die grundsätzlich positive Einstellung zur Energiewende mit der Zeit bröckeln.

 

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