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Bundestagswahl 2017

„Wir sind nicht gegen Windkraft und auch nicht gegen Klimaschutz“

Interview: Redaktion neue energie, 15.09.17
FDP-Politiker Hermann Otto Solms erklärt, was seine Partei im Energiesektor plant, wenn ihr der Wiedereinzug in den Bundestag gelingt – und was sie klimapolitisch von der AfD unterscheidet.

neue energie: Wenn Sie sich für eines entscheiden müssen: Was ist Ihr wichtigstes energiepolitisches Ziel für die nächsten vier Jahre – und wie wollen Sie es erreichen?

Hermann Otto Solms: Wir haben in der Energiepolitik zwei wichtige Ziele. Wir wollen die Stromsteuer abschaffen beziehungsweise auf ein europäisches Mindestniveau absenken. Das würde die Stromverbraucher um circa sieben Milliarden Euro entlasten. Zum anderen wollen wir die EEG-Umlage abschaffen. Sie begann 1998 mit 0,08 Cent je Kilowattstunde und Jürgen Trittin sagte, das kostet eine Familie nicht mehr als eine Kugel Eis. Aktuell liegt sie bei 6,88 Cent und Fachleute rechnen mit einem weiteren Anstieg auf bis zu zehn Cent in den nächsten Jahren. Die Umlage wächst sich immer mehr zu einem gefährlichen Standortnachteil für Deutschland aus. Sie ist eine Subventionsmaschine ohne jeden Anreiz, die die Verbraucher schon heute rund 24 Milliarden Euro pro Jahr kostet. Daher will die FDP die EEG-Umlage abschaffen. Zumal sie für den Klimaschutz nichts gebracht hat und auch die CO2-Belastung nicht gesunken ist.

ne: Die FDP lehnt den Klimaschutzplan 2050 wegen seiner Ziele zur Emissionsminderung ab, will deutlich höhere Mindestabstände für Windkraftanlagen und sieht fossile Energien „auf absehbare Zeit“ als unverzichtbar. Das klingt nicht, als wollten Sie die Pariser Klimaziele erreichen…

Solms: Die in Paris vereinbarten Ziele sind der Weg, den wir weiter gehen werden – ob mit oder ohne die USA. Denn Klimaschutz ist die herausragende umweltpolitische Herausforderung des 21. Jahrhunderts und dieser müssen wir uns zweifelslos stellen. Alle Staaten dieser Welt sind aufgerufen, ihren Beitrag zum internationalen Klimaschutz zu leisten. Nur wenn wir heute gemeinsam handeln, werden nachfolgende Generationen akzeptable Lebensräume vorfinden. Für uns Freie Demokraten ist Energieeffizienz hierbei eine der wichtigsten Säulen. Dabei sind für uns die Kosten für emittiertes CO2 die entscheidende Größe. Zentrales Steuerungsinstrument ist der konsequente Emissionshandel – zunächst EU-weit, so schnell wie möglich weltweit. Außerdem wollen wir den EU-Emissionshandel stärken und auf weitere Sektoren ausdehnen, um ihn damit fit für zukünftige Kooperationen mit anderen internationalen Emissionshandelssystemen zu machen.

ne: Sie sagen seit vielen Jahren, der europäische Emissionshandel müsse als marktwirtschaftliches Instrument gestärkt werden. Aber was, wenn andere Staaten dabei nun einmal nicht mitspielen?

Solms: Klimaschutz ist angesichts absehbarer Langzeitkosten des Klimawandels eine notwendige und wirtschaftspolitisch sinnvolle Investition. Klimaziele müssen international verzahnt werden und kompatibel sein. Daher müssen wir uns von dem bisherigen Top-down-Ansatz der Kioto-Ära verabschieden und hin zu einem Bottom-up-Ansatz kommen. Und vor allem immer die finanzielle Komponente im Auge haben: Wie können sich die einzelnen Länder Klimaschutz leisten und ist dieser für alle Beteiligten leistungsfähig und wirtschaftlich tragbar. Die internationalen Bemühungen – auch im Rahmen des Nachfolgeprozesses der Pariser Klimaschutzkonferenz – müssen sich daher auf langfristig realistische Ziele konzentrieren und darauf, was mit sinnvollem Aufwand machbar ist.

ne: Ist die FDP die Partei für alle, die sich weniger Klimaschutz wünschen, aber nicht AfD wählen wollen?

Solms: Wir sind nicht gegen Windkraft und auch nicht gegen Klimaschutz. Wir sind allerdings gegen unsinnige Subventionen. Nach neuesten Untersuchungen werden die Kosten für die Energiewende bis 2020 weiter steigen. Es sei denn, es kommt zu neuen politischen Entscheidungen nach der Bundestagswahl. Die FDP jedenfalls wird die Abschaffung des EEG verbunden mit der Umlage für die Zukunft fordern und auch die regenerativen Stromanbieter durch Wettbewerb zu mehr Kosteneffizienz bewegen.

ne: Die Große Koalition hat die Förderung der Erneuerbaren auf Ausschreibungen umgestellt. Nach der ersten Runde für Windkraft an Land wurde nun auf die Schnelle per Moratorium nachgebessert. Wie bewerten Sie das Auktions-Ergebnis und wo sehen Sie hier noch politischen Handlungsbedarf nach der Sommerpause?

Solms: Die Ausschreibungen für Offshore-Windanlagen zeigen, dass Strom schon heute zu erheblich niedrigeren Preisen produziert und vermarktet werden kann. Die Erneuerbaren sind auch ohne Subventionen in der Lage, ihre Wettbewerbsvorteile auszuspielen. Deshalb sollten die viel zu hohen Subventionen schnellstmöglich beendet werden. Während überall um uns herum Wettbewerb herrscht, ist es nicht akzeptabel, dass die Verbraucher in Deutschland noch über Jahre Milliarden dafür zahlen, dass Windparks zweistellige Renditen verdienen.

ne: Zusammengefasst – warum sollten Wählerinnen und Wähler, denen Energiewende und Klimaschutz am Herzen liegen, am 24. September FDP wählen?

Solms: Für uns Freie Demokraten ist der Schutz des Klimas zu wichtig, um ihn bürokratisch und planwirtschaftlich zu verwalten, wie es die jetzige Bundesregierung praktiziert. Mit verheerenden Folgen: Die Kosten laufen aus dem Ruder, ohne dass die CO2-Emissionen zurückgehen. Wir wollen einen Richtungswechsel. Weg von Subventionen und nationalen Alleingängen, hin zu einer europäisch abgestimmten Energiepolitik mit dem Ziel eines technologieneutralen Wettbewerbs unter marktwirtschaftlichen Bedingungen. Das ermöglicht eine sichere Energieversorgung, eine effizientere Energienutzung und reduzierte Treibhausgasemissionen und das alles zu deutlich niedrigeren Kosten.

Hermann Otto Solms hat uns schriftlich auf unsere Fragen geantwortet.

 

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