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Groko-Beschluss

Kleiner Schritt, langer Anlauf

Tim Altegör, 18.05.20
Die Große Koalition verspricht, nun wirklich den Solardeckel zu streichen. Im Gegenzug sollen die Bundesländer größere Abstände für Windparks beschließen dürfen. Der Wirtschaftsminister gibt sich zufrieden.

Nach monatelangem Gezerre hat sich die Große Koalition in zwei wichtigen energiepolitischen Fragen geeinigt. Das verkündeten heute (18. Mai) sowohl Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) als auch die beiden stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Matthias Miersch (SPD) und Carsten Linnemann (CDU/CSU).

Bei der Solarenergie wollen sie den sogenannten 52-Gigawatt-Deckel von 2012 abschaffen, durch den in Kürze ein Förderstopp eingetreten wäre. Die Branche mahnt dazu seit Wochen eindringlich, laut Altmaier soll es nun schnell gehen. Der Solarverband BSW sprach von einer „lang ersehnten Rettung“. Bei Windparks sollen die Bundesländer die Möglichkeit erhalten, Mindestabstände von bis zu 1000 Metern der Anlagen zur Wohnbebauung festzulegen.

Beides hatte die Bundesregierung schon im Herbst 2019 in ihrem Klimapaket angekündigt. Im November verkündete Angela Merkel im Bundestag, der Solardeckel sei aufgehoben. In der Folge zog sich der Beschluss aber immer wieder hin. In der SPD wird ein Mindestabstand kritisch gesehen, da er den ohnehin eingebrochenen Zubau neuer Windkraftanlagen zusätzlich erschweren dürfte. CDU und CSU knüpften jedoch das Ende des Solardeckels an eine Abstands-Einigung.

Länder können selbst entscheiden

Diese sieht nun vor, dass die Länder höhere Abstände – falls gewollt – aktiv beschließen müssen („opt-in“). Ursprünglich sollte die Regelung bundesweit pauschal gelten und die Länder die Möglichkeit zum Verzicht erhalten („opt-out“). Auch die zwischenzeitlich heiß diskutierte Frage, ab welcher Bebauungsdichte die Regel greift, sollen sie nun selbst entscheiden.

Er rechne damit, „dass sich einige Länder für größere, andere für kleinere Siedlungsstrukturen entscheiden werden“, sagte Altmaier vor Pressevertretern in Berlin. Die Verhandlungen hätten „etwas länger gedauert, als viele von uns gehofft haben“. Das habe sich jedoch gelohnt, da die Regierungsparteien „weiterhin im Konsens“ agieren könnten.

Die unterschiedliche Auffassung zum Windenergie-Ausbau beschäftigt die Koalitionäre schon seit mehr als einem Jahr. Damals scheiterte eine groß angekündigte „AG Akzeptanz“ der Energieexperten beider Fraktionen. Einer der strittigen Punkte ist, ob – wie etwa Altmaier sagte – größere Abstände die Unterstützung für Windkraftprojekte vor Ort tatsächlich erhöhen. Die Bundesregierung selbst sah noch 2018 dafür keine Belege.

Schnellere Genehmigungen angekündigt

Als Haupthindernis für den Windkraftausbau bezeichnete Altmaier die langen Genehmigungsdauern. Er sei zuversichtlich, dass nun auch sein „Arbeitsplan“ zur Stärkung der Windenergie vom Oktober 2019 umgesetzt werden könne. Auch Miersch und Linnemann kündigten an, die Beteiligung, Planung und Genehmigung modernisieren – sprich digitalisieren – zu wollen und mögliche Klagen um eine Instanz zu reduzieren.

Der Bundesverband WindEnergie (BWE) forderte, die Erleichterungen im Genehmigungsprozess nun schnell auf den Weg zu bringen. Grundsätzlich begrüßte der Verband die Entscheidung, die Länder über Abstände bis maximal 1000 Meter entscheiden zu lassen. Das lasse ihnen die Möglichkeit, mindestens zwei Prozent der Landesfläche für Windenergie bereitzustellen, sagte BWE-Präsident Hermann Albers. Zudem müsse nun „ein Zeit- und Mengengerüst zum Ausbau der erneuerbaren Energien“ ausgearbeitet werden.

Unter anderem die Frage, wie die Koalition ihr Ziel von 65 Prozent Ökostrom bis 2030 erreichen will – das die Fraktionsvizes erneut bestätigten – sei weiterhin offen, kommentierte auch die energiepolitische Sprecherin der Grünen, Julia Verlinden. Bei der lange angekündigten Streichung des Solardeckels gelte nun: „Wenn diese Koalition noch einen Funken Glaubwürdigkeit in der Energiepolitik retten will, muss sie jetzt umgehend liefern.“

 

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