Solarenergie

Elf Punkte für einen neuen Photovoltaik-Boom

Bernward Janzing, 10.03.23
Wirtschaftsminister Habeck stellt nach einem Solargipfel seine Pläne vor, unter anderem sollen die Bedingungen für Mieterstrom und Freiflächenanlagen einfacher werden. Für Anfang Mai ist die finale Fassung der PV-Strategie angekündigt.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat nach einem „Solargipfel“ mit der Branche am Freitag einen Plan zum beschleunigten Ausbau der Technologie vorgestellt: Zum einen soll der Bau von Dachanlagen speziell im Segment des Mieterstroms erleichtert werden, zum anderen sollen Freiflächenanlagen vorangebracht werden. Um die Akzeptanz für die Photovoltaik zu fördern, werde man das Aufgabengebiet der Fachagentur Windenergie an Land auch auf den Solarstrom ausweiten.

In einem Elf-Punkte-Papier („Photovoltaik-Strategie“) hat Habecks Ministerium die Ziele definiert. Ein wichtiger Aspekt: PV-Strom soll künftig auf verschiedene Weise von Wohnungs- oder Gebäudeeigentümern und Mietern ohne großen Bürokratieaufwand vermarktet oder verwendet werden können. „Wir werden Lieferanten von Mieterstrom nicht mehr als Stromproduzenten betrachten“, sagte Habeck. Dafür werde man den Begriff des Eigenverbrauchs ausweiten, was für die Investoren einiges vereinfachen werde.

Für Steckersolargeräte (auch „Balkon-PV“ genannt), soll es mehr Rechtssicherheit geben, schließlich böten diese „eine niedrigschwellige Möglichkeit, sich an der Energiewende zu beteiligen“. Man werde Meldepflichten vereinfachen, Schukostecker als „Energiesteckvorrichtung“ auch offiziell zulassen und die maximal erlaubte Leistung der Balkonanlagen anheben.

Großes Interesse bei Hausbesitzern

Carsten Körnig, als Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW) an den Gesprächen beteiligt, wies darauf hin, dass die Installationen von Photovoltaik in den kommenden Jahren jeweils um 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr zunehmen müssten. Nur so seien die Ausbauziele der Bundesregierung erreichbar. Die grundsätzliche Investitionsbereitschaft sei enorm, sagte Körnig: 80 Prozent der Hauseigentümer liebäugelten derzeit mit dem Bau einer PV-Anlage. Das habe er in den 25 Jahren, die er in der Branche aktiv sei, noch nicht erlebt.

Schwieriger sei es bei Firmendächern. Dort erwarteten die Unternehmen eine Amortisationsdauer von sieben bis acht Jahren. Zudem scheuten sie oft die Bürokratie. Deswegen müsse im industriellen Sektor vor allem an zwei Stellen gearbeitet werden: weniger Bürokratie und Barrieren, etwa beim Markt- und Netzzugang, und der Sicherung marktüblicher Renditen der Anlagen. Dazu zähle auch, dass die Unternehmen Planungssicherheit bräuchten; ständige Eingriffe in die Rahmenbedingungen müssten unterbleiben.

Der von Habeck vorgezeichnete Weg stößt bei den Verbänden der Energiewirtschaft auf weitgehend positive Resonanz. Nachdem schon BSW-Chef Körnig auf Habecks Pressekonferenz die Pläne als „den richtigen Weg ins Solarzeitalter“ bezeichnet hatte, teilte auch der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (BNE) mit, er begrüße die vorgestellte PV-Strategie „weitgehend“ und unterstütze Habeck darin, dass „auf allen Ebenen konsequent Bürokratie abgebaut werden“ müsse. Bei der Photovoltaik auf Gebäuden müsse dies sogar an erster Stelle stehen. PV-Dachanlagen müssten Standard werden.

Ressortabstimmungen als Herausforderung

Für den Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) erklärte deren Chefin Kerstin Andreae, der PV-Ausbau sei „kein Selbstläufer“. Die Vorschläge sind auch hier die gleichen: Eine PV-Anlage aufs Dach zu bringen, müsse dringend vereinfacht werden. Dazu gehöre auch, bürokratische Anforderungen zu reduzieren.

Für PV-Freiflächenanlagen werde man rund ein Prozent der Landesfläche benötigen, so der BDEW. Damit das gelinge, brauche es „ein ganzes Bündel an Maßnahmen“. Benachteiligte Gebiete, auf denen beispielsweise eine Agrarnutzung nur schwer möglich ist, sollten „zügig und vollumfassend“ für die PV-Nutzung geöffnet werden. Ferner sollten „auch indirekt wirkende Hemmnisse bedacht werden“. Zum Beispiel würden PV-Freiflächenanlagen derzeit bei der Erbschafts- und Schenkungsteuer noch anders behandelt als land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen.

Habeck sagte auf der Pressekonferenz, das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) habe in jüngster Zeit viele Themen umgesetzt, über die man alleine entscheiden könne. Zunehmend kämen jetzt jedoch Aspekte ins Spiel, die auch andere Ressorts betreffen – etwa das Baurecht, das Steuerrecht oder das Mietrecht. Diese „überlappenden“ Themen nun voranzubringen, sei „die große Herausforderung“.

Beim PV-Konzept sind nun bis zum 24. März alle Akteure aufgefordert, ihre Stellungsnahmen einzureichen. Das betrifft vor allem die Bundesländer, die anderen Ministerien und auch die Fraktionen des Bundestags. Anfang Mai soll es dann bei einem zweiten PV-Gipfel eine finale PV-Strategie geben, die anschließend in Gesetze gegossen werden soll.

 

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