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Klimaschutzplan 2050

Deutsche Wirtschaft warnt vor zu viel Klimaschutz

Michael Hahn, 22.09.16
Nicht nur Umweltschützer kritisieren die Bundesregierung für den offiziellen Entwurf des Klimaschutzplans 2050 – auch aus anderer Richtung kommt Gegenwind. Wirtschaftsverbände sehen Arbeitsplätze und Standorte in Gefahr.

Der Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung wird von Umwelt- und Naturschutzorganisationen scharf kritisiert. Von den ursprünglich im Umweltministerium definierten, durchaus ambitionierten Zielen sei nach Überarbeitung des Plans durch Wirtschaftsministerium und Kanzleramt nicht viel übrig geblieben, sagen die Kritiker. Jetzt gerät das Papier auch von Seiten der Wirtschaft unter Beschuss, allerdings aus entgegengesetzten Gründen.

In einer gemeinsamen Erklärung warnen der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der Deutsche Bauernverband, der Deutsche Industrie- und Handelskammertag und der Zentralverband des Deutschen Handwerks vor den wirtschaftlichen Folgen zu ambitionierter Klimaschutzziele.

In der Erklärung heißt es: „Eine Politik, die Klimaschutz als absolut gesetztes Ziel und als einzigen Modernisierungsmotor für Wirtschaft und Gesellschaft begreift, ist weder für andere Industrienationen noch für Schwellen- und Entwicklungsländer anschlussfähig.“ Deutschland habe nur einen Anteil von 2,25 Prozent an den weltweiten energiebedingten CO2-Emissionen. Deshalb könne nationaler Klimaschutz nur erfolgreich sein, wenn die gesamte Staatengemeinschaft vergleichbare Bemühungen ergreift.

Technologieoffenheit gefordert

Der Klimaschutzplan soll sich nach Wunsch der Wirtschaftsverbände an zehn Grundsätzen orientieren. Unter anderem müsse jede Maßnahme einer Kosten-Nutzen-Analyse unterzogen werden, Wettbewerbsfähigkeit und Effekte auf den Arbeitsmarkt müssten dabei von zentraler Bedeutung für die Beurteilung der Maßnahmen sein. Auch dürfe „nationale Klimaschutzpolitik nicht zu einer Verlagerung der Produktion an weniger (klima-)effiziente Standorte führen.“

Eine weitere Forderung der Wirtschaftsvertreter lautet, den Klimaschutzplan nicht in einem Ressort konzentriert, sondern ressortübergreifend zu koordinieren. Der Plan solle zudem technologieoffen sein und sich nicht einseitig auf Elektrifizierung und erneuerbare Energien konzentrieren. Die Vorschläge setzten außerdem zu sehr auf Ge- und Verbote, statt auf Anreize und Einbindung der Betroffenen.

„Damit die Unternehmen innovativ sein können, sind Technologieoffenheit und eine verlässliche Politik notwendig, keine starren Schablonen“, sagte Holger Lösch, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des BDI, bereits Anfang des Monats. Ende September findet eine Verbändeanhörung zum Klimaschutzplan im Umweltministerium statt.

„Die Haltung des BDI ist für den Wirtschaftsstandort fatal“

Die Erklärung der Wirtschaftsverbände stößt derweil selbst auf Kritik. Gegenüber der Deutschen Presseagentur sagte Annalena Baerbock, klimapolitischer Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag: „Die Haltung des BDI ist nicht nur für das Klima, sondern auch für den Wirtschaftsstandort Deutschland fatal – ambitionierter Klimaschutz und internationale Wettbewerbsfähigkeit sind zwei Seiten derselben Medaille.“

Mit dem Klimaschutzplan 2050 sollen in Deutschland die Ziele des Pariser Klimaabkommens umgesetzt werden. Bis jetzt haben 60 Länder das Abkommen ratifiziert, sie sind für fast 48 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich, darunter auch die USA und China. Der formelle Beitritt der Europäischen Union steht noch aus.

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