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Bundestagswahl 2017

„Das EEG hat in seiner jetzigen Form in Zukunft keine Berechtigung mehr“

Interview: Jörg-Rainer Zimmermann, 15.09.17
… sagt Joachim Pfeiffer, der wirtschafts- und energiepolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Das ganze Gesetz sei „Planwirtschaft“.

neue energie: Die CDU hat ihr Wahlprogramm vorgelegt. Welches energiepolitische, respektive klimapolitische Ziel steht dabei im Zentrum?

Joachim Pfeiffer: Wir haben hinreichend viele Ziele, auch europäische, die müssen jetzt umgesetzt und international eingebunden werden. Dazu müssen die Instrumente geschärft und bereinigt werden. In Europa ist das wichtigste klima- und energiepolitische Instrument der Emissionshandel, der weiterhin auf europäischer Ebene ausgebaut werden muss. Aber eben nicht mit nationalen Alleingängen.

ne: Gut, aber der Emissionshandel ist ja bislang gescheitert. Wie wollen sie dieses Instrument konkret zum Erfolg führen?

Pfeiffer: Was ist daran gescheitert? Der Emissionshandel funktioniert doch.

ne: Aus Sicht vieler Experten ist das eher nicht der Fall. Er hat keine hinreichende Steuerungswirkung entfaltet.

Pfeiffer: Da bin ich anderer Meinung. Der Emissionshandel funktioniert in dem Sinne, dass mit ihm das Ziel der CO2-Minderung erreicht wird, zu günstigeren Preisen als zuvor gemeinhin angenommen. Der Pfad, der in Europa für die Sektoren gilt, die dem Emissionshandel unterliegen, wird erreicht. Jetzt ist die Frage, wie der Handel weiter ausgestaltet wird. Warum manche Technologieorientierung nicht funktioniert hat, warum Kohle immer noch vor Gas im Markt ist, hängt ja vor allem damit zusammen, dass wir nationale Instrumente haben, die den europäischen Emissionshandel zum Teil konterkarieren. Deshalb benötigen wir weniger nationale Instrumente. Eine nationale CO2-Steuer oder ein Mindestpreis wären daher der völlig falsche Weg.

ne: International renommierte Experten erklären, dass der CO2-Preis erst ab 30 Euro Klimaschutz möglich macht. Und Deutschland verfehlt ja bekanntlich seine Ziele. Sogar Angela Merkel hat erklärt, es seien dazu erhebliche Anstrengungen nötig. Was wird die CDU demnach jetzt aktiv unternehmen?

Pfeiffer: Wie gesagt, wir haben europäische und internationale Ziele, die man im Fokus haben muss. Auf nationaler Ebene können wir positives Vorbild sein, damit andere bereit sind, unsere Lösungen zu übernehmen. Da sind wir aber an einem kritischen Punkt angekommen. Wir konnten zwar den Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigen. Bei den Kosten hat es dagegen nicht gerade vorbildlich funktioniert, das gelingt uns erst jetzt langsam. Aber die nationale Zielerreichung ist nicht das letztlich Entscheidende.

ne: In den vergangenen vier Jahren hat sich die CDU meist eher gegen Klimaschutz-Instrumente gestellt. Beispiele sind die Klimaabgabe für Kohlekraftwerke, das Gebäudeeffizienzgesetz und die Begrenzung des Erneuerbaren-Zubaus. Woran liegt das?

Pfeiffer: Die Auffassung teile ich ganz und gar nicht. Es geht national darum, die Effizienzpotenziale zu heben. Da ist mit dem Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz und auch mit innovativen Ausschreibungsmodellen der richtige Weg beschritten worden. Diesen Weg gilt es weiter zu gehen, auch im europäischen Kontext. Wir haben zudem extrem hohe Ziele beim Ausbau der erneuerbaren Energien, die sogar übererfüllt wurden. Aber wir haben es versäumt, den Ausbau der Erzeugung mit dem Netzausbau, mit Speichern und Flexibilitätspotenzialen zu synchronisieren. Erste Ansätze gibt es jetzt mit den Ausschreibungen, das ist ein großer Erfolg und wurde von der Union immer vorangetrieben. Die Umstellung auf Ausschreibungen hätte schon vor zehn Jahren erfolgen müssen. Sie müssen jetzt Wirksamkeit entfalten hinsichtlich der Mengen, die zugebaut werden sollen, und hinsichtlich der Kostensenkungen. Außerdem ist wichtig, zukünftig von Ausschreibungen in einzelnen Sektoren wegzukommen. Deshalb gibt es jetzt die gemeinsamen Ausschreibungen für Solar und Wind. Das muss aber noch weiterentwickelt werden. Ausschreibungen dürfen sich nicht auf einzelne Energieträger beschränken, sondern müssen in der Perspektive umfassend und technologieübergreifend stattfinden. Sie müssen neben den erneuerbaren Energien zum Beispiel auch Flexibilitätsoptionen, Speicher und Netze mit einbeziehen. Außerdem muss dies grenzüberschreitend erfolgen. Erste zarte Pflänzchen einer grenzüberschreitenden Ausschreibung wie in Dänemark gilt es zu europäischen Lösungen weiterzuentwickeln. Ziel bleibt es, den europäischen Binnenmarkt zu vollenden.

ne: Wie geschlossen steht die Union eigentlich zum Klimaschutz? Wir haben ja gerade erlebt, dass der Berliner Kreis der CDU ein klimaskeptisches Papier veröffentlicht hat.

Pfeiffer: Die CDU ist eine Volkspartei. Da gibt es natürlich viele Strömungen. Zum Berliner Kreis kann ich nicht viel sagen, da gab es Papiere aus Untergruppen, die jetzt hochgespielt werden. Für die Union ist klar, dass die Globalisierung multilaterale Lösungen braucht. Das gilt beim Freihandel ebenso wie beim Klimaschutz. Die Union bekennt sich klar zum Pariser Abkommen. Dessen Umsetzung gilt es aber europäisch anzugehen und nationale Alleingänge zu vermeiden.

ne: Wie würden Sie die Ergebnisse der ersten Ausschreibung von Wind an Land bewerten?

Pfeiffer: Auch da zeigt sich, dass sich eine Kostendegression einstellt, wie wir das wollten. Aber wie gesagt, wir müssen hin zu technologieoffenen Ausschreibungen.

ne: Viele Akteure haben festgestellt, dass man mit den Onshore-Ausschreibungen in ihrer derzeitigen Form das Ausbauziel von 2800 Megawatt im Jahr künftig durchaus verfehlen dürfte …

Pfeiffer: Das sehe ich nicht. Bislang sind wir weit über das Ziel hinausgeschossen, insofern wäre es auch nicht schlimm, wenn in den Folgejahren etwas weniger Zubau stattfindet. In jedem Fall sind aber die Zuschläge erteilt. Nun muss man sehen, ob sie realisiert werden. Und alle wollten, dass Bürgerenergieprojekte eine Chance bekommen, das ist jetzt eingetreten. Insofern gilt es, nun erst einmal die weitere Entwicklung zu beobachten.

ne: Experten meinen, dass das Ziel, Akteursvielfalt zu gewährleisten, nicht erreicht wurde ...

Pfeiffer: Warum? Wir hatten doch sehr viele Gebote. Insofern ist diese Kritik für mich nicht nachvollziehbar.

ne: Die Bundesnetzagentur hat die Ergebnisse analysiert, und würde wohl nicht von Vielfalt bei der Verteilung von Gesellschaften oder Regionen sprechen …

Pfeiffer: Wir sind noch in einer Testphase. Sollte sich herausstellen, dass es an einigen Stellen noch nicht richtig funktioniert, müssen wir gegebenenfalls nachsteuern.

ne: Würden Sie sagen, der Ausbaudeckel für Windenergie ist eher ein Instrument der staatlichen Steuerung oder des freien Markts?

Pfeiffer: Das ganze EEG ist Planwirtschaft. Solange wir nicht sämtliche Instrumente in den Markt überführen, kann man nicht von Marktwirtschaft sprechen.

ne: Wird das EEG formal dem Namen nach und inhaltlich unter der CDU abgeschafft?

Pfeiffer: Das EEG ist kein Selbstzweck. In seiner jetzigen Form hat es in Zukunft keine Berechtigung mehr. Es ist Planwirtschaft hoch zehn und innovationshemmend.

ne: Ist dann auch mit dem Einspeisevorrang Schluss?

Pfeiffer: Wenn wir den ausufernden Instrumentenkasten bereinigen und die Instrumente marktwirtschaftlich weiterentwickeln, dann hat natürlich auch der Einspeisevorrang seine Berechtigung verloren, er wird schlicht überflüssig.

ne: Sie werfen den Erneuerbaren auch vor, „Subventionsabzocker“ zu sein …

Pfeiffer: Tatsache ist, dass sich bis heute allein der Ausgabenrucksack also die Bruttosubventionierung aus dem EEG auf 520 Milliarden Euro summiert. Davon sind bisher lediglich rund 150 Milliarden Euro durch die Stromkunden bezahlt; rund 370 Milliarden Euro sind noch offen. Hinzu kommt der durch das EEG verursachte Netzausbau, Redispatch, Einspeisemanagement und so weiter und so weiter. Die von Peter Altmaier einst genannten Gesamtkosten von einer Billion Euro sind daher nach wie vor sehr realistisch und stellen damit die größte Subventionierung in der Geschichte der Bundesrepublik dar.

ne: Würden Sie dafür eintreten, dass die Subventionen für die konventionellen Energien gestrichen werden?

Pfeiffer: Selbstverständlich! Mal abgesehen davon, dass Kernenergie und Kohle in 50 Jahren nicht so viele Subventionen bekommen haben, wie die Erneuerbaren in 15 Jahren.

ne: Wenn man die volkswirtschaftliche Belastung durch Umwelt- und Gesundheitsschäden einrechnet, stimmt das mit Sicherheit nicht …

Pfeiffer: Dem widerspreche ich entschieden.

Eine ausführliche Fassung des Interviews ist in der August-Ausgabe von neue energie erschienen.

 

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