R obert Habeck hat sich Unterstützung auf die Bühne geholt für einen heiklen Neu- anfang. Eingerahmt vom Klimaökonom Ottmar Edenhofer und dem Vorstandschef des Zement- konzerns Heidelberg Materials, Dominik von Achten, präsentierte der deutsche Wirtschafts- und Klimaminister Ende Februar seine Pläne für eine „Carbon-Management-Strategie“. Dabei geht es um das Einfangen von CO2, das statt in die Atmosphäre zu gelangen in Produkten verar- beitet oder im Boden endgelagert wird. Die gängigen englischen Kürzel dafür sind CCU (Carbon Capture and Utilization) und CCS (Carbon Capture and Storage, siehe Seite 27). In Deutschland gibt es vor allem gegen CCS große Vorbehalte, nach massivem Widerstand in der Bevölkerung lag es politisch jahrelang auf Eis. International entwickelt das Thema aber eine zu- nehmende Wucht, wenige Wochen vor Habeck stellte schon die EU-Kommission erste Überle- gungen zum künftigen Einsatz vor (neue energie 03/2024). Hierzulande ist es bislang verboten, eingefangenes CO2 über Pipelines zu transpor- tieren und im Untergrund zu verpressen. Beides soll sich nun ändern, den Vorschlag für eine ent- sprechende Gesetzesänderung hat Habeck mit- geliefert. Er wisse, so der Minister, „dass das ein schwie- riges Gesetz ist“. Aus seiner Sicht hätten sich aber zwei Dinge geändert. Erstens sei die Tech- nik jetzt „reif und sicher“, Norwegen beispiels- weise nutzt sie bereits. Und zweitens werde die Zeit beim Klimaschutz knapp: „Wir laufen auf eine Überschreitung der 1,5 Grad zu. Das heißt, wir sind nicht mehr in einer Luxus- oder Kom- fortzone, wo wir irgendwie abwarten können, sondern wir müssen das nutzen, was wir haben, und dazu gehört aus meiner Sicht CCS.“ Zahlreiche Prognosen, unter anderem des Weltklimarats, gehen davon aus, dass die inter- nationalen Klimaziele ohne ein gewisses Maß an CO2-Entnahme nicht zu erreichen sind. Dazu gehören auch sogenannte negative Emissionen: Das Treibhausgas soll aus der Atmosphäre zu- rückgeholt werden, um das voraussichtliche Zu- viel an Emissionen, auf das die Welt zusteuert, später ein Stück weit zu kompensieren. Auch dazu gibt es aus dem Wirtschaftsministerium Vorschläge, die allerdings mit den entsprechen- den Technologien gemein haben, dass sie deut- lich weniger ausgereift sind als beim direkten Ab- greifen von CO2 in der Produktion. Bisher tra- gen sie nur kleinste Mengen bei, sind aufwendig und sehr teuer (siehe Seite 37). Widerspruch vorprogammiert Zusätzlich geht es bei dem ganzen Unterfangen um die Frage, ob bestimmte Branchen in einem klimaneutralen Deutschland eine Zukunft ha- ben. Denn für manche Industrieprozesse wie die Zementherstellung gibt es bislang kein Konzept, wie sie komplett ohne CO2-Emissionen funktio- nieren können (siehe Seite 41). Klimaforscher Edenhofer und Unternehmensboss von Achten waren sich bei der Präsentation jedenfalls einig: Es handle sich bei den vorgestellten Eckpunkten – die fertige Strategie muss noch folgen – um ei- nen „Meilenstein“. Die Papiere seien „geeint zwischen den Koali- tionspartnern“, versicherte Habeck, einer schnel- len Ressortabstimmung und daraufhin Gesetzes- änderung im Bundestag stehe eigentlich nichts entgegen. Dort kündigt sich allerdings durch- aus Widerstand in den Regierungsfraktionen an. Hauptanlass ist die Entscheidung, zur neuen CO2-Infrastruktur neben Fabriken auch fossile Gaskraftwerke zuzulassen. Die sollen eigentlich mit der Zeit von Erdgas auf Wasserstoff umstei- gen, könnten nun aber alternativ ihre Emissio- nen einfangen und abtransportieren – begründet mit dem Schlagwort „Technologieoffenheit“, das die FDP gerne bemüht. Von der klima- und energiepolitischen Spre- cherin der SPD-Fraktion, Nina Scheer, gab es dazu umgehend Widerspruch. (...) Dies ist eine gekürzte Version des Artikels - den ausführlichen Text finden Sie in der Ausgabe 04/2024 von neue energie. o t o h P - k c o t S y m a l A / o t l A o t o h P : o t o F WISSEN _Titel Analyse neue energie 04/2024 25